2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
Seit 2018 ist Sepp Beller bei der DJK Vilzing als Sportlicher Leiter aktiv.
Seit 2018 ist Sepp Beller bei der DJK Vilzing als Sportlicher Leiter aktiv. – Foto: Dirk Meier

»Man muss sich nicht überall Freunde machen«

Zweiter Teil des Exportschlager-Interviews mit Sepp Beller: Der 66-Jährige blickt auf seine eindrucksvolle Trainerkarriere im ostbayerischen Raum.

Nicht nur, weil ihn seine (Profi-)Spielerkarriere einmal quer durch Bayern und auch ins angrenzende Baden-Württemberg geführt hat, ist seine aktive Karriere eigentlich schon Alleinstellungsmerkmal genug, wie im ersten Teil des Exportschlager-Interviews mit Sepp Beller deutlich wurde. Doch auch als Trainer (und Sportlicher Leiter) machte der 66-Jährige von sich reden. Der Lehrer aus der Gemeinde Mariaposching über sein Profil als Mann an der Linie, über seine Ansprüche und Erfolge - und über seinen Umgang mit Macht.

Hier geht's zum ersten Teil des Interviews (einfach klicken)

Wie würdest Du Dich selber als Trainer charakterisieren?

Ich habe ziemlich klare Vorstellungen was die Einstellung betrifft, die ein Spieler mitbringen muss - seinen Mannschaftskameraden gegenüber, seinem Verein genauso. Genauso habe ich klare Vorstellungen was das taktische Konzept und deren Umsetzung anbelangt. Das waren sehr wichtige Pfeiler für mich, die ich vorgelebt und auch eingefordert habe. Sicherlich war ich auch immer wieder für spaßige Sachen zum haben. Aber Ordnung und Disziplin auf und neben dem Spielfeld waren mir wichtig. Und die Spieler haben genau gewusst, auf was sie sich einlassen.

Auf was denn?
Dass sie auf jedes Spiel optimal vorbereitet sind. Ich habe jeden Gegner mindestens einmal beobachtet, ehe wir aufeinandergetroffen sind. 100 Prozent - das habe ich immer gegeben und mussten auch meine Spieler geben.

Bist Du "Alte Schule"?
Ich kenne leider nicht die Unterschiede zwischen alter und neuer Schule (schmunzelt). Ich weiß nur: Ich war von 1985 bis 2016 Trainer. Und ich habe in jedem Jahrzehnt mindestens eine Meisterschaft geholt. Zudem bin ich mit Jugendmannschaften aufgestiegen. Findet man nicht den richtigen Ton, kann man diese Erfolge nicht feiern. Das Alter eines Trainers ist letztlich egal. Das Gefühl für die Menschen, das Fachwissen und die Authentizität sind viel wichtiger.

»Teilweise bin ich knallhart«



Bayernliga mit Regensburg und Landshut, Aufstiege mit Hankofen-Hailing und Vilzing - Du scheint den Erfolg gepachtet zu haben. Gibt es in diesem Zusammenhang ein Geheimnis?
Ja - sehr, sehr viel und sehr, sehr harte Arbeit. Von nix kommt nix - das kann ich unterschreiben. Man muss sein Handwerk verstehen. Man muss eine Menschen- und Mannschaftsführung haben, die jedem gerecht wird. Man muss immer wieder austaxieren, wie man mit wen umgeht. Ich kann nicht alle über einen Kamm scheren. Nichtsdestotrotz muss jeder wissen, was beim Beller Sepp erlaubt ist - und was nicht. Insgesamt sind es mehrere Faktoren, die einen guten und erfolgreichen Trainer ausmachen.

Ist der Mensch Sepp Beller derselbe wie der Trainer Sepp Beller?
In Sachen Grundwerte: Ja. Im Training, im Spiel bin ich zu 100 Prozent auf meine Arbeit fokussiert. Da gibt es dann auch kein links oder rechts. Was ich vorgegeben habe, das erwarte ich genauso während der 90 Minuten. Da bin ich teilweise knallhart. Das ist die eine Seite. Die andere: Gerade in meiner Anfangszeit als Trainer war ich nach dem Donnerstagstraining und natürlich dem Spiel immer mit den Spielern unterwegs - und war oft sogar einer der Letzten. Ich hab schon richtig feiern können, war aber auch nach Niederlagen dementsprechend deprimiert.

Wenn Du knallhart warst bzw. bist, hast Du Dir aber nicht nur Freunde gemacht?
Das muss auch gar nicht sein. Man kann es nicht jedem recht machen - wie im richtigen Leben. Es zählt immer die Gemeinschaft, nicht der Einzelne. Fußball ist ein Mannschaftssport. Und nur als Team kann man Erfolge feiern. Dass man unangenehme, schwierige Entscheidungen treffen muss, gehört einfach dazu. Natürlich gibt es Spieler, die unter mir vielleicht nicht mehr spielen möchten - wobei das nicht viele sein dürften.



Ein Blick in Deine Stationen macht auch deutlich: Die jeweilige Zeit bei den einzelnen Vereinen entspricht ungefähr der weitläufigen Halbwertszeit eines Trainers. 2-4 Jahre. Ist das bewusst so gewählt?
Ja. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, 8,9 Jahre bei einem Verein zu bleiben. Deshalb war mein Credo immer: Nach zwei, höchsten drei Jahren ist Schluss. Nach dieser Zeit schleifen sich gewisse Dinge ein. Man erwartet immer mehr von den Spieler, obwohl man eigentlich weiß, dass das Maximum erreicht ist. Außergewöhnlich ist nur die DJK Vilzing. Dort war ich vier Jahre Trainer und bin jetzt auch wieder zurückgekehrt, wenn auch in anderer Funktion.

2018 hast Du den dritten Bereich des Fußballs betreten - seitdem bist Du Sportlicher Leiter bei den Huthgarten-Kicker. Wie ist es dazu gekommen?
Nach meinem Kurz-Intermezzo in Bogen war für mich klar, dass ich nicht mehr als Trainer arbeiten will. Irgendwann kommt man selber zu dem Schluss, dass es einfach nichts mehr bringt, dass man sich irgendwie verirrt, dass man nicht mehr kann. Man ist nicht mehr 35 oder 45 Jahre - und der Stress und Aufwand ist schon extrem. Deshalb war 2016 für mich als Trainer Schluss. In einem Interview habe ich aber erzählt, dass ich mir es aber durchaus vorstellen könnte, als Funktionär was zu machen. Und das hat Roland Dachauer, zu dem ich ein sehr gutes Verhältnis pflege, scheinbar gelesen. Er hat mich angerufen und die Dinge nahmen ihren Lauf.

Hast Du mit dem Gedanken gespielt, nach dem Aus von Christian Stadler selbst einzuspringen?
Nein, überhaupt nicht. Das Kapitel Trainer ist für mich abgeschlossen.

Sein Weg führte den 66-Jährigen u.a. nach Hankofen bzw. Hailing. Mit dem heutigen Bayernligisten glückte ihm der Aufstieg in die Landesliga.
Sein Weg führte den 66-Jährigen u.a. nach Hankofen bzw. Hailing. Mit dem heutigen Bayernligisten glückte ihm der Aufstieg in die Landesliga. – Foto: Andreas Santner


Wo hat man denn nun mehr Macht - als Spieler, als Trainer oder als Sportlicher Leiter?
Jeder dieser Bereiche hat seine schönen und seinen nicht so schönen Seiten und man kann sie gar nicht miteinander vergleichen. Die meiste Macht hat man natürlich als Sportlicher Leiter. Man hat die Möglichkeit, Spieler und Trainer zu verpflichten, diese aber auch zu entlassen. Man hat aber auch die größte Verantwortung - immerhin geht es nicht nur um eine Mannschaft, sondern um einen ganzen Verein.

Ist es schwierig, mit Macht umzugehen?
Ja. Trifft man harte Entscheidungen, müssen diese wirklich gut durchdacht sein. Man muss Fakten sprechen lassen und in Konsens mit dem ein oder anderen Spieler oder Funktionär gehen. Aber das sind Ausnahmefälle. Plant man eine Saison gut, kommen solche harten Entscheidungen eher selten vor.

Und zum Abschluss noch der Blick in die Zukunft.
Sollte alles passen, möchte ich noch zwei, drei Jahre in Vilzing als Sportlicher Leiter weiterarbeiten. Mit knapp 70 ist es dann Zeit, sich komplett zurück zu ziehen. Das kurzfristige sportliche Ziel ist ganz klar der Aufstieg in die Regionalliga - wenn nicht in dieser Spielzeit, dann in der nächsten.

Vielen Dank für das Gespräch, alles Gute für die Zukunft - und ganz wichtig: Gesund bleiben.

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Aufrufe: 08.1.2021, 06:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor