2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
– Foto: Thies Meyer

Behind the scenes: Das etwas andere Portrait über Yannick Weber Teil 1

+++ VL Mitte +++ Portrait mit Blick hinter die Kulissen +++ Yannick Weber vom FV Breidenbach +++

Von TSG Wieseck zu Mainz 05, dort vier Jahre lang gespielt, ehe der Wechsel zu Rot-Weiß Erfurt kam. Juniorenbundesliga, Duelle gegen heutige Nationalspieler wie Timo Werner oder das Bayern-Quartett Gnabry, Goretzka, Süle und Kimmich oder ein Probetraining im Borussia-Park. Dass die jetzigen Mitspieler der Abwehrkante Yannick Weber vom FV Breidenbach von all dem am Anfang gar nichts wussten, sagt einiges über den Charakter und die Bodenständigkeit des heute 25-Jährigen aus.

Dabei hat der Abwehrspieler des Verbandsligisten FV Breidenbach erst als Neunjähriger mit dem Vereinsfußball beim VfB Lohra angefangen, da er sich vorher der Leichtathletik verschrieben hatte. Vielleicht erklärt dieser Background auch seine überdurchschnittlichen physischen Fähigkeiten in der Jugendzeit. Nach gerade einmal zwei Jahren im Fußballverein aus der Gemeinde des mittelhessischen Landkreises Marburg-Biedenkopf kam der Wechsel zur TSG Wieseck, der sich selbst als Jugendförderzentrum beschreibt und durch seine Kooperation zum Nachwuchsleistungszentrum von Eintracht Frankfurt einen engen Kontakt zum Bundesligisten pflegt.


Direkt nach dem Wechsel avancierte Yannick Weber zum Kapitän und führte sein Team durch die ein oder andere Schlacht. Aufgrund der engen Zusammenarbeit seines Vereins mit Eintracht Frankfurt scheint der Wechsel des damals erst 13-Jährigen zum FSV Mainz 05 etwas bizarr, doch ist dies mit den Ambitionen seiner damaligen Trainerin zu begründen. Petra Vonthin war sehr engagiert, gerade was das Organisieren von Testspielen anging, weshalb die Jugend von Wieseck regelmäßig gegen Mannschaften aus Nachwuchsleistungszentren wie Schalke 04, Borussia Dortmund, SV Werder Bremen den Hamburger SV oder eben Mainz 05 spielte. Ein Betreuer des letztgenannten Teams unterhielt sich während des Testspiels von Wieseck gegen Mainz 05 mit einigen Eltern, eben auch mit denen von Yannick Weber, woraufhin fünf Spieler zum Probetraining in die Landeshauptstadt des Landes Rheinland-Pfalz eingeladen wurden.


Letztendlich erschienen bei dem Training allerdings nur drei Spieler, darunter auch Yannick Weber, da den anderen beiden Spielern einerseits die Strapazen und andererseits der Mut für einen solchen Schritt zu groß vorkamen. Mit der Zusage für den Wechsel von einer sehr talentierten Wiesecker Mannschaft zu Mainz 05 in die U14 gingen auch zahlreiche Gespräche mit den Eltern einher, da ohne ihre Bereitschaft und Hilfe ein solcher Wechsel niemals möglich gewesen wäre. Die Jungs verzichteten für diese Chance auf sehr viel Freizeit und nahmen dafür hohe Strapazen auf sich. Eine Strecke beträgt 130 Kilometer, und das ist nur der Hinweg, den die Eltern abwechselnd fünf Mal die Woche gleich zweimal pro Tag bewältigten. Eine Sache, die Yannick Weber bis heute nicht bereut. Stattdessen spricht vielmehr der Stolz aus ihm, wenn er sich an diese Zeit zurückerinnert und begründet seine damalige Entscheidung heute wie folgt: „Zwar hat Mainz 05 uns auch bei den ersten Gesprächen schon darauf hingewiesen, wie gering die Chance Fußballprofi zu werden ist, dass die Schule deshalb parallel laufen muss, man auf viel verzichten muss, doch hatte ich den absoluten Ehrgeiz diese Chance zu ergreifen. Für diese Chance hätte ich auch mein letztes Hemd gegeben. Heute bin ich sehr dankbar, dass ich diese Chance wahrgenommen habe und muss mich aber auch noch mal bei den Eltern bedanken, da es ohne sie einfach nicht funktioniert hätte.“ Und so wurden die drei Talente aus dem Wiesecker Raum drei Jahre lang von ihren Eltern per Fahrgemeinschaft zum Training bei Mainz 05 gefahren.


Wie viele Stunden Yannick Weber alleine im Auto für den Traum des Profifußballers auf sich genommen hat, ist nicht überliefert. Das es am Ende nicht zur Erfüllung dieses Traums kam macht ihn allerdings nicht traurig. Stattdessen schaut er gerne zurück und erinnert sich an viele unvergessliche Erlebnisse, um die ihn heute zahlreiche Jugendliche sicher beneiden. Ob es jetzt zum Beispiel das Erlebnis gegen den damaligen Stuttgarter Stürmer Timo Werner, der schon zu der Zeit als herausragendes europaweites Talent galt, ist, dem er im Duell den Schneid abkaufte, was Werner letztendlich mit Beleidigungen gegen Yannick Weber und der Verweigerung des Handshakes quittierte. Oder einfach das Drumherum in Mainz. Die familiäre Stimmung, der Zusammenhalt, die Ehrlichkeit sowie die fest im Leitfaden verankerten Eigenschaften wie Toleranz und Respekt. Gerade die Kommunikation der Mainzer Verantwortlichen schätzt er auch heute noch. Spätestens nach jedem Schuljahr beziehungsweise einer Saison wurde sich sowohl allein mit dem Spieler als auch mit den Eltern hingesetzt und über das Sportliche sowie Schulische, aber auch die persönliche Entwicklung gesprochen. „In der Jugend hattest du eine Betreuung, wo sich andere heute noch die Finger lecken würde“, sagt Yannick Weber angesprochen auf die damalige Zeit bei den Mainzern. Und führt fort: „Damals hattest du Physiotherapeuten, Ärzte, jede Menge Trainer wie Individual- und Athletiktrainer, Pädagogen etc. Wir hatten sogar extra einen Pädagogen an unserer Schule, der nur für die Spieler von Mainz 05 verantwortlich war. Statt sich auf diesem Level auszuruhen, haben sich die Mainzer herausragend weiterentwickelt und gehören mittlerweile nicht umsonst zu einem der besten Nachwuchsleistungszentren in Deutschland“ lobt Yannick Weber die Arbeit der Verantwortlichen. Und das vor allem ohne eine riesige Finanzkraft im Rücken, wenn man das mit anderen Nachwuchsleistungszentren vergleicht. Für Yannick Weber sind die zahlreichen Trainer auf Top-Level ein Schlüssel für diese Entwicklung, wie beispielsweise Martin Schmidt (aktuell vereinslos, trainierte Mainz 05 II von 2010 – 2015; d. Red.), Marco Rose (aktueller Cheftrainer beim Bundesligisten Borussia Mönchengladbach und trainierte als Co-Trainer Mainz 05 II von 2010 – 2012; d. Red.), Thomas Tuchel (aktueller Cheftrainer vom französischen Erstligisten Paris Saint-Germain und trainierte Mainz 05 U19 von 2008 – 2009; d. Red.) oder Sandro Schwarz (aktuell vereinslos und trainierte Mainz 05 U19 von 2013 – 2015 sowie Mainz 05 II von 2015 – 2017; d. Red.).


Geschichten hat Yannick Weber von seiner aufregenden Jugendzeit genug, die ihm für immer im Gedächtnis bleiben. Einige vor allem aus der U17 von Mainz 05. Als einziger des Dreiergestirns aus Wieseck entschied sich Yannick Weber für den Verbleib bei Mainz 05 und den Schritt weg von zuhause hin ins Nachwuchsleistungszentrum an der Isaac-Fulda-Alle. Für Lukas Ströhmann (spielt aktuell für den SV 88 Gusternhain in der KLA Dillenburg; d. Red.) und Felix Thörner (spielt aktuell für die SG Treis/Allendorf in der KOL Süd; d. Red.) führte der Weg wieder zurück ins altbekannte Wieseck und die damalige U17. Mit den Worten: „Ich würde nicht sagen, dass ich besser war als die, wir waren auf ähnlichem Niveau, allerdings haben sie sich eben den Schritt nicht zugetraut und sich eher für die Schule und ihre Karrierelaufbahn entschieden“, probiert Yannick Weber den Weg der drei hessischen hin zu einem Musketier bei Mainz 05 zu erklären. Das es dieser Schritt in sich hat, muss an dieser Stelle nicht noch mal erwähnt werden. Auf der einen Seite weg von zuhause und auf der anderen Seite das Risiko zu scheitern. Doch ohne den Mut hätte er heute sicherlich deutlich weniger zu erzählen, was das Innenleben des Fußballs in Deutschland und seine Ereignisse angeht.


Besonders gerne erinnert er sich an das Qualifikationsspiel zur Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika zwischen Irland und Georgien, dass aufgrund von Aufständen in Georgien ins Mainzer Bruchwegstadion verlegt wurde. Kurz vor dem Anpfiff des Spiels war den Verantwortlichen aufgefallen, dass sie für keine Kinder, die die Nationalflaggen der beiden Teams reintragen, gesorgt hatten, weshalb kurzerhand Spieler der gerade trainierenden U14 Mannschaft gefragt wurden. Yannick Weber konnte sich noch kurz entscheiden, mit welcher der beiden Flaggen er lieber raufläuft. Seine Wahl fiel recht schnell auf die grün-weiß-orange Fahne, worüber der Rothaarige noch heute schmunzeln muss. Plötzlich stand er neben Spielern wie Robbie Keane, John O' Shea, Shay Given und Richard Dunne. Gerade letzteren kannte er aus Erzählungen und dem Training bestens. Als Meikel Schönweitz, der damalige U17 Trainer von Mainz 05 und heutige Nachwuchs-Cheftrainer der deutschen Nachwuchsnationalmannschaften, aufgrund seines Fußballlehrers nicht bei den Trainingseinheiten dabei sein konnte, sprang Stefan Hofmann, jetziger Vorstandsvorsitzende vom 1. FSV Mainz 05, interimsweise ein. Bei den Übungen am Kopfballpendel war ich immer sein Vorzeigemodell wo er dann sagte: „Das ist irische Kopfballschule, wie Richard Dunne.“ So schnell schließt sich ein Kreis. „Dafür habe ich dann beim Fußball-Tennis nicht so geglänzt, muss ich ehrlicherweise sagen“, fügt Yannick Weber seiner Geschichte hinzu.


Das war aber nicht seine einzige Erfahrung mit Profifußballern. Da die Mainzer Profis auf demselben Gelände wie die Nachwuchsteams trainierten, sind sie Yannick Weber häufiger mal über den Weg gelaufen. Den ein oder anderen flotten Spruch beziehungsweise ein lockeres Gespräch gab es natürlich gratis. Als Yannick Weber bei einem Pflichtspiel mit der U17 verletzungsbedingt vom Feld musste, führte sein Weg in die Kabine der Profis, da der Arzt gerade in der Umkleide der Bruchweg-Jungs war. Als er mit seinem ausgekugelten Finger, der hing sprichwörtlich auf halb acht, in die Kabine kam, schauten die Jungs wie Marco Caligiuri (Kapitän vom Zweitligisten Greuther Fürth und Bruder vom Schalke Profi Daniel Caligiuri; d. Red.), Lewis Holtby (aktueller Spieler vom englischen Zweitligisten Blackburn Rovers; d. Red.) und André Schürrle (von Borussia Dortmund an den russischen Erstligisten Spartak Moskau ausgeliehen; d. Red.) nicht schlecht. Der jetzige Fürther fragte nur, ob er mal anfassen könnte. „Na klar“ antwortete Yannick Weber und als Caligiuris Hand seinen Finger berührte, verzog er schmerzverzerrt sein Gesicht. Da fühlte sich der damalige Mainz Profi plötzlich schuldig, ehe der heutige Spieler des FV Breidenbach den Scherz und sein schauspielerisches, schmerzverzerrtes Gesicht auflöste. „Danach war mächtig was los in der Kabine“ so Yannick Weber über seinen Streich mit dem Profi.


Auch solche Geschichten lassen sein Herz erwärmen, wenn er an die Mainzer Zeit zurückdenkt. Ein Eisen hat der Abwehrspieler immer noch im Feuer. Da es mit der Profikarriere als aktiver Fußballer nichts geworden ist, besteht noch die Hoffnung nach seinem Master im Marketing in anderer Position den Profifußballnäher zu kommen. Zu vielen Mainzern pflegt er auch weiterhin noch guten Kontakt, zuletzt war er vor drei Jahren in der Geschäftsstelle, die den Rotschopf noch alle wiedererkannten.

Aufrufe: 021.6.2020, 14:00 Uhr
Louis LambertAutor