2024-05-15T11:26:56.817Z

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„Realistisch ist erneut ein Mittelfeldplatz.“ Thomas Stamm vor seinem zweiten Jahr als U-19-Trainer   | Foto: Patrick Seeger
„Realistisch ist erneut ein Mittelfeldplatz.“ Thomas Stamm vor seinem zweiten Jahr als U-19-Trainer | Foto: Patrick Seeger

Stamm: "Werden uns nicht kleiner machen, als wir sind"

BZ-Interview mit Thomas Stamm, Trainer der U19 des SC Freiburg, über die Vorbereitung auf die kommende Saison und die Ziele der Freiburger Fußballschule

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Mit einem Kracher startet am Samstag, 11 Uhr, im Möslestadion die neue Saison in der A-Jugend-Bundesliga Südwest. Der SC Freiburg empfängt die U19 des FC Bayern München. Im Interview mit Dominik Hassel spricht Trainer Thomas Stamm über die anstehende Saison, Investitionen der Konkurrenz und die Arbeit in der Freiburger Fußballschule.
BZ: Herr Stamm, Sie gehen in Ihre dritte Saison als Trainer der Freiburger U19. Ist die Vorfreude noch genauso groß wie bei Ihrer Premiere 2015?
Stamm: Absolut. Wenn man aus der Sommerpause rauskommt und Kraft getankt hat, dann freut man sich auf die neue Runde: Die Hälfte der Mannschaft ist neu, wir wollen gemeinsam etwas formen und unsere Ziele erreichen.

BZ: Wie zufrieden sind Sie mit der Vorbereitung?
Stamm: Wir haben sehr wenige verletzte Spieler, das war eines der Hauptziele. Vergangenes Jahr haben wir in der Hinrunde unter vielen Verletzungen gelitten, jetzt können wir fast aus dem Vollen schöpfen. Außerdem hatten wir gute Testspiele, konnten zum Beispiel am vergangenen Wochenende in Oberndorf ein international besetztes Turnier gewinnen – das gibt den Jungs Selbstvertrauen.

BZ: Wer tritt als Kapitän in die Fußstapfen von Robin Fellhauer, der wie viele andere zur U23 aufgerückt ist?
Stamm: Wir werden ohne offiziellen Kapitän in die Saison gehen. Die Entscheidung beruht auf der Überzeugung, dass die Last auf mehreren Schultern noch besser verteilt ist. Wir trauen vielen Spielern zu, Verantwortung zu übernehmen – wer am Ende auf dem Platz die Binde hat, ist nicht entscheidend.

BZ: Wie wirkt sich die Umstrukturierung in der Fußballschule auf Ihre Arbeit aus? Martin Schweizer ist seit einem Jahr als Sportlicher Leiter aktiv.
Stamm: Die Art und Weise, wie wir im Alltag arbeiten, verändert sich nicht: Wir haben nicht auf einmal 20, 30 neue Übungsformen. Man hat aber noch klarer einen roten Faden, der über die U19 hinausgeht. In zwei, drei Jahren werden wir enorm davon profitieren. Gerade die Spieler, die jetzt in der D-Jugend und C-Jugend sind, werden dadurch geprägt – und wenn sie dann in der U19 ankommen, wird das einen großen Mehrwert haben, davon bin ich überzeugt.

BZ: Wie beschreiben Sie Ihre Rolle in diesem Prozess der Talentförderung?
Stamm: Die Schnittstelle zum Männerbereich ist natürlich eine wichtige Stufe. Trotzdem geht nichts über die Basis, die in den anderen Jugendmannschaften gelegt wird. Ich glaube nicht, dass die Rolle des U-19-Trainers wichtiger ist als beispielsweise diejenige des U-13-Trainers.

BZ: Sie erleben die Talente in einem sensiblen Alter. Fußball, Schulabschluss, Freunde – welche Belastungen bringt das mit sich?
Stamm: Ich glaube, man verzichtet auf unglaublich viel – vor allem auf sehr viel Privatleben, weil der Alltag ordentlich durchgetaktet ist. Das ist kräftezehrend, aber wir versuchen, eine gute Mischung zu finden. Vergangene Saison sind die Prüfungen mit den letzten Saisonspielen zusammengefallen, da war der Druck enorm. Der Fußball gibt den Jungs aber im Gegenzug viel zurück: Auch außerhalb des Platzes werden sie davon profitieren.

BZ: Waren Sie überrascht, dass sich Kolja Herrmann und Fabian Rüdlin in ihrer ersten Saison im Männerbereich einen Stammplatz erkämpfen konnten?
Stamm: Beide waren schon in der U19 Leistungsträger und haben zwischenzeitlich oben mittrainiert – trotzdem ist der Schritt in die U23 nie einfach. Jetzt waren sie mit Mohamed Dräger zudem bei den Profis dabei. Wenn sie das richtig einordnen, werden wir in einigen Jahren an dem ein oder anderen unsere Freude haben.

BZ: Richten wir den Blick auf den Platz: Welcher Fußball schwebt Ihnen vor?
Stamm: Wir wollen variabel spielen, wenig ausrechenbar sein und mutig agieren. In dieser Hinsicht hat Martin Schweizer in seiner neuen Funktion viel bewegt, um unserem Spiel noch mehr Struktur zu geben. Diese Saison haben wir neben spielerischen Elementen auch mehr Körperlichkeit im Kader als in vergangenen Spielzeiten. Das ist sicherlich von Vorteil.

BZ: Ende August reist Ihre Mannschaft zur ersten Runde im DFB-Pokal nach Kiel. Mit fünf Titeln in den vergangenen elf Jahren ist der Sportclub nach wie vor Rekordsieger. Zuletzt war aber spätestens im Viertelfinale Schluss.
Stamm: Wir treten an, um zu gewinnen. Gerade in einem Pokalwettbewerb geht es darum, das Ding zu holen. Kiel wird ein Brocken, wir haben eine weite Anreise und spielen mittwochs zwischen zwei Liga-Wochenenden. Aber wir werden das annehmen: Es ist mal wieder an der Zeit, im Pokal etwas zu holen.

BZ: Und in der Bundesliga?
Stamm: In der Liga ist alles möglich, das muss in die Köpfe der Jungs rein. Wir wollen uns von Spiel zu Spiel verbessern, alles andere kommt automatisch. Die Saison wird knackig, nach wie vor ist die Liga sehr eng beieinander. Im Frühjahr wird man wissen, wo die Reise hingeht.

BZ: Zum Auftakt kommen am Samstag die Bayern, amtierender Meister der Staffel Südwest und bundesweit Vizemeister – was erwarten Sie für ein Spiel?
Stamm: Das wird ein richtiger Gradmesser, das sind auch für die Zuschauer gute Spiele. Ich glaube, dass die Bayern vorne mitspielen wollen und werden. Mit der Eröffnung des neuen Nachwuchsleistungszentrums haben sie ein klares Zeichen an die Konkurrenz gesendet.

BZ: Worauf Sie anspielen: Im Mai wurde der FC-Bayern-Campus eröffnet, ein hochmodernes und weitläufiges Areal für die Talentförderung. Inwieweit verschieben sich durch solche Maßnahmen die Kräfteverhältnisse in der Liga?
Stamm: Bayern war auch davor schon Bayern. Natürlich ist das eine enorme Investition – aber die müssen sie auch tätigen: Wer bei Bayern München aus der Jugend ins Profiteam kommen will, muss zu den besten Talenten in Europa gehören. Wir operieren natürlich mit weniger Geld, aber im Verhältnis zu den Gesamtausgaben der verschiedenen Bundesligisten sind die Posten für die Nachwuchszentren vergleichbar. Von daher glaube ich nicht, dass sich etwas verschoben hat. Wir werden uns nicht kleiner machen, als wir sind.

BZ: Zum Abschluss ein Blick in die Glaskugel: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, der sich in der kommenden Spielzeit erfüllt – welcher wäre das?
Stamm: Ganz klar: Dass ein Spieler, der die U19 und die U23 durchlaufen hat, es zu den Profis schafft. Dafür arbeiten wir doch am Ende des Tages.
Aufrufe: 010.8.2017, 19:59 Uhr
Dominik Hassel (BZ)Autor