2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Seine schönste Zeit als Aktiver verbrachte Sepp Beller eigenen Aussagen zufolge beim damaligen Zweitligisten SSV Ulm.
Seine schönste Zeit als Aktiver verbrachte Sepp Beller eigenen Aussagen zufolge beim damaligen Zweitligisten SSV Ulm. – Foto: Imago Images

Sepp Beller - Fußball-Tausendsassa aus Loham

Niederbayerische Exportschlager: Josef "Sepp" Beller - Teil 1: Bevor der 66-Jährige aus Lohham bei Mariaposching ein erfolgreicher Amateurtrainer wurde, war er als Zweitliga-Spieler Halbprofi.

Sepp Beller ist ein niederbayerischer Exportschlager. Er wurde beim FC Bayern München (fertig) ausgebildet. Er war Zweitliga-Spieler bei u.a. Bayern Hof und dem SSV Ulm. Sepp Beller ist aber auch ein Trainer, der sich im ostbayerischen Raum aufgrund seiner Erfolge einen Namen gemacht hat. Seit 2018 ist der 66-Jährige als Sportlicher Leiter der DJK Vilzing aktiv und strebt dort den Aufstieg in die Regionalliga an. Der umtriebige Lehrer aus Loham (Gemeinde Mariaposching), der trotz Pensionierung wieder als Teilzeitkraft in den Schuldienst zurückgekehrt ist, im FuPa-Interview...

Sepp, sind die heutigen Fußballer - selbst im Amateurbereich - zu verwöhnt?
Teils teils - und ist sehr von der Charakteristik des jeweiligen Spielers abhängig. Es gibt im Amateurbereich - selbst in den untersten Ligen - nach wie vor 100-prozentige Fußballer, die zu ihrem Sport stehen. Auf der anderen Seite muss ich leider feststellen, dass im oberen Amateurbereich manche Spieler Ansprüche an das Drumherum und die Strukturen haben, die man einfach nicht erfüllen kann. Zumal die Einstellung von diesem Typ dann ab und an zu wünschen übrig lässt.

Und das war früher nicht der Fall?
Ich bin mir absolut sicher, dass die breite Maße an Amateurspielern früher eine andere, bessere Einstellung hatte als heute. Die eine Erklärung für diese Entwicklung gibt es aber nicht. Unter anderem ist das Freizeitangebot deutlich gestiegen, man ist insgesamt viel flexibler. Jeder hat mit 18 einen Führerschein und ein Auto, ist praktisch unbegrenzt mobil. Das war zu meiner aktiven Zeit noch nicht so. In meiner Jugendzeit hat es eben nur den Fußball in der eigenen Ortschaft gegeben.

Du wurdest beim FC Bayern München ausgebildet, warst lange Jahre Zweitliga-Spieler für Ingolstadt, Hof und Ulm - neben Deinem Hauptjob als Lehrer.
Während ich 2. und 3. Liga gespielt habe, habe ich zunächst mein Studium durchgezogen. Als ich mit 23 Jahren meinen ersten Profivertrag in Hof unterschrieben habe, habe ich dennoch Vollzeit weiter gearbeitet. Das war mir immer sehr wichtig. Das war mein Hauptberuf, mein sicheres Standbein. Fußball habe ich natürlich genauso ernsthaft betrieben, sonst hätte ich es nicht in die 2. Bundesliga geschafft. Im Endeffekt war dieser Sport für mich aber nur ein gutbezahltes Hobby.

»1. Bundesliga im Bereich des Machbaren«



Also weit entfernt von heutigen Zweitliga-Verhältnissen.
Absolut. Wir waren schon gute Kicker, sonst hätten wir nicht in dieser Liga gespielt. Diese Zeit war aber mit dem jetzigen Standard überhaupt nicht zu vergleichen.

Neben Unterricht und Fußball blieb nicht viel Freiraum, oder?
Seit ich 18 Jahre alt bin ich Profi in Sachen Zeitmanagement. Ich habe ja dann auch geheiratet und Haus gebaut, hab zwei Kinder. Das alles unter einem Hut zu bringen, war nie einfach. Man braucht dazu eine Frau, die voll hinter einem steht. Und man muss sich seine Zeit genau einteilen.

Glaubst Du, Du wärst unter den heutigen Bedingungen, also als Vollprofi im Unterhaus, noch besser gewesen und hättest Richtung 1. Bundesliga schielen können?
Eine sehr hypothetische Frage. Ich habe mit 18 Jahren noch in Mariaposching in der damaligen B-Klasse gespielt. Von dort weg bin ich zum FC Bayern München eingeladen worden, der damals mit Beckenbauer, Müller und Maier seine stärkste Zeit erlebte. Es reichte nur ein Training und ich wurde verpflichtet. Das zeigt, dass ich durchaus ein großes Talent war. Unter den heutigen Bedingungen wäre es also durchaus im Bereich des Machbaren, es noch eine Liga höher zu schaffen.



Haderst Du mit dem Schicksal einer zu frühen Geburt?
Überhaupt nicht. Es war eine andere Zeit, aber auch sehr schön. Ich bin mit mir absolut im Reinen und äußerst zufrieden, wie mein Leben bis zu meinem 66 Lebensjahr verlaufen ist.

Oder bist Du auf der anderen Seite vielleicht sogar froh, nicht Teil des immer größer werdenden Fußball-Geschäftes zu sein - im Sinne von: Romantik statt Geld.
Nicht nur der Profifußball hat sich verändert, sondern auch die Menschen, die dahinterstecken. Aber das ist ganz normal und der Lauf der Dinge. Wir waren damals als Zweitliga-Spieler etwas Besonderes. Heute ist das Ganze nochmal professioneller, nochmal außergewöhnlicher. Jetzt sind auch deutlich größere Summen im Spiel. Aber ob das alles besser ist, wage ich zu bezweifeln.

Deine Spieler-Laufbahn hat Dich nach Oberbayern geführt, nach Oberfranken - und ins Baden-Württembergische Grenzland. Kann man hier von einem Karriereplan sprechen?
Überhaupt nicht. Aber ich habe seit jeher eine Maxime: Ich möchte so hoch aktiv sein, wie nur möglich - egal ob als Spieler, Trainer oder Funktionär. Hatte ich ein gutes Angebot von der Bayernliga in Richtung 2. Liga, habe ich nicht lange überlegt. Dennoch kann man nicht von einem Karriereplan sprechen. Ich hatte auch nie einen Berater oder einen Spielervermittler. War jemand an mich interessiert, hat derjenige Verein direkt mich kontaktiert.

Der 66-Jährige ist ein Charakterkopf des ostbayerischen Fußballs.
Der 66-Jährige ist ein Charakterkopf des ostbayerischen Fußballs. – Foto: Dirk Meier


Aufgrund Deiner genannten Prämisse hast Du Dich auch dazu entschlossen, die doppelte Belastung bis Mitte 30 durchzuziehen.
Ganz genau. Ich bin bis zum heutigen Tag sehr, sehr ehrgeizig.

War es für Dich von Anfang an klar, dass Du nach Deiner aktiven Zeit wieder in Deine Heimat zurückkehren wirst?
Eigentlich schon, eigentlich nicht (schmunzelt). Die letzten zwei Jahre in Ulm habe ich dort mit meiner Frau verbracht, die ebenfalls aus Mariaposching kommt. Uns hat es dort sehr gut gefallen. Und vielleicht wären dort geblieben, hätte ich in Lohham nicht schon mit dem Bau eines Hauses begonnen. Zudem war meine Mama sehr dahinter, dass ich wieder zurückkomme.

Hast Du als Trainer dann den Mittelweg gewählt, eine Art Kompromiss gemacht: Zwar Zuhause, aber doch möglichst hoch?
Ja, das kann man so sagen. Ich bereue es sehr, dass ich nicht unmittelbar nach meiner aktiven Zeit die entsprechenden Trainerscheine gemacht habe. Deshalb ist für mich ein Trainerjob im Profibereich nicht in Frage gekommen bzw. nicht möglich gewesen. Nichtsdestotrotz war da aber noch meine Maxime.

Im 2. Teil des großen Exportschlager-Interviews spricht Sepp Beller über seine Zeit als Trainer, über seine Ansprüche, seine Erfolge und seinen Umgang mit Macht.

Aufrufe: 02.1.2021, 07:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor