SV Grafenhausen behält in einer Hitzeschlacht die Nerven

2. Aufstiegsspiel zur Bezirksliga: FC Brigachtal – SV Grafenhausen 2:4 (1:1).

Es ist die Schlüsselszene dieses denkwürdigen Abends im idyllisch gelegenen Höhenstadion: Während die ganz in grün gewandeten Brigachtaler „Supporter“ und die Fans des SVG, dem „falschen“ Bier zum Trotz, bei Halbzeit gemeinsam an der Zapfstelle anstehen, hocken, kauern, liegen die Fußballer des SV Grafenhausen um kurz nach sieben bei 32 Grad jenseits der Eckfahne im Schatten einer mächtigen Buche. Ein, zwei Pullen Wasser sind, trotz Trinkpausen auf dem Platz, ruckzuck leer. Pro Mann. Vor den Schwitzenden und doch Hochkonzentrierten steht Nils Boll. „Wir müssen das jetzt konsequent zu Ende spielen“, fordert der Trainer, „Jungs, die Zeit spielt für uns“.

Hinein in zustimmendes Raunen steht einer auf, in dessen Schatten Boll, der angehende Bezirksliga-Aufstiegs-Möglichmacher, so groß wie ein Grundschüler wirkt: Andreas Stritt. „Wir fahren einen sauberen Konter, dann ist das Ding daheim“, fordert der Hüne, der seine Mitspieler um Haupteslänge überragt. Es ist keine Ansage, es ist ein Befehl. Die Ausführung folgt mit ein bisschen hitzebedingter Verzögerung: Michael Eichhorn, der im ersten Durchgang die 1:0-Führung (19.) der Brigachtaler durch Torjäger Florian Blust egalisiert hatte und die Hoffnungen der Bucher-Elf, die sich nur vier Minuten lang ihrer Führung erfreuen durfte, damit nachhaltig erschüttert hatte, avanciert in der 65. Minute zum Matchwinner: Glänzend freigespielt wuchtet der Stürmer den Ball vorbei an Brigachtals Schlussmann Marcel Thiele zum 2:1 ins Netz. Das Ding ist daheim. FCB-Trainer Werner Bucher kaut seine Unterlippe blau. Im Grafenhausener Fanblock kreist La Ola, Nils Boll ballt die Faust und grinst wie ein Lehrer, der lauter Einser-Schüler vor sich hat. Und dann singen die Fans: „Von der Wutach bis zum Schlüchtsee, immer wieder SVG.“

„Trainer Boll hat die Mission absolut erfüllt.“ (SVG-Vereinschef Daniel Stritt)

SVG-Vereinschef Daniel StrittGesang, der bei den Brigachtälern für Trotzreaktionen sorgt. Marc Albrecht zimmert den Ball an SVG-Schlussmann Philipp Johnston vorbei, der seinem Team zuvor mit etlichen Paraden den Rücken freigehalten hatte, zum 2:2 ins Netz (75.) und zwei Zeigerumdrehungen später kracht der Ball an die Torlatte des SVG-Gehäuses. Es ist das letzte Aufbäumen.

Denn jetzt spielt nur noch: Grafenhausen. Joshua Schmid, gerade erst eingewechselt, gelingt das 2:3, SVG-Torjäger Florian Haselbacher, der im ersten Durchgang zweimal Pech bei „Hundertprozentigen“ hatte, setzt in der 91. Minute mit dem Treffer zum 2:4-Endstand den Schlusspunkt einer denkwürdigen Partie. Der Rest ist: feiern. Beim SV Grafenhausen. Und trauern: Beim FC Brigachtal. Werner Bucher (68), der in seiner langen Trainerkarriere mit verschieden Klubs sechs Meistertitel feiern konnte, steht da wie ein geschlagener Feldherr. Er lobt seine Spieler, er dankt ihnen. Und er nimmt, zum Abschied, jeden einzelnen fest in den Arm. Trösten kann er seine Kicker nicht, Größe zeigt er dennoch. „Die Grafenhausener haben uns in zwei Spielen acht Dinger eingeschenkt, die sind ein verdienter Aufsteiger.“ Das sieht auch Grafenhausens Vereinschef Daniel Stritt so: „Was für ein tolles Ding, was für geile Fans.“ Nils Boll, der zum Saisonstart als neuer SVG-Trainer angetreten war, ein Team für die Zukunft zu formen, habe „die Mission absolut erfüllt“, so Stritt. Der Gelobte macht um sich selbst kein Aufhebens. „Ich bin einfach nur stolz auf diese Mannschaft“, sagt der Trainer und wird von einer bierseligen Fan-Spieler-Funktionärstraube verschluckt.

FC Brigachtal: Thiele – Isele, Bertsche, Weets, Payo (85. Hirt), Bausch, Albrecht, Blust, Kleiser, Weißmann (62. Stromberger), Bronner (71. Sohn). SV Grafenhausen: Johnston – Eichhorn (88. Hilpert), Sass, Tröndle (81. Schulz), Morath, Gatti (85. Blatter), Stritt, Haselbacher, Kech (82. Schmid), Rosa, Aselmann. Tore: 1:0 Blust (19.), 1:1 Eichhorn (23.), 1:2 Eichhorn (65.), 2:2 Albrecht (75.), 2:3 Schmid (88.), 2:4 Haselbacher (90.+1). Schiedsrichter: Bormann (Hüfingen). Zuschauer: 500.