2024-04-30T13:48:59.170Z

FuPa Portrait
Ein Mann, ein Verein: Malte Grabenkamp ist seit seinem fünften Lebensjahr "Auestädter" und hat den Verein nie gewechselt.
Ein Mann, ein Verein: Malte Grabenkamp ist seit seinem fünften Lebensjahr "Auestädter" und hat den Verein nie gewechselt. – Foto: Jan-Philipp Kaul

Malte Grabenkamp: 24/7 und zu 100% VfB Fabbenstedt!

B-Jugend-Trainer, Jugendobmann, "Mädchen für alles". Der 32-jährige Gestringer ist Ehrenamtler aus purer Überzeugung und hat die VfB-Gene schon früh mitgegeben bekommen.

In Erinnerung schwelgend sitzt er im hölzernen Vereinsheim, die teilweise staubigen Pokale und Bilder der letzten erfolgreichen 100 Jahre im Hintergrund. Er schaut nach draußen, immer mit einem kritischen Blick auf den grünen Rasen, ob er denn auch akkurat gemäht ist. Als er mich sieht, springt er auf, begrüßt mich hygienekonform per "Fist-Bump" und stellt gut gelaunt mit einem Lachen direkt zwei VfB-Kaffeetassen auf den Tisch. "Hier, damit ihr in der Redaktion auch mal vernünftige Tassen habt." Merchandise können die Fabbenstedter, das sieht man. Malte Grabenkamp - ausgestattet mit einer schwarzen "Auestädter-Cap" und einem grauen VfB-Pullover.

Man merkt sofort, gegenüber sitzt eine treue Vereinsseele. Direkt, ehrlich und dabei grundsympathisch. Ein Typ, mit dem man gerne am Tresen stundenlang quatschen könnte und bei der einen oder anderen Gerstenschorle versackt. Dass mir im Verlauf des Gesprächs mit einem sprudelnden Wasser und Abstand noch die Attribute "bescheiden" und "bodenständig" einfallen, ist kein Wunder.

Mit diesem ersten Eindruck von Grabenkamps besonderen Art bin ich nicht alleine. Auch seine Mannschaftskollegen schwärmen von ihm und seinem Engagement beim VfB Fabbenstedt. "Malte ist immer und zu jederzeit für einen da. Er ist für den ganzen Verein eine Bereicherung, gibt stets 110% für das Wohl des VfB und ist Ansprechpartner für Groß und Klein, Alt und Jung. Einfach ein mega Typ“, bestätigt VfB-Kapitän Felix Droste.

Der ehemalige Senioren-Fußballobmann Bernd Maschmann lobt Grabenkamp ebenfalls in den höchsten Tönen: "Der VfB ist seine zweite Familie. Selbst das Autokennzeichen hat 1920. Er trägt in der Öffentlichkeit dazu bei, dass der VfB auch wie eine Familie angesehen wird." Auch Grabenkamps enger Kumpel und Co-Trainer der ersten Mannschaft, Jakob Rolfs, ist froh, Malte im Verein zu haben: "Ich kenne niemanden, der so viel ehrenamtlich für einen Verein leistet wie Malte! Er lebt diesen Verein und ist für sein Engagement auch schon mehrfach vom Kreisvorstand ausgezeichnet worden."

Tatsächlich hat Grabenkamp letztes Jahr den "Ehrenpreis des Vorstandes" und 2018 den Ehrenamtspreis vom FLVW eingeheimst. Doch solche Preise interessieren den gebürtigen Gestringer herzlich wenig. "Bei der Preisverleihung des FLVW war ich leider nicht vor Ort, weil hier Sportfest war. Das ist ja wichtiger. Preise sind mir im Endeffekt egal, ich will nicht gelobt werden oder so. Mir ist es lieber, wenn man mit anpackt", so der 32-Jährige.

Auch Lobeshymnen von anderen Mannschaftskollegen lässt er ungern an sich ran. "Das freut mich natürlich und macht mich stolz, aber ich bin nicht der Einzige hier. Da gibt es so viele, die diesen Verein besonders machen. Diese Attribute könnte man auch über 20 bis 25 andere Menschen sagen", erzählt Grabenkamp in seiner genügsamen Art und Weise.

Der Sportpark am Heideweg: Legenden besagen, dass hier schon der ein oder andere feuchtfröhliche Kreisligasonntag verbracht wurde.
Der Sportpark am Heideweg: Legenden besagen, dass hier schon der ein oder andere feuchtfröhliche Kreisligasonntag verbracht wurde. – Foto: Jan-Philipp Kaul

"Auestädter": So werden die Jungs vom VfB Fabbenstedt genannt.
"Auestädter": So werden die Jungs vom VfB Fabbenstedt genannt. – Foto: Jan-Philipp Kaul

Aktuell wohnt er in Fistel, einen Katzensprung entfernt von seiner zweiten Heimat, dem Sportplatz der "Auestädter". Mit fünf Jahren kam er durch seinen Vater und Bruder Gerald das erste Mal zum Fußball. Seitdem ist die schwarz-weiße Liebe entfacht. Er hat bis heute nie den Verein gewechselt und denkt auch gar nicht dran. "Fabbenstedt ist der geilste Verein der Welt", fasst er knapp zusammen.

Wenn überhaupt gibt es für Grabenkamp eigentlich nur noch einen anderen Klub, für den sein Herz ebenfalls so hochschlägt wie für den VfB – und zwar den Rekordmeister aus München. Er liebt den FCB so sehr, dass er sogar einer der Mitbegründer des Fanclubs "OWL-Bazis" ist. „Wir organisieren eine Handvoll Auswärtsfahrten und einmal im Jahr packen wir 'nen Bus voll und fahren zum Heimspiel nach München. Da haben wir einfach 'ne schöne Zeit“, berichtet Grabenkamp.

Dass er mal für längere Zeit Keeper Nummer eins bei den „Auestädtern“ werden wird, war ihm damals in der Jugend noch nicht so bewusst. "Ich habe immer blöderweise gesagt, dass ich der geborene Zehner bin. Aber Keeper war schon die Position, die ich am besten konnte", sagt Grabenkamp mit einem Grinsen im Gesicht. Von Saison zu Saison, immer im Wechsel, war er einerseits auf dem Platz und andererseits zwischen den Pfosten zu finden.

Ab der B-Jugend hatte er dann durchgehend die Torwarthandschuhe an. Vier Jahre hielt er insgesamt den Kasten für die erste Mannschaft sauber. 2013 war Schluss - und der gebürtige Gestringer wechselte für fünf Jahre an die Seitenlinie als Co-Trainer der Ersten und ließ die aktive Fußballerkarriere hinter sich. Heute ist er Trainer der B-Jugend, seit 2016 VfB-Jugendobmann und „Mädchen für alles“.

"Malocher" mit vollstem Einsatz

Grabenkamp ist kein Typ, der sich gern in die erste Reihe drängelt. Er ist ein Malocher, der sich mit vollstem Einsatz und Spaß an der Sache um alles kümmert und immer am Start ist, wenn irgendwo Hilfe gebraucht wird. "Ich will einfach für andere da sein und anderen helfen. Mich ärgert es immer, wenn irgendwas liegen bleibt und es hätte besser laufen können. Das Problem ist nur, dass ich immer selber anpacke, anstatt mal zu warten.“

Wenn dann, wie beispielsweise im ersten Lockdown, sich nicht um den Platz gekümmert wird, kann Grabenkamp auch mal aus der Haut fahren, erledigt im Endeffekt aber wieder alles alleine mit zwei, drei weiteren Helfern. Solch ein Ärger ist bei ihm aber auch schnell wieder vergessen. "Wenn man als Jugendobmann aufm Samstag zum Platz kommt und man die strahlenden Kinder sieht, die einfach nur Fußball zocken wollen, oder du selber ein gutes Spiel hattest als Trainer, entschädigt das schon sehr stark“, erzählt er: "Im Verein ist es leider immer öfter so, dass manche denken, dass sie einfach Kunden sind, wie bei 'nem Fitnessstudio. Wobei das wirklich meckern auf hohem Niveau ist. Wir haben hier wirklich viele Helfer*innen beim VfB. Beim Sportfest sind 200 bis 250 Leute am Platz, die tätig sind. Man sagt das immer so platt, dass der Verein eine Familie ist - aber es ist wirklich so."

In guten wie in schlechten Zeiten

Dass eine Familie vor allem in schlechten Zeiten zusammenhält, hat Grabenkamp 2018 gemerkt, als sein Bruder Gerald mit 38 Jahren plötzlich gestorben ist. Auch bei solch einem herben Schicksalsschlag hat er Halt im Verein gefunden und seine Mannschaftskolleg*innen haben ihm neben seiner Familie und seinen Freunden am meisten geholfen, diese schwierige Zeit zu überstehen. Gerald war zudem immer ein Idol für ihn.

"Er war nicht nur mir ein Vorbild in Sachen Loyalität, Engagement und Einsatz für den Verein. Er hat mir von klein auf gezeigt, dass es eigentlich nur einen Verein gibt." Und auch wie Malte selber hatte er immer einen guten Spruch auf Lager. "Als ich in der B-Jugend mit Preußen Espelkamp zusammen saß und nach Hause kam und ihm davon erzählte, sagte er nur: 'Das Eis hätte ich dir auch bezahlen können, was sie dir ausgegeben haben'.“

Wenn neben den ganzen ehrenamtlichen Tätigkeiten doch noch Zeit bleibt, ist Grabenkamp selbstständig in der Verpackungsbranche tätig und vertreibt Alu- und Papierschalen. Gar nicht so einfach alles unter einen Hut zu kriegen, wenn man ungefähr 20 Stunden in der Woche schon für den eigenen Verein „arbeitet“. Die meiste Zeit verbringt er dabei mit der Ausübung des Trainer-Daseins. "Das Wochenende ist komplett voll mit Fußball. Trainingseinheiten sind unter der Woche und nebenbei läuft noch die Arbeit als Jugendobmann. Wobei man da noch viel mehr rausholen könnte, da fehlt aber auch irgendwann die Zeit - leider", erzählt er. Auch ein Malte Grabenkamp hat also nur 24 Stunden Zeit am Tag.

Der perfekte Sonntag

Derzeit drehen sich bekannterweise die Wochenenden nur um den Fußball, wenn in der Bundesliga der Ball rollt. Grabenkamp bringt es dennoch auf den Punkt, was alle Amateurfußballer*innen eigentlich gerade schmerzlichst vermissen. "Das schlimmste ist einfach, dass es den typischen Kreisligasonntag nicht gibt. Morgens erst die A-Jugend gucken, dann selber Zweite spielen und danach mit ein, zwei Apfelschorlen die Erste gucken. Man sieht 100 Leute an einem Tag, die man einfach jetzt nicht sieht“, berichtet er mit einem sehnenden Blick auf den Sportplatz am Heideweg.

Am 15. August soll die Saison 21/22 beginnen und damit auch hoffentlich Normalität beim VfB Fabbenstedt einkehren. Dabei würde es den 32-Jährigen freuen, wenn die erste Mannschaft vielleicht mal Bezirksligaluft schnuppern dürfte. „Wobei es auch kein Muss ist. Aber es wäre natürlich mal schön zu zeigen, dass es auch anders gehen kann als nur mit Kohle“, erzählt Grabenkamp und kann sich einen kleinen Nadelstich in Richtung Konkurrenz nicht verkneifen.

Auf persönlicher Ebene ist er sehr zufrieden und froh, dass er den Job als B-Jugend-Trainer ausüben kann. Dabei bringt er seinen Jungs nicht nur fußballerisch etwas bei, sondern vermittelt ihnen auch seine eigenen Werte wie Loyalität und Ehrgeiz. Wer Malte Grabenkamp kennt, weiß, dass er in Zukunft aber auch zu einer guten Vereinsfeier niemals Nein sagen würde. Deshalb ist ihm vor allem wichtig, dass die Feier zum 100-jährigen Vereinsbestehen aus dem Juni 2020 auf jeden Fall nachgeholt wird.

Rustikal mit Charme: Die Auswechselbänke mit Überdachung wurden alle in Eigenregie erbaut.
Rustikal mit Charme: Die Auswechselbänke mit Überdachung wurden alle in Eigenregie erbaut. – Foto: Jan-Philipp Kaul

Wie bei den Profis: Malte Grabenkamp und ein Teil der ersten Mannschaft haben die Heimkabine bundesligatauglich aufgehübscht.
Wie bei den Profis: Malte Grabenkamp und ein Teil der ersten Mannschaft haben die Heimkabine bundesligatauglich aufgehübscht. – Foto: Jan-Philipp Kaul

Beim anschließenden, obligatorischen Foto zeigt er mir draußen stolz die Sportanlage des VfB mit selbst gebauten Tribünen für die Fans, den Auswechselbänken aus Holz und die topausgestattete Umkleidekabine, die ebenfalls in Eigenregie errichtet wurde und Bundesliga-Flair versprüht. "Kerl, hätte ich gewusst, dass du hier Fotos machst, hätte ich den Rasen doch noch gemäht“, höre ich noch beim Verabschieden. Malte Grabenkamp - einfach 100% VfB Fabbenstedt. 24/7.

Aufrufe: 08.5.2021, 10:00 Uhr
Jan-Philipp Kaul / FuPaAutor