2024-06-04T08:56:08.599Z

Allgemeines

Tino Semmer knipst

Die Leidenschaft zum Beruf machen – Wer wünscht sich das nicht? Tino Semmer ist genau das bereits zum zweiten Mal gelungen. Der 34-jährige Offensivspieler widmet sich nach der Karriere als Fußballer nun seiner zweiten Passion.

Wie überall, ist auch das Leben von Tino Semmer aktuell etwas entschleunigt. Die Corona-Krise macht natürlich auch vor ihm und seiner Familie, mit der er in Wernigerode lebt, nicht halt. Eben wegen der Liebe verschlug es den Angreifer, der unter anderem für Sachsen Leipzig, Rot-Weiß Erfurt, Hansa Rostock und den Chemnitzer FC auf Torejagd ging, überhaupt in die Stadt im Harz, die gut 35.000 Seelen ihre Heimat nennen. „Meine Frau ist Lehrerin in Wernigerode und es hat zu dieser Zeit sehr gut mit Wacker Nordhausen gepasst“, erinnert sich der sympathische Wahl-Harzer.

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Und in der Stadt, die zur Heimat wurde für Tino Semmer und seine Familie, bindet er nun auch die Fußballschuhe. Mit dem FC Einheit Wernigerode gelang im Sommer 2019 der Aufstieg in die Verbandsliga. „Ein paar Leute aus dem Harz haben mitbekommen, dass ich hier bin und auch eigentlich noch gar nicht so alt bin“, sagt Semmer schelmisch. Zwei Trainingseinheiten später war er Spieler beim FC Einheit. Und der Spaß, der ist auch zurück, sagt der Vater eines Sohnes: „Ich bin in der Zwischenzeit Vater geworden, mein Sohn kommt mit auf den Fußballplatz“, berichtet er stolz. Aber das eben jener Spaß zurückkommen würde, stand in den Sternen.

Das Ende als Spieler in Nordhausen brachte den sonst so aufgeschlossenen und energiegeladenen Mann spürbar ins Grübeln. „Eigentlich hatte ich mit Fußball abgeschlossen. Ich wurde aus dem nichts rasiert“, sagt Semmer, der zum ersten Mal in seiner Laufbahn die unangenehme Seite des Geschäftes zu spüren bekam. Coach Volcan Uluc setzte nicht mehr auf ihn. Wie ihm erging es auch anderen erfahrenen Spielern wie Nils Pfingsten-Reddig und Marco Sailer, die unter dem Trainer ebenfalls einen schweren Stand hatten. „Am Ende hat man aber gemerkt, wie ekelhaft und dreckig dieses Geschäft ist. Das hat schon weh getan“, so Semmer, der aber deutlich betont, dass er auch schöne Zeiten in Nordhausen erlebte.

In Nordhausen lernte Tino Semmer die unschöne Seite des Geschäfts kennen. Trainer Uluc setzte nicht mehr auf ihn. Im letzten Jahr in Nordhausen kickte Semmer mehrfach bei der Reserve.
In Nordhausen lernte Tino Semmer die unschöne Seite des Geschäfts kennen. Trainer Uluc setzte nicht mehr auf ihn. Im letzten Jahr in Nordhausen kickte Semmer mehrfach bei der Reserve. – Foto: Sportfotos Nordhausen

So bitter das Ende bei Wacker für Semmer war – für ihn war es die Gelegenheit, um sich seiner zweiten Leidenschaft zu widmen. „Da war für mich klar, dass ich mich auf das Fotografieren konzentrieren konnte. Durch die Fotografie hatte ich gleich etwas zu tun.“ Und genau das tat er – erneut gelang es dem gebürtigen Sachsen seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. „Ich habe schon immer fotografiert“, sagt Semmer, für den es bis zu diesem Zeitpunkt schwierig war, geplante Termine als Fotograf einzutakten – Klar, an den Wochenenden wurde gekickt und vor allem wird an Wochenenden geheiratet. Da hat er sich nämlich drauf spezialisiert. Diesen besonderen Tag für Menschen festhalten, in Fotos und bewegten Bildern. Es sollen echte Bilder sein, nichts Gestelltes, die Menschen sollen sich nicht so fühlen, als würden sie fotografiert. Genau diese Momente möchte er einfangen. „Ich will das einfach ein bisschen locker halten“, erklärt er seine Herangehensweise. Eben authentisch – ein Anspruch, der bei allem wie ein roter Faden mitschwingt. Die Arbeit als Fotograf und Videograf bei Hochzeiten führte Semmer bis ins Schottische Edinburgh, wo er ein deutsches Paar begleitete.

Fußballerisch war Semmer nicht auf der Insel unterwegs. Am höchsten ging es hinaus in der Saison bei Hansa Rostock, als er sich 22 Spiele (2 Tore) in der zweiten Bundesliga dick in die Vita hämmern konnte. Es war ein kurzes Intermezzo. Nach nur einer Spielzeit verabschiedete er sich von den Hansestädtern. Die Mannschaft stieg ab und sein Vertrag galt nicht für die dritte Liga. „Den Wechsel nach Rostock habe ich keine Sekunde bereut. Mal in der zweiten Liga zu spielen war schon immer mein Ziel. Ich wusste auch, dass das machbar ist“, so Semmer. Empfohlen hatte er sich seiner Zeit beim FC Rot-Weiß Erfurt. „Gerade in Erfurt hatte ich eine unfassbar geile Zeit und krasse Spiele. Jens Möckel und Fabian Stenzel sind bis heute meine besten Freunde.“ Umso trauriger macht den Stürmer die derzeitige Situation bei den beiden Thüringer Vereinen für die er spielte, die mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen haben.

Semmer in Himmelblau. Von 2012 bis 2014 trug der Sachse das Trikot des Chemnitzer FC.
Semmer in Himmelblau. Von 2012 bis 2014 trug der Sachse das Trikot des Chemnitzer FC.

Semmer selbst scheint mit seiner Fußballerlaufbahn absolut im Reinen, will ein weiteres Jahr für Wernigerode kicken, ist Inhaber der B-Lizenz. Warum nicht auch mal als Trainer aktiv sein? Und wenn der Ball hoffentlich bald wieder rollen kann, ist er dann auch wieder fit. Aktuell ist nämlich Reha angesagt. „Beim letzten Spiel vor Corona hat es mir voll den Ellenbogen zerschossen“, so die schmerzhafte Beschreibung Semmers, der sich nach einem Zweikampf den Ellenbogen brach. Langweilig wird es aber ohnehin nicht werden, denn er hat bereits das nächste berufliche Projekt im Köcher. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja da noch die ein oder andere Leidenschaft, die man zum Beruf machen kann...


Aufrufe: 021.4.2020, 19:27 Uhr
FuPaAutor