2024-05-24T11:28:31.627Z

Interview
Würde gerne während der Spiele mehr eingreifen, kann aber oft nicht: Walter Lang,  auch in der kommenden Saison Trainer des SV Bad Heilbrunn.
Würde gerne während der Spiele mehr eingreifen, kann aber oft nicht: Walter Lang, auch in der kommenden Saison Trainer des SV Bad Heilbrunn. – Foto: Walter Brugger

Lang: „Jeder Trainer muss auch Psychologe sein, aber mehr als anderswo in Heilbrunn“

Erfolgstrainer des HSV im Interview

Walter Lang hat den ehemaligen Dauer-Kreisklassisten zu Höhenflügen gebracht: Der SV Bad Heilbrunn hat sich konsolidiert und ist zu einem Serienaufsteiger avanciert.

Benediktbeuern/Bad Heilbrunn – Mittlerweile kämpft der von vielen Ausfällen gebeutelte kleine Kader allerdings um den Klassenerhalt in der Liga. Trotzdem hat der 54-jährige Benediktbeurer kürzlich seinen Verbleib auch für kommende Saison angekündigt. Der Polizeihauptkommissar im Gespräch über Ersatzspieler im Bus, Schwierigkeiten im Dorfverein und positive Facetten des Abstiegskampfs.

Herr Lang, kennen Sie Robert Körner?

Äh (überlegt eine Weile), nein.

Körner war 1969 Trainer des 1. FC Nürnberg in der Bundesliga – für 18 Tage. Sie gehen ins neunte Jahr als Trainer des SV Bad Heilbrunn, wie geht so etwas?

Ich denke, die Chemie muss stimmen. Zu den Spielern, zur Abteilung, zum Vorstand, zum ganzen Verein. Es muss gegenseitige Wertschätzung vorliegen. Jeder muss wissen, was er am anderen hat. Wenn das passt, kann das funktionieren.

Es heißt oft, ein Trainer sei nach einer gewissen Zeit verbraucht, kommt nicht mehr an die Mannschaft heran. Hören die Spieler noch auf Sie?

Ich sag’ mal so: Wenn du als Trainer neu anfängst, dann hören sie automatisch auf dich. Aber ich denke schon, dass noch ankommt, was ich sage. Wenn ich das Gefühl hätte, ich erreiche die Mannschaft nicht mehr, hätte ich längst aufgehört. Ich habe allerdings schon gegrübelt, ob es nicht mehr Sinn machen würde aufzuhören. Und es ist bestimmt leichter weiterzumachen, wenn du Spiele gewinnst. Aber ich habe beim Verein schon herausgehört, dass es der Wunsch der Mannschaft ist, dass ich als ihr Trainer weitermache, dass es die Spieler auch wollen. Und mit dem Vorstand habe ich mich darüber auch verständigt.

Dann hat die aktuell brenzlige Lage des SV Bad Heilbrunn in der Landesliga also nichts damit zu tun, dass Sie die Mannschaft nicht erreichen?

Ich glaube, jeder, der sich mit dem Fußball in Heilbrunn ein bisschen auskennt, weiß, dass der Trainer nichts dafür kann. Die Situation ist derzeit einfach schwierig.

Nach gutem Start ist der SV Bad Heilbrunn mittlerweile auf Abstiegs-Relegationsplatz 15 abgerutscht. Was sind die Ursachen dafür?

Zunächst einmal sollte sich der eine oder andere Spieler vielleicht selbst hinterfragen, ob er über den Winter genug getan hat, um das Niveau für die Landesliga zu halten. Außerdem ist unser Kader auf Kante genäht, Ausfälle tun uns besonders weh. Dazu kam Corona mit weiteren Ausfällen. Das betrifft zwar alle Vereine, aber wir können es schlechter kompensieren als breit aufgestellte Mannschaften mit Geld. Wir behelfen uns mit Spielern aus der B-Klasse. Das ist sowieso Wahnsinn, was die leisten. Aber keiner kann erwarten, dass sie von heute auf morgen in der Landesliga mithalten können.

Und dann gibt es noch Langzeit-Verletzte, die richtig wehtun ...

Ja, Maximilian Specker, Andreas Specker, Florian Kapfhammer. Da brauchen wir nicht reden, dass die schwer zu ersetzen sind.

Über den Winter wäre lange Zeit gewesen, neue Spieler zu suchen. Bis auf Andre Tiedt ist nichts dabei herausgekommen?

Ja, und selbst der kam eher zufällig. Wir haben aber auch nicht so intensiv gesucht, wie man meinen könnte. Zum einen war nicht unbedingt abzusehen, dass Kapfhammer wieder ausfällt und Andreas Specker krank wird. Zum anderen gibt es im Winter ohnehin nur wenige Spieler, die überhaupt wechseln wollen. Die meisten wollen ja bei ihrer Mannschaft bleiben. Und wir suchen auch nicht irgendwelche Spieler. Die müssen in die Mannschaft passen, charakterlich passen. Sonst verlierst du die anderen, und das, was uns stark macht, die mannschaftliche Geschlossenheit. Es ist nicht unsere Strategie in Heilbrunn, eine Mannschaft zusammenzukaufen, die gar nicht zusammengehört.

Sie sind bisher nur aufgestiegen, mit Gelting, zweimal mit Lenggries, dreimal mit Heilbrunn. Abstiegskampf ist eine neue Erfahrung für Sie – trotzdem eine positive?

Ich glaube, ich bin alt genug, um damit umgehen zu können. Stimmt, ich bin noch nie abgestiegen, aber ich habe immer gewusst, dass es in der Landesliga schwierig werden könnte, passieren könnte. Es ist nicht schön, jede Woche aufs Neue zu verlieren. Aber ich erkenne keine Fehler, oder was ich hätte anders machen können, und das sagt mir auch sonst niemand, also muss ich es aushalten. Wir haben uns im Verein ausgetauscht: Wenn es nicht läuft, wenn wir absteigen, dann ist es halt so, dann gehen wir einfach runter. Das ist keine Niederlage für mich, sondern hat Ursachen.

Andersherum: Gelingt der Klassenerhalt, wäre das sicher auch ein Erfolg?

Das wäre fast eine Sensation, aber ich kann nicht zaubern. Immerhin haben wir zuletzt wieder Punkte geholt.

Was kann denn ein Trainer bei so einem kleinen Kader überhaupt tun?

Ich kann nur arbeiten im Training, Reize setzen bei den Übungseinheiten. Gerade Corona macht es noch schwieriger: Wenn Spieler krank sind, sind sie raus. Und selbst wenn sie wieder gesund sind, muss man schauen, wie weit sie belastbar sind, ob sie noch Symptome haben. Mir sind da weitgehend die Hände gebunden. Ich kann nur hoffen, dass nichts passiert, dass wieder mehr mitspielen können. Bei uns ist Konstanz ein Fremdwort, das ist das Problem. Und während der Spiele kann ich nur reagieren, versuchen, das Beste draus zu machen. Aber wenn ich die Mannschaft umstellen will, ist es nur ein Verschieben: Wenn ich jemand irgendwo anders einsetze, reiße ich woanders eine Lücke.

Ein Trainer ist mittlerweile mehr als ein Übungsleiter, auch Sorgenonkel für die Spieler?

Heutzutage muss jeder Trainer auch Psychologe sein, aber mehr als anderswo in Heilbrunn. Man braucht, denke ich, hier noch mehr Verständnis für jeden einzelnen Spieler. Ein Beispiel: Es gibt Spieler, die setzen sich in den Bus zu einem Auswärtsspiel und wissen ganz genau, dass sie wahrscheinlich wieder nicht spielen werden. Bei anderen Vereinen bekommen sie wenigstens eine Aufwandsentschädigung. Bei uns kriegen sie gar nichts, spielen nicht, machen das nur für die Mannschaft.

Was waren Höhepunkte in Heilbrunn?

Na ja, die drei Aufstiege, die waren alle sensationell. Auch der in die Kreisliga, man muss überlegen, wo wir herkommen. Und es spielen acht Spieler in der jetzigen Mannschaft in der Landesliga. Das sind so Sachen, die gehen einem schon nahe. Und der Aufstieg in die Landesliga, dass der im Umfeld überall positiv aufgenommen wurde ... das sind unvergessliche Momente.

Zum Schluss: Thomas Schaaf sagt Ihnen was?

Klar, der Trainer von Werder Bremen.

Genau, er war gut 14 Jahre lang Trainer bei Werder Bremen. Wie lange geht’s bei Ihnen noch weiter?

Solange mich der Verein und die Spieler noch aushalten (lacht). Und solange ich meine, noch ein bisschen was auf dem Platz bewirken zu können. (nic)

Aufrufe: 013.4.2022, 09:12 Uhr
Nick SchederAutor