2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines

Schiedsrichterwesen ist reformbedürftig

Unparteiische, die an einem Wochenende auch noch einen Kollegen beobachten und beurteilen, erhalten dafür vom Verband sage und schreibe zwölf Euro

Egal, in welcher Sportart Menschen ihre Leistung gegen andere messen, gibt es Regeln, die eingehalten werden sollen. Darüber wachen Schiedsrichter, die mit ihren Entscheidungen – und das ist ganz normal, weil menschlich – natürlich nicht immer richtig liegen. Darüber regen sich Zuschauer wie auch Spieler gleichermaßen auf. Irgendwie gehören diese Reibungspunkte aber zum Spiel dazu, wobei die Schiedsrichter immer diejenigen sind, die ihr Fett abbekommen. Leiten sie gut, ist das normal, gibt es Diskussionen, haben sie den Schwarzen Peter.

Nun hat sich der Deutsche Fußball Bund (DFB) jüngst entschieden, die Honorare für Schiedsrichter in der Bundesliga aufzustocken. Waren es bisher 3.800 Euro, die Felix Brych und Kollegen pro Spielleitung bekamen, sind es in Zukunft 5.000. Die Assistenten erhalten 2.500 Euro und somit 500 mehr als bislang. Der Vierte Offizielle nun 1.250 statt der bisherigen 1.000 Euro.
Im Vergleich zu den Gehältern der Fußballspieler, deren Duelle sie leiten, sind auch die künftigen Bezahlungen ungleich. Im Vergleich aber zu den Aufwandsentschädigungen, die Spielleiter im Amateurbereich bekommen, ist das schon ganz ordentlich. An dieser Stelle relativiert Manfred Schnieders, Vizepräsident des Fußball- und Leichtathletikverbandes Westfalen, „weil es die Schiedsrichter in der Bundesliga hauptberuflich machen, die vor Ort im Amateurbereich, weil es ihnen in erster Linie Spaß macht.“
Gleichzeitig erinnert Schnieders daran, dass zudem die Schiedsrichter in den Amateurligen die einzigen seien, „die für ihr Tun Geld bekommen.“ Wobei an dieser Stelle dann immer noch das Wort „offiziell“ nachgeschoben wird, weil hinlänglich bekannt ist, dass bei den Amateuren auch kein Spieler sein Trikot nur aus Spaß überstreift. Aber das ist ein anderes Thema.
Fakt ist, dass auch ein Felix Brych nicht als Bundesliga-Schiedsrichter auf die Welt gekommen ist. Auch er hat sich in einem System in den Mittelpunkt gerückt, das vor allem vom Amateurbereich profitiert. Jeder Unparteiische fängt klein an, pfeift zunächst Jugendspiele, wechselt dann in den Seniorenbereich, wird beobachtet, bewertet, steigt auf und landet im Idealfall mal in der Bundesliga. Und genau an dieser Stelle wird es interessant. Ein Schiedsrichter, der neben seinem Job an der Pfeife am Wochenende auch noch als Schiedsrichterbeobachter eingesetzt wird, erhält dafür sensationelle zwölf Euro. Dafür fährt er mit seinem Privat-PKW – für 30 Cent pro Kilometer – zu einem Spiel, muss ungefähr eine Stunde vor Spielbeginn am Ort des Geschehens sein, um schon ein Gespräch mit dem zu beobachtenden Schiedsrichter zu führen. Dann schaut er sich das Spiel an und wenn er Pech hat, geht der Schiri anschließend erst einmal duschen, bevor sich der Beobachter noch mit ihm austauschen kann. Der fährt anschließend wieder heim, um dann noch den offiziellen Beobachtungsbogen auszufüllen.


Wenn nicht spätestens an dieser Stelle die Familie daheim aufmuckt, dann ist der Toleranzbereich dort ohne Zweifel in einem überdimensional großen Bereich angesiedelt. Deshalb wird es für die Verbände immer schwieriger, Beobachter zu finden. So kommt es auch vor, dass Beobachter in Ligen eingesetzt werden, in denen sie selbst als Unparteiischer schlichtweg überfordert wären, beobachten und beurteilen dürfen sie aber.


Im Fußballkreis Herford sind rund zehn Beobachter regelmäßig auf den Plätzen tätig. „Manche besuchen Spiele auf überkreislicher Ebene, andere nur auf Kreisebene, und dann gibt es auch die sogenannten Paten, die die jungen Schiedsrichter anleiten“, berichtet Clemens-David Goeke, Lehrwart und stellvertretender Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses (KSA). Vor allem letztere würden einige Zeit opfern. „Für einen sorgfältig ausgefüllten Beobachtungsbogen kann durchaus eine Stunde Zeit angesetzt werden. Und eine vernünftige Nachbesprechung ist zeitlich ganz sicher auch nicht kürzer. Da kommt man inklusive des Spiels schnell auf vier Stunden, teilweise sogar mehr.“


Die Aufwandsentschädigung bezeichnet auch Goeke als „verschwindend wenig und nicht mehr zeitgemäß. Diese zwölf Euro sind ganz sicher keine Motivation. Man sollte nicht unterschätzen, dass wir auch im Beobachterwesen qualifizierte Leute brauchen. Da nützt uns niemand, der selbst nur drei Spiele in der Kreisliga C gepfiffen hat.“


Goeke würde sich ein wenig mehr Unterstützung seitens der Vereine wünschen. „Die Verbände sind ja letztlich die Zusammenschlüsse der Vereine, die zum Teil selbst in unteren Klassen ganz andere Beträge für ihre Spieler ausgeben. Hier wird dem Schiedsrichterwesen nicht die Wertschätzung gezollt, die es verdient hat. Wir reden natürlich von einem Hobby, bei dem niemand reich werden will und auch nicht muss. Aber ein wenig mehr Solidarität wäre schön.“

Aufrufe: 030.6.2018, 13:17 Uhr
Hartmut Kleimann, Thomas VogelsangAutor