2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
Der Saisonstart war zufriedenstellend: Tim Wehmeyer und Jens Thiesing (rechts).
Der Saisonstart war zufriedenstellend: Tim Wehmeyer und Jens Thiesing (rechts). – Foto: Michael Meier

Tim Wehmeyer: Der »Kimmich« der Lübbecker Kreisliga A

Der Stemweder Co-Kapitän und Arminia-Fan über die aktuelle Saison, seiner Aufgabe im Orga-Team des Pfingstturniers und Träumen der Nordkreisler

Er ist ein Mann klarer Worte. Trotz seiner erst 22 Jahre ist Tim Wehmeyer jemand, der auf und abseits des Platzes den Ton angibt. Das wurde auch mir schnell klar. Bereits in seinem ersten Seniorenjahr hinterließ der Mittelfeldspieler des TuS Stemwede bei mir einen bleibenden Eindruck. Im August 2017 war ich zu Gast beim ersten Saisonspiel der Stemweder gegen den HSC Alswede und dachte mir, wer ist der Spieler auf dem Feld, der die ganze Zeit permanent am Reden ist und Kommandos gibt. Nach einiger Zeit wurde mir klar, dass es der jüngste Akteur auf dem grünen Rasen war, eben Tim Wehmeyer. Würde man einen Vergleich mit einem Bundesligaspieler wählen, würde die Wahl wohl auf Joshua Kimmich fallen. Körperlich ähnlich wie der Nationalspieler des FC Bayern München nicht der Größte, aber von der Körpersprache der Taktgeber und Antreiber. Auch wenn sich Tim Wehmeyer selbst, vermutlich lieber einen Vergleich mit einem Kicker von Arminia Bielefeld gewünscht hätte. Seit rund sieben Jahren besitzt der Wehdemer eine Dauerkarte beim zurückgekehrten Erstligisten und auch auswärts war Wehmeyer vor Corona-Zeiten oft dabei, wenn es die Zeit zuließ.

Allerdings ist Tim Wehmeyer nicht nur auf dem Platz jemand, der vorweg marschiert. Auch in der Vereinsarbeit engagiert sich der 22jährige. So gehört er seit zwei Jahren zum Orga-Team des bekannten A-Jugend-Pfingstturniers des TuS Stemwede und hier jetzt zuständig für die Kontaktpflege mit den ausländischen Teams. Schnell wurde klar, dass der Weg von Tim in der Familie Wehmeyer zum Fußball führen würde. Trotz großer Konkurrenz vom Volleyball. „Mein Vater spielte in der ersten Mannschaft des TuS und meine Mutter war im Volleyball aktiv. Ich war aber immer lieber an der frischen Luft und so hat man bereits in jungen Jahren den Ball auf dem Sportplatz gegen die Wand oder den Zaun gebolzt. Am Ende wurde es gerecht geteilt. Ich ging mit Papa zum Fußball, meine Schwester mit der Mama zum Volleyball“, lacht Tim Wehmeyer. Von den Mini-Kickern bis zur C-Jugend kickte Tim beim TuS Stemwede. Und schon damals blieb sein Talent nicht unerkannt. Der FC Preußen Espelkamp wurde auf den Stemweder aufmerksam und so wechselte Wehmeyer anschließend zu den „Adlerträgern“. Den Rest der Juniorenzeit brachte Tim Wehmeyer bei den Preußen. Danach ging es für den Sportmanagement-Studenten mit Schwerpunkt Controlling aber zurück zum Heimatverein.

Zum Zuschauen verurteilt: Tim Wehmeyer fehlte in der letzten Saison verletzungsbedingt.
Zum Zuschauen verurteilt: Tim Wehmeyer fehlte in der letzten Saison verletzungsbedingt. – Foto: Michael Meier


Tim, was waren damals die Gründe, warum Du nicht in Espelkamp geblieben bist oder zu einem anderen höherklassigen Verein gewechselt bist, sondern sportlich eher einen Schritt zurück zum TuS Stemwede in die Kreisliga A?

Tim Wehmeyer: „Der Hauptgrund war eigentlich das Studium. Es ging nach Hamburg und so konnte ich unter der Woche nicht trainieren. Und ich habe schon den Anspruch an mich selbst, wenn ich höherklassig spiele, nicht leistungsmäßig abzufallen. Das war aber nicht gegeben. Nur mit etwas Laufen gehen hält man sich halt fit, aber die fußballerischen Dinge gehen verloren. So macht es in der Landes- oder Bezirksliga keinen Sinn. Deswegen war schnell klar, dass ich zum TuS zurückkehre. Und diesen Schritt habe ich auch nie bereut. Ich spiele mit Jungs, die ich seit Ewigkeiten kenne und mit denen es einfach Spaß macht, am Sonntag auf dem Platz zu stehen. Ein perfektes Umfeld rund um den Fußball war mir schon immer wichtiger als die Spielklasse“.


Du hattest aber bestimmt Anfragen von Vereinen, die höherklassig spielen? Wohl auch beim TuS Stemwede würde jeder verstehen, wenn Du noch einmal den Schritt wagen würdest.

„Die Anfragen hat es natürlich gegeben. Sportlich würde es mich natürlich reizen. Aber zu Studienzeiten war es einfach nicht möglich. Der Anspruch ist schon vorhanden, auf höherem Niveau zu spielen. Aber wie schon gesagt, muss auch das Umfeld passen. Und das ist aktuell beim TuS perfekt. Wir haben eine unfassbar junge Truppe, mit der noch einiges möglich ist. Im Endeffekt ist es mein Hobby und da ist auch der Spaßfaktor ein enorm wichtiger Bestandteil. Ausschließen würde ich einen Wechsel dennoch nicht, aber derzeit ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass ich in Stemwede bleiben werde, da das Umfeld einfach perfekt ist“.


Vor der Saison hat es bei Euch einen Trainerwechsel gegeben. Wie läuft es mit dem neuen Trainer Toni Trucco?

„Wie viele Vereine, hatte auch der TuS Stemwede im Winter diese Aufgabe zu lösen. Wir hatten unter Sven Kassen eine überragende Zeit. Aber es gab auch viele Spieler, die im Seniorenbereich keinen anderen Trainer kennengelernt haben als Sven. Da gibt es natürlich von beiden Seiten Abnutzungserscheinungen. Gerade die letzte Saison war sehr schwierig. Viele Spieler, auch Leistungsträger, waren lange verletzt. Dadurch lief es nicht optimal. Wichtig war, dass der neue Trainer auch menschlich in unser Umfeld passt. Und mit Toni haben wir eine sehr gute Lösung gefunden. Von Beginn an war wieder mehr Zug im Training. Auch weil sich alle Spieler wieder neu beweisen mussten.“


Trotz Deiner erst 22 Jahre hast Du die Mannschaft in dieser Saison schon einige Male als Kapitän aufs Feld geführt.

„Unser eigentlicher Kapitän ist aber Joel Rybak. Da Joel aber zu Saisonbeginn verletzt war, habe ich das übernommen. Aber ich brauche die Binde nicht, um auf dem Platz etwas zu sagen. Das mache ich auch so (lacht)“.

Immer nach vorne: Tim Wehmeyer ist einer der Führungsspieler beim TuS Stemwede.
Immer nach vorne: Tim Wehmeyer ist einer der Führungsspieler beim TuS Stemwede. – Foto: Michael Meier



Aktuell belegt der TuS Stemwede den fünften Tabellenplatz in der Kreisliga A. Wie lautet Dein Fazit des ersten Saisondrittels?

„Zumindest der Tabellenplatz ist absolut in Ordnung, auch wenn der Start nicht optimal war. Gleich zu Beginn gab es zwei Niederlagen. Aber gegen Fabbenstedt und Gehlenbeck kann man verlieren. Diese Erfahrung haben ja auch andere Teams in der Liga gemacht (lacht). Aber auch durch die höhere Trainingsintensität sieht man klare spielerische Fortschritte bei uns. Und das ist fast noch wichtiger als der eigentliche Tabellenplatz. Hier sind wir auf einem guten Weg. Ärgerlich waren aber die Niederlagen gegen Varl und Frotheim. Da hat man gesehen, dass wir noch eine sehr junge Mannschaft sind und wir noch einiges lernen können“.


Dein Vater Ingo hat mit dem TuS Stemwede in der Bezirksliga gespielt. Wann spielst Du mit dem TuS in der Bezirksliga?

Hoffentlich bald (lacht). Nein, aber im Ernst, die Mannschaft ist jung und viel Qualität und Potenzial. Aber um einen Aufstieg zu erreichen, müssen alle Faktoren passen. Aktuell sind wir sicherlich noch nicht so weit. Aber unser und mein Ziel ist es schon, den nächsten Schritt zu gehen. Generell gehe ich in jedes Spiel, um das Maximum, sprich die drei Punkte, zu holen. Wenn ich diesen Anspruch nicht hätte, könnte ich auch am Sonntag auf dem Sofa bleiben und mir Wiesbaden gegen Karlsruhe anschauen. Ich setze mir immer hohe Ziele. Nach unten korrigieren kann man immer noch. Natürlich wäre es schön, wenn wir mit dem TuS Stemwede irgendwann wieder den Sprung in die Bezirksliga schaffen, aber es wäre für den Verein auch kein Beinbruch, wenn uns das nicht gelingt“.


Für einen Kumpel aus alten Espelkamper Jugendzeiten läuft es ja aktuell wie am Schnürchen. Die Rede ist vom Gehlenbecker Simon Keiser.

„Die Gehlenbecker spielen in den letzten Spielzeiten immer eine gute Rolle. Deswegen kommt das Ganze nicht überraschend. Und zu Simon, ja, dass hätte ich ihm so nicht zugetraut. Vor allem nicht diese Rolle. In der Jugend hat er im Mittelfeld eher im Özil-Style agiert. Torjägerqualitäten habe ich da eher nicht erkannt (lacht). Aber 15 Tore sind zweifelsohne Argumente, die überzeugen. Im Spiel gegen uns, wo er aus unserer Sicht leider auch getroffen hat, habe ich ihn gefragt, was er da eigentlich macht. Aber natürlich freut es mich, dass er in seiner neuen Rolle im Angriff, so auftrumpft.




Kommen wir zum Stemweder Pfingstturnier. Für Dich sicherlich ein ganz besonderes Turnier. Du bist jetzt im Orga-Team und hast als Spieler auch schon für die Mühlenkreisauswahl dort gespielt.

„Das war natürlich mein sportliches Highlight. Von klein an bist du dabei gewesen, hast mitgeholfen und den Großen zugeschaut. Dann selbst einmal dort auf dem Platz zu stehen, war immer ein Traum. Diese Erfahrung werde ich nie vergessen. Es war nach der Zeit in Espelkamp ja auch ein Nachhausekommen. Auch sportlich lief es super. Wir haben Tottenham geschlagen und sind am Ende Achter geworden. Leider hat unser Turnier zwei Mal nicht stattgefunden. Vor einem Jahr gewollt, dieses Jahr hat Corona unser Comeback verhindert“.


Welche Aufgaben übernimmst Du im Orga-Team?

„In erster Linie kümmere ich mich um die ausländischen Teams. Gerade weil das Turnier jetzt zwei Mal nicht stattgefunden hat, ist es wichtig, den Kontakt zu den Vereinen zu halten. Aber durch das Corona-Virus ist vieles bis alles fraglich. Auch die Austragung in 2021. Dürften ausländische Mannschaften überhaupt kommen? Bleiben die Sponsoren an Bord, die aktuell mit vielen Problemen durch Corona zu kämpfen haben? Was machen die deutschen Nachwuchsmannschaften? Es ist momentan alles ein Planen im Konjunktiv. Wie im normalen Leben gibt es viele Fragezeichen und kaum Ausrufezeichen“.


Den aktuellen Spieler Tim Wehmeyer wird es doch bestimmt später auch als Trainer zu sehen geben? Erfahrungen hast Du ja bereits gesammelt.

„In der Zeit bei Preußen Espelkamp habe ich als A-Jugendlicher die C-Jugend trainiert. Besonders meine Mutter hat damals geklatscht, aber keinen Applaus (lacht). Da es genau in der Abi-Zeit war. Schule, Trainer einer Jugendmannschaft und selbst noch spielen. Da war der Zeitaufwand schon enorm. Zum Glück hat alles funktioniert, sonst hätte ich wohl zu Hause Probleme bekommen“. Insgesamt kann ich es mir gut vorstellen, später auch einmal an der Seitenlinie tätig zu sein. Vermutlich hätte ich auch schon wieder eine Jugendmannschaft übernommen, aber das ließ das Studium nicht zu. Wenn man eine solche Verantwortung übernimmt, muss man sie auch komplett ausfüllen. Da bringt es nichts, sich nur am Samstag dort hinzustellen und den Kids etwas zu sagen“.


Kommen wir abschließend zu Arminia Bielefeld. Du bist ein großer Fan der Arminia und Dauerkarteninhaber. Wie bitter war es, bei der Rückkehr in die Bundesliga jetzt z. B. gegen Bayern München nicht im Stadion gewesen zu sein?

„Ich bin über meinen Opa zur Arminia gekommen. Seit sieben Jahren habe ich jetzt eine Dauerkarte und versuche auch auswärts, so oft wie möglich dabei zu sein. Natürlich hätte ich gerne das Spiel gegen die Bayern im Stadion gesehen, zumal mein erstes Spiel auf der Alm als Kind ein Sieg gegen Bayern war (lacht). Aber mit den Einschränkungen müssen wir jetzt leben. Ich war gegen Köln noch im Stadion. Es war ein völlig anderes Spiel. Ohne große Emotionen der Fanlager. Man hat es eher spielorientiert wahrgenommen. Momentan braucht man sich aber keine Gedanken machen, wann es wieder Bundesligaspiele in vollen Stadien zu sehen gibt. Da gibt es wichtigere Dinge als Fußball“.
Aufrufe: 025.10.2020, 12:00 Uhr
Michael MeierAutor