2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Hans-Jürgen Boysen steht erneut an der Seitenlinie der SG Sonnenhof.
Hans-Jürgen Boysen steht erneut an der Seitenlinie der SG Sonnenhof. – Foto: Joachim Koschler

SG Sonnenhof: Der Rückkehrer war nie richtig weg

Damit der Regionalliga-Vorletzte SG Sonnenhof Großaspach doch noch die Klasse hält, nimmt Hans-Jürgen Boysen die Hände vom Steuer seiner wertvollen Oldtimer und übernimmt bis zum Sommer wieder jeden Tag das Ruder auf dem Fußballplatz im Fautenhau.

So richtig weg war er nie. Von der Tribüne aus hatte Hans-Jürgen Boysen
fast jedes Heimspiel der Großaspacher Regionalliga-Fußballer beobachtet,
seit sich die SG Sonnenhof vor knapp einem Jahr von ihm getrennt hatte.
Nun hat der 64-Jährige beim Klub aus dem Fautenhau den Platz auf den
Zuschauerrängen wieder mit dem auf der Trainerbank getauscht und sagt
zur Rückkehr: „So lange habe ich noch nie überlegt, bis ich eine
Entscheidung getroffen habe.“

Das lag allerdings nicht unbedingt am Tabellenplatz der SG, die sich seit dem Abstieg vor eineinhalb Jahren aus der Dritten Liga auch in der Regionalliga erstaunlich schwertut. Schon in der ersten Saison ging es konstant gegen den Abstieg. Am Ende half den Aspachern lediglich die Reduzierung von sechs auf zwei Absteiger, um den Durchmarsch nach unten zu verhindern. Gerade mal sechs Monate später droht nun aber schon wieder der Gang in die Oberliga. Als Vorletzter versuchen die Schwaben in den restlichen 14 Spielen das, was bisher zu selten gelang: fleißig Punkte holen und so den Tabellenkeller zu verlassen.

Ein Ziel, für das der mittlerweile in Aspach längst heimisch gewordene ehemalige Bundesliga-Verteidiger den eher ruhigen Beobachterposten mit dem stressigen Job an der Abstiegsfront tauschte. „Für mich war der Fall eigentlich erledigt, ich habe mich schon in Rente gesehen, obwohl ich ja noch gar kein Rentner bin“, erzählt der erfahrene Fußballlehrer und muss dabei selbst ein wenig schmunzeln. Denn nach dem Aus im vergangenen Winter hatte Hans-Jürgen Boysen ja die Beine nicht hochgelegt und sich nur damit beschäftigt, den Fußball von der Tribüne oder dem Fernsehsessel aus zu verfolgen. Als Geschäftsführer eines Oldtimerverleihs hatte er genug zu tun, zumal er als Chauffeur oft selbst am Steuer der edlen Stücke sitzt. „Alles das, was ich bei den Oldtimern selbst machen kann, mache ich selbst“, erzählt Boysen mit leuchtenden Augen. Auch weil „das alles wertvolle Autos sind“, wie Boysen erklärt, weshalb er Perlen wie die aus den 50ern stammenden Mercedes-Benz-190-SL- und Cadillac-Eldorado-Biarritz-Cabrios fremden Händen nicht anvertraut.

In den nächsten Monaten stehen die Oldtimer aber nicht an erster Stelle. Diese Position nimmt bis zum Sommer nun wieder der Fußball ein, damit Aspach Regionalligist bleibt. Für den Coach steht fest, dass das Unternehmen Nichtabstieg ein Marathonlauf wird und kein Sprintrennen. Für ihn ist klar, dass der Wiedereinstieg am Sonntag daheim gegen Schlusslicht TSV Schott Mainz große Bedeutung hat, jedoch noch nicht die Entscheidung ist: „Für uns ist jede der 14 noch ausstehenden Partien ganz wichtig, das erste wie auch das letzte Spiel.“

Deshalb dürfte es sicher von Vorteil sein, dass Aspachs neuer und gleichzeitig alter Boss auf der Kommandobrücke so gut wie keine Zeit zur Einarbeitung benötigte. Schließlich hatte er bei den Heimspielen ja live miterlebt, wie die Elf aus dem Fautenhau nach ihrem richtig guten Start langsam, aber sicher auf den vorletzten Rang abrutschte. Was ihm dabei auffiel: „Die Kompaktheit ist verloren gegangen. Im Spiel gegen den Ball war es kein geschlossener Verbund.“ Auch weil es immer wieder Wechselgegeben habe und vor allem wichtige erfahrene Akteure wie Kapitän Joel Gerezgiher, Nicolas Jüllich oder Sebastian Schiek ausgefallen seien, wie Hans-Jürgen Boysen urteilt und sagt: „Es gab Spiele, da war die Tribüne besser besetzt als das Team auf dem Platz.“

Diese Erkenntnis wirkte sich auf die Verstärkung des Kaders im Winter aus: „Unsere Zugänge sind sicher auch den Eindrücken geschuldet, die ich selbst gewonnen habe.“ Boysen ist sich deshalb sicher, dass die routinierten Angreifer Sascha Mölders (36 Jahre, vom TSV 1860 München) und Dominik Salz (34, SGV Freiberg), der erfahrene MittelfeldorganisatorManuel Konrad (33, Selangor FC, 1. Liga Malaysia) und der im Titelkampf der Regionalliga Bayern gestählten Innenverteidiger Lamar Yarbrough (25, FC Schweinfurt 05) für den Abstiegskampf die richtigen Neuen sind: „Alle vier sind Spieler, die uns verstärken.“

Trotzdem sieht der 64-Jährige noch viel Arbeit auf sich, seinen Trainerstab und die Mannschaft zukommen. „Erstes Ziel muss sein, alle Spieler richtig fit zu kriegen.“ Diejenigen, die in der Vorrunde lang verletzt waren oder durch Corona aus der Bahn geworfen wurden, und diejenigen, die neu dabei sind. „Die Integration der vier ist noch nicht abgeschlossen“, berichtet der Coach und schiebt hinterher: „Aber wir sind auf dem Weg dahin.“ Wobei es Vorteil ist, dass von fünf geplanten Testspielen nur drei stattfanden, da zum Auftakt die Partie in Unterhaching und zum Schluss bei Fürth II ausfielen. Damit bleibt das 2:1 beim Oberliga-Zweiten Stuttgarter Kickers vergangene Woche die Generalprobe.

Eine, mit der Hans-Jürgen Boysen nur bedingt zufrieden war: „Das Ergebnis hat mir gefallen, das Spiel nicht. Alle müssen begreifen, dass erst einmal Aggressivität, Galligkeit, Laufstärke und die Schärfe im Spiel wichtig sind, erst dann kommt der Fußball.“ Den allerdings beherrsche sein Team, deshalb „mache ich mir da keine Sorgen“. Bei den Attributen, die nicht die Frage des Talents, sondern des Willens sind, sieht er dagegen offenbar noch Luft nach oben. Insgesamt aber ist der erfahrene Coach durchaus zuversichtlich und verspricht: „Wir werden uns von Spiel zu Spiel steigern und unser Ziel am Ende erreichen.“

Zur Person

Hans-Jürgen Boysen begann in Mannheim beim SC Neckarstadt mit dem Fußball. Über den VfR Mannheim kam er zum Karlsruher SC, mit dem er in seinen fünf Jahren vier Runden in der Ersten Bundesliga spielte. Nach 109 Partien für den KSC war er noch eine Saison für den 1. FC Saarbrücken (32 Spiele) in der ersten Liga am Ball, ehe er bei den Oberligisten VfR Mannheim und FV Weinheim seine Spielerkarriere beendete.

Erste Trainerstation Boysens war der südhessische Bezirksligist SV Mörlenbach, den er in die Oberliga führte. Danach arbeitete er unter anderem zum Teil mehrmals für den SV Sandhausen, Kickers Offenbach, den FC Augsburg, den 1. FC Schweinfurt 05, die Stuttgarter Kickers und den FSV Frankfurt. In Frankfurt, Sandhausen, Offenbach und Stuttgart trainierte er in der zweiten Liga.

Großaspach coacht der 64-Jährige zum dritten Mal. Nach einem Kurzzeitintermezzo als Interimscoach und Nachfolger von Markus Gisdol beim damaligen Oberligisten im Herbst 2007 kehrte er im Februar 2020 zurück, blieb nach dem Drittliga-Abstieg und hatte zwölf Monate lang das Sagen. Weitere zwölf Monate später übernahm er beim Regionalligisten aus dem Fautenhau nun zum dritten Mal den Trainerposten.

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Aufrufe: 09.2.2022, 06:00 Uhr
Backnanger Kreiszeitung / Uwe FlegelAutor