2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
Karsten Böttcher mit einem Wimpel des FC Schalke 04, an den er schöne Erinnerungen hat.
Karsten Böttcher mit einem Wimpel des FC Schalke 04, an den er schöne Erinnerungen hat. – Foto: © Manfred Malinka

Schalke 04 ist raus! Einmal Pokalheld...

2:1! Schalke raus! Erfurt stolz! POKALHELD Böttcher“ – titelte fast auf den Tag vor 30 Jahren eine große deutsche Zeitung mit vier Buchstaben über den Geraer Fußballer Karsten Böttcher.

Nach 78 Minuten des DFB-Pokalspiels der 2. Runde, FC Rot-Weiß Erfurt gegen den FC Schalke 04, schickte sich Böttcher an das 2:1 zu schießen und den Revierklub aus dem Wettbewerb zu befördern. „Böttchers Hammer haute Schalke um“ titelte die große Tageszeitung noch an anderer Stelle.

BERICHT von Manfred Malinka

Mit dem Fußball begonnen hat der Blondschopf bei Dynamo Gera. Im Trainingszentrum holte er sich das Rüstzeug für seine weiteren Stationen als Spieler. Mit Zwölf ging der Schüler der 9. POS zu Wismut, wo er bis zur Wende spielte. In diese Zeit fielen schon seine ersten Auswahlspiele, sechs Mal wurde der schnelle Angreifer für die DDR eingesetzt, spielte mit Henning Bürger, Steffen Karl und Uwe Jähnig zusammen. Als einziger BSG-Spieler in der U17-Nationalmannschaft eingesetzt, brach er sich 1986 beim Länderspiel das Schlüsselbein. Ins NSW (Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet) durfte der Vollblutfußballer nicht, weil er kein Klubspieler war. Also setzte ihm der Deutsche Fußball-Verband der DDR (DFV) die Pistole auf die Brust: „Entweder du spielst in Jena oder bleibst bei Wismut und bist weg vom Fenster.“

Mit 18 Jahren hatte er schon sein erstes Ligaspiel für Wismut gegen Bischofswerda (1:1) bestritten. Das Angebot von Jena hatte der talentierte Bursche ausgeschlagen. Über Spielerberater Armin Veh, den er zufällig kennen gelernt hatte, spielte er ein Jahr beim SV Edenkoben in Rheinland-Pfalz in der 3. Liga unter Fritz Fuchs. Unter Bernd Stange kickte der temperamentvolle Fußballer aber dann doch für den FCC durch die Vermittlung von Georg Buschner und stieg mit diesem in die 2. Bundesliga auf. Dann rief bei Vater Edgar, der selbst viele Jahre aktiver Fußballer bei Dynamo und Wismut Gera war, der damalige Erfurter Coach Lothar Kurbjuweit an. Böttcher sagte zu und kickte ab Sommer 1991 für Erfurt. Dort verlebte er seine sportlich wertvollste Zeit. Gegen den FC Groningen gewann der Zweitligist zweimal im Europacup 1:0 und zog auch in die 2. Runde des DFB-Pokals ein. In der 1. Runde hatte man den ersten Thüringer Pokalsieger nach der Wende, den SV 1910 Kahla, aus dem Rennen geworfen, der damals Bezirksliga spielte.

Nun kam Bundesligist FC Schalke 04 ins Steigerwaldstadion. 14 000 Zuschauer sorgten für eine „volle Hütte“ und sahen eine Sensation. Im Spielbericht von damals hieß es: „Urplötzlich war der Ex-Jenaer Karsten Böttcher wieder da, gewann das Laufduell mit Mademann und wuchtete den Ball vom Strafraumeck an Torwart Jens Lehmann vorbei ins Eck (78.). Und fast hätte er kurz vor dem Abpfiff noch eins drauf gesetzt, als er in ähnlicher Position noch einmal vor Lehmann auftauchte, doch dieser das Leder um den Pfosten lenken konnte. Der Einkauf Böttchers, der von Jena nach Erfurt kam, hat sich gelohnt – für Rot-Weiß.“ Aus diesem Spiel stammt auch die Episode mit einem MDR-Reporter, die Karsten manchmal den Spitznamen „Anderbrügge“ einbringt. Und der damals 21-Jährige stellt klar: „Der Reporter sagte: Beschreiben Sie doch mal ihr Tor nach dem gewonnenen Laufduell gegen Richard Mademann.“ Der Youngster antwortete: „Ich glaube, das war Ingo Anderbrügge.“ „Nein“, sagte der Journalist, „der hat gar nicht mitgespielt.“ Karsten stört die Irritation aber längst nicht mehr. Schließlich hatte er das Siegtor gegen Schalke geschossen und viele wissen das heute noch.

Am 4. September 1991 war dann für Böttcher und Rot-Weiß der Pokaltraum zu Ende. Beim SSV 05 Reutlingen verloren die Disztl, Sänger, Linke, Heun, Dünger und Co mit 1:3. Der heute 51 Jahre alte Karsten Böttcher spielte anschließend beim FSV Zwickau, bei der SpVgg Vestenbergsgreuth, beim FSV Wismut Gera, Eintracht Trier, SV Meppen, Wiener SK, 1. SV Gera und beim Bornaer SV. Seit fast 15 Jahren ist er nun Coach und weist auf diese Stationen hin: OTG Gera, 1. FC Gera 03 II, Grün-Weiß Stadtroda, SSV Jena-Lobeda, Blau-Weiß Niederpöllnitz und Gera-Westvororte. Derzeit betreut er den SV Elstertal Bad Köstritz in der Kreisoberliga Ostthüringen.

Aufrufe: 08.9.2021, 08:00 Uhr
Manfred Malinka Autor