2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Nicht mehr wegzudenken aus seiner Mannschaft: Mojtaba Akbari. Foto: FSG Grünberg/L./S.
Nicht mehr wegzudenken aus seiner Mannschaft: Mojtaba Akbari. Foto: FSG Grünberg/L./S.

"So ein Mensch soll abgeschoben werden?"

KOL GI SÜD: +++ Der Fußball-Verein FSG Grünberg/Lehnheim/Stangenrod kämpft für einen seiner beliebtesten Spieler, der nach Afghanistan zurück soll +++

GRÜNBERG - Bei der FSG Grünberg/Lehnheim/Stangenrod - und auch bei vielen weiteren Menschen - herrscht aktuell großes Entsetzen, aber auch ein großer Drang zu helfen, um eine gefühlte Ungerechtigkeit zu verhindern. Der Grund: Mojtaba Akbari, Spieler der Kreisoberliga- sowie A-Liga-Auswahl der Gallusstädter, droht die Abschiebung.

Die Spielgemeinschaft berichtet auf ihrer Facebook-Seite: "Nachdem Moji 2015 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen ist, ist er seit 2016 Mitglied unseres FSG-Seniorenteams. In dieser Zeit konnte Moji nicht nur sowohl der ersten Mannschaft als auch der U23 auf dem Spielfeld weiterhelfen, sondern ist ein fester Bestandteil unserer Gemeinschaft und für viele ein echter Freund geworden. Dabei haben wir Moji mit seiner positiven und netten Art, seinem unermüdlichen Ehrgeiz und seinem Engagement - teilweise sogar als Jugendtrainer - wirklich ins Herz geschlossen."

Das Unverständnis hinsichtlich des behördlichen Ansinnens ist groß und sorgt aktuell für viel Engagement vonseiten der FSG, der Freunde und Weggefährten und unter auch der Adoptivfamilie des heute 22-jährigen Lehnheimers. Letztgenannte Familie startete nun auf change.org eine Petition namens "Eine Chance für Mojtaba - Heimat statt Abschiebung", die an Bundesinnenminister Horst Seehofer, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, Hessens Innenminister Peter Beuth, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie an Gießens Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz adressiert ist. Bis Freitagnachmittag hatten diese mehr als 4000 Personen unterzeichnet.
Stephan Hahn, Pressesprecher der FSG Grünberg/Lehnheim/Stangenrod, erklärt: "Wir hängen uns als Grünberger Sportverein natürlich da dran, wir wollen diese Aktion und diesen Protest so gut und laut es geht unterstützen. Mojtaba Akbari ist einer von uns, gehört bereits seit fünf Jahren zur FSG, startete damals in der A-Jugend." Das Unverständnis hinsichtlich der Gefahr einer Abschiebung des jungen Fußballers sei groß, so Hahn: "Das Problem bei der ganzen Sache ist: Ich habe selten jemanden erlebt, der entschlossener war, sich hier zu integrieren. Das ist so, als wolle man einen Deutschen aus Deutschland ausweisen. Mojtaba Akbari ist integriert, arbeitet in mehreren Vereinen aktiv mit, auch weil er sagt, er möchte dieser Gesellschaft etwas zurückgeben. Er ist in der Jugendarbeit engagiert, hat im Männerballett mitgetanzt - er ist hier dermaßen heimisch!" Die Rückführung eines solchen jungen Menschen nach Afghanistan - ein Land, bei dem die Bundesregierung bis dato an Abschiebungen festhält, was aber von vielen NGOs und Experten kritisch betrachtet wird, zumal sich die Sicherheitslage seit dem 1. Mai und dem Beginn des Abzugs der NATO-Truppen noch einmal verschlechtert hat - hält Stephan Hahn für nicht verantwortlich: "Das ist grotesk - und extrem bitter." Darüber hinaus sieht Hahn aber nicht nur Gefahren für seinen Vereinskameraden, vor allem betont er immer wieder und ausführlich die hervorragende Eingebundenheit Mojtaba Akbari in die deutsche, insbesondere in die Grünberger Gesellschaft: "Er hat hier sogar seinen Realschulabschluss gemacht, mit Bestnoten. Später dann eine Ausbildung zum Elektroniker bei der Firma Bender begonnen, wo er nun auch die Zusage erhalten hat, dass er übernommen werden soll. Ganz ehrlich: Wie viel Klischee-Grünberger kann man denn noch sein? Mojtaba Akbari hat sich kulturell angepasst, er wird gemocht, er hat einen Job, bringt sich ein - und dann soll so jemand abgeschoben werden? Selbst wenn er nicht so viele hervorragende Eigenschaften hätte, selbst wenn er nicht integriert wäre: Ein junger Mensch sollte hier in Deutschland seine Chance erhalten - und nicht in ein extrem gefährliches Herkunftsland zurückmüssen." Freilich wünschen sich auch die FSG Grünberg/Lehnheim/Stangenrod und Stephan Hahn, dass noch viele weitere Personen an der Online-Petition teilnehmen. "Darüber hinaus hoffe ich aber auch, dass noch auf deutlich mehr Ebenen gerüttelt wird", wünscht sich Hahn etwa auch ein klares Statement und Engagement bekannter mittelhessischer Politiker, wie zum Beispiel Volker Bouffier oder Kanzleramtschef Helge Braun. Klar ist: In der Gallusstadt steht man in diesen Tagen in breiten Teilen zusammen - das zeigen auch etliche Kommentare auf www.change.org - und wünscht sich nur eins: Dass Mojtaba Akbari auch zukünftig eine Bereicherung des Grünberger Gesellschafts- und Vereinslebens bleibt - und nach Wiedergenesung von einem Kreuzbandriss wieder für die FSG auf Torejagd gehen kann.
Aufrufe: 030.5.2021, 07:00 Uhr
RedaktionAutor