2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
– Foto: Thies Meyer

Interview-Staffel: Phillip Willershausen

+++ Gruppenliga Gießen/Marburg +++ Neue Gesprächsserie +++ Weiter geht es mit Phillip Willershausen vom FSV Schröck +++ Befragter nominiert nächsten Kandidaten +++

Was sich hinter der Serie namens „Interview-Staffel“? verbirgt, haben wir zu Beginn der Serie geklärt. Was neben dem fußballerischen Talent für einen Schritt in ein Nachwuchsleistungszentrum notwendig ist, wie das Projekt „Hertha BSC“ auf ihn wirkt und wie er die Stürmerentwicklung in Deutschland sieht, all das und noch vieles mehr hat uns Phillip Willershausen vom Gruppenligisten FSV Schröck erzählt. Den Staffelstab hat er jedenfalls bereits übergeben. Ach so, einzige Regel bei der „Übergabe“: Man darf nicht direkt zurück zum Vorgängerverein überleiten. So kommen hoffentlich alle mal dran.

Nils Ackermann ist BVB-Fan, du Bayern-Fan. Wie kann das gut gehen und was entgegnest du den Bayernkritikern, die euch nur als Erfolgsfans sehen?


(Lacht.) Gut gehen kann das aus meiner Sicht nicht (lacht). Sagen wir es so, also zu unserer Beziehung: Nils ist ja sehr leidenschaftlich, dass hast du ja auch sicherlich gemerkt, und ich würde sagen, dass ich dagegenhalten muss, also mindestens genauso leidenschaftlich bin (grinst). Trotz verschiedener Auffassungen bezüglich der Vereine, ist der Faktor nach drei bis vier Bier wieder drin. Nils weiß was ich meine (grinst). Den Kritikern kann ich entgegenhalten, dass ich persönlich seit 20 Jahren Bayern-Fan bin, also seit Kindesbeinen an, und das hat nichts mit Erfolgsfan zu tun. Als Gegenargument würde ich sagen, dass der BVB seit den beiden Meisterschaften 2010/11 und 2011/12 mindestens genauso viele „Erfolgsfans“ dazu gewonnen hat.


Mir hat ein Vögelchen gezwitschert, dass du in der Jugend auf demselben fußballerischen Niveau wie Yannick Weber warst. Warum warst du nicht so wie er in einem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ)?


Oh, das ist natürlich eine schwierige Frage. Das ist nicht einfach zu beantworten. Ich habe bei Wieseck insgesamt sechs Jahre gespielt, also alle Jugendmannschaften durchlaufen. Die TSG Wieseck ist ja ein Kooperationspartner von Eintracht Frankfurt, sodass einige Profis schon eine Wiesecker Vergangenheit aufweisen (Luca Waldschmidt vom SC Freiburg, Nico Rinderknecht zur neuen Saison 1. FC Schweinfurt 05, John-Patrick Strauß von Erzgebirge Aue, Daniel Davari von Rot-Weiß Oberhausen; d. Red.). Bei mir war der Wunsch auf jeden Fall vorhanden, wie es für eigentlich fast jeden Fußballer einmal der Traum vom Profifußball ist, aber dabei ist mir aufgefallen, dass es nicht nur um das fußballerische Talent geht. Es kommt vielmehr auf das Gesamtpaket an. Den „richtigen“ Trainer, der einen fördert, in dessen Spielsystem man perfekt passt, wer dich natürlich sieht und auch um das bekannte Quäntchen Glück. Und das hat wohl bei mir gefehlt, sodass kein größeres NLZ auf mich zukam und mir das Vertrauen geschenkt hat. Leider wurde mir dadurch die Chance mich zu beweisen verwehrt, gerade in Anbetracht, dass viele die diese Chance hatten sie nicht genutzt haben, sei es jetzt wegen Ehrgeiz etc. Zum Schluss war es mir allerdings gerade in Hinblick darauf, dass ja nur die Wenigsten den Schritt zum Profi schaffen, wichtig eine gute berufliche Zukunft neben dem Fußball zu schaffen, um nicht am Ende ohne etwas dazustehen. Man muss nämlich sagen, wenn ich eine Sache angehe, dann immer zu 100 Prozent. Halbe Sachen gibt es bei mir nicht!


Ich habe gehört, dass du Offensivspieler bist. Was sagst du zur Entwicklung des Mittelstürmers hin zur „falschen“ 9 und jetzt wieder zurück?


Also, dazu muss ich erst einmal sagen, dass es die erste Entwicklung mit Messi 2009/10 gab, als Pep Guardiola (aktueller Trainer vom englischen Erstligisten Manchester City; d. Red.) sein Spielsystem perfekt auf ihn zugeschnitten hat. Ich muss schon sagen, das hat mir sehr imponiert und diese Neuheit, ein Spielsystem eigentlich nur auf einen Spieler auszulegen, ist eingeschlagen wie eine Bombe. Dieses System war allerdings nur auf Messi zugeschnitten und damit hatten andere Vereine Probleme, die eben keinen Messi haben. Für diese Vereine fand ich das System unflexibel, sodass ein klassischer Stürmer nach dem Stil eines Miroslav Klose (zur kommenden Saison Co-Trainer beim FC Bayern München von Hansi Flick; d. Red.), der mir gerade besonders in den Kopf kommt, gefehlt hat. Ich würde auf jeden Fall dahin gehen, weg vom Idealbild des Alleskönners, dass in der Jugend der Stoßstürmer wieder gefördert und aufgebaut wird, um flexibler zu sein. Schnelle Stürmer wie beispielsweise Timo Werner (aktuell Spieler von Rasen Ballsport Leipzig; d. Red.) haben wir im Moment genug. Aber natürlich sollte die Bandbreite der verschiedenen Stürmertypen gefördert werden.


Kommen wir von deinen Stürmer-Einschätzungen von Messi, Werner und Klose wieder zurück zu deiner Person. Wann kehrst du endlich zu deinen Wurzeln zurück? Nils Ackermann kann es kaum erwarten dich wieder in seinem Verein zu sehen.


(Lacht.) In diese Richtung habe ich schon etwas erwartet, wusste aber natürlich nicht genau was. Dann will ich es mal so formulieren. Ich bin sehr stark mit meinen Heimatwurzeln verbunden und ich habe immer gesagt, dass ich auf jeden Fall in meiner aktiven Karriere, also bevor man zu den Alt-Herren gehört, noch einmal für den VFB Lohra spielen möchte. Aber ich muss auch sagen, dass ich mich sehr wohl beim FSV Schröck fühle. Das Hauptargument ist aber, dass ich sehr viel Zeit und Herzblut in meiner Jugendzeit, siehe Richtung NLZ, investiert habe, weshalb ich jetzt auf dem höchsten Niveau wie möglich spielen möchte. Und das ist beim FSV Schröck gewährleistet (FV Lohra spielt in der Kreisliga B und der FSV Schröck in der Gruppenliga, sprich drei Ligen Unterschied; d. Red.). Ich freue mich aber schon sehr, wenn ich mit meiner „Borussia – Immervoll“-Gruppe, zu denen Yannick Weber (aktuell beim FV Breidenbach; d. Red.) und auch Nils Ackermann (aktuell beim VFB Lohra; d. Red.) gehören, zusammenspiele. Das ist unsere private WhatsApp-Gruppe, sprich unser privater Freundeskreis, von denen bis auf einer der zwölf Jungs eine Lohra-Vergangenheit haben.


Kommen wir zum Thema der Woche, obwohl es schon über eine Woche her ist. Am 10. Mai wurde Jens Lehmann bei der Hertha im Aufsichtsrat vorgestellt. Wie siehst du das Hertha-Projekt und was sagst du dazu, dass immer mehr ehemalige Spieler Posten in Vereinen erhalten?


Da muss ich kurz überlegen. Zu Hertha erstmal: Ich finde es grundsätzlich gut, dass der Hauptstadtclub eine größere Nummer spielen soll. Die Städte wie London, Rom oder auch Madrid haben ja zum Beispiel große Clubs. Hertha spielt Bundesliga, aber eben nicht Europa-League oder Champions-League. Negativ finde ich allerdings, dass mit den Millionen vom Investor Windhorst, die Bundesliga einen neureichen Verein dazugewonnen hat, und dieses Vorhaben bisher nur von Misserfolgen begleitet wurde. Deshalb finde ich das Projekt Hertha negativ, weil aus meiner Sicht kein Konzept zu erkennen ist, siehe Klinsmann. Es werden wahllos Millionen in Spieler investiert, ohne dabei nachhaltig zu wirtschaften. Man könnte vielmehr die Millionen in die Jugendarbeit und besser gesagt in das Nachwuchsleistungszentrum stecken, um die Jugend weiter gut aufzubauen und ein Fundament zu schaffen. Zu der Personalie Lehmann kann ich sagen: Nur weil man als Profi gut war, heißt das noch lange nicht, dass man als Funktionär eine gute Figur abgibt.


Kommen wir zu den Bayern zurück. Wenn du eine Lederhose wärest, wie würde die denn genau aussehen?


(Lacht.) Gute Frage. Da muss ich ein bisschen länger überlegen. Gar net so einfach. Wenn ich eine Lederhose wäre, dann würde die auf jeden Fall bis unterhalb des Knies gehen, weil zu viel Beinfreiheit bei den Frauen nicht immer gut ankommt (lacht). Aber auch nicht ¾ lang, das wäre wiederum zu lang. Ich wäre auf jeden Fall aus gutem Material, weil mir Qualität und Technik (auch beim Fußball) wichtig sind. Dann hätte meine Lederhose auf jeden Fall das FC Bayern Emblem eingraviert, da die Lederhose aus Bayern kommt. Ich bin ja auch sehr heimatverbunden, von daher passt das. Aber natürlich wäre ich ein Unikat, weil es mich nur einmal gibt (grinst).


Das hast du aber schön gesagt. Am liebsten würde ich gerne mit diesem Schlusswort enden, allerdings fehlt noch das Wichtigste: die Nominierung. Wen nominierst du, den wir deiner Meinung nach mit Fragen durchlöchern sollten?


Ich nominiere hiermit den Steven Schmelter vom FV Wehrda, da ich denke, dass er hier im Kreis bekannt ist. Der hat einige Geschichten zu erzählen, auf die ich mich schon sehr freue.

Aufrufe: 020.5.2020, 18:06 Uhr
Louis LambertAutor