2024-05-16T07:18:09.875Z

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Uwe Brinkmann möchte nicht an starren, alten Muster festhalten und möchte mit neuen Ideen für Begeisterung bei den Jungs und Mädels sorgen, die dem Fußball lange erhalten bleiben sollen.
Uwe Brinkmann möchte nicht an starren, alten Muster festhalten und möchte mit neuen Ideen für Begeisterung bei den Jungs und Mädels sorgen, die dem Fußball lange erhalten bleiben sollen. – Foto: System/stock.adobe

„Glückliche Kinder sind die schönste Belohnung als Trainer“

Nachspielzeit mit Uwe Brinkmann +++ Als Teil der Arbeitsgruppe „Kinderfußball“ an Umsetzung des DFB-Kindertrainer-Zertifikats beteiligt +++ Neue dezentrale Trainerausbildung soll Qualität im Kleinfeldbereich erhöhen

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Mainz. In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Uwe Brinkmann. Der 57-Jährige ist Lehrreferent beim Südwestdeutschen Fußballverband (SWFV) und Trainer des „Perspektivteams“ (U8) von Mainz 05. Er betreute einst als sportlicher Leiter im Nachwuchsleistungszentrum von Mainz 05 die heutigen U21-Europameister Ridle Baku und Finn Dahmen und erzählt, wie die beiden 05er-Eigengewäche den Sprung ins Profigeschäft schafften. Wenn es nach Brinkmann geht, sollen die Bakus und Dahmens der Zukunft bereits im Kleinfeldbereich eine bessere Ausbildung genießen. Wie der Deutsche Fußballverband (DFB) mit dem „Kindertrainer-Zertifikat“ mehr Spielentscheider ausbilden und strukturelle Nachteile gegenüber den Nachbarländern kompensieren möchte, verrät er uns im Interview.

Mit der Einführung des DFB-Kindertrainer-Zertifikats startet erstmals eine speziell für Kindertrainer konzipierte Trainerausbildung. Die Landesverbände sind dabei für die Umsetzung zuständig, die dezentral in den einzelnen Kreisen der Verbände durchgeführt werden. Bereits im letzten Jahr starteten einige Landesverbände mit dem Zertifikat als Pilotprojekt, jetzt beginnt auch der SWFV offiziell damit. Uwe Brinkmann war von Anfang an als Teil der AG „Kinderfußball“ in den Prozess involviert und erklärt unter anderem, wie die Ausbildung für die Trainer der jüngsten Talente aufgebaut ist.

Uwe, wie schön waren für dich die Bilder vom 6. Juni, als deine ehemaligen Schützlinge Ridle Baku und Finn Dahmen den U21-EM-Pokal in die Höhe streckten?

Das war natürlich ein besonderer Moment. Sowohl Ridle als auch Finn haben viel investiert, um dorthin zu kommen, darum hat es mich sehr für die beiden gefreut. Ridle kam damals zu den Mainzern, da ich seinen älteren Bruder Dali in der U14 trainierte und der Vater mal nach einem Probetraining für seine Zwillinge Rudi und Ridle fragte. Beide kamen dann zu uns in die U10, Finn kam ein Jahr später zur U11.

War der Weg ins Profigeschäft für die beiden bereits vorgeebnet?

Nein, keineswegs. Beide haben es aus meiner Sicht über harte Arbeit und einen großen Ehrgeiz auf dieses Level geschafft. Ich habe sie auch in Fördertrainings und bei Turnieren mal selbst trainiert, beide waren sehr strukturiert und unheimlich fleißig.

Die beiden U21-Europameister kamen bereits als kleine Jungs zu Mainz 05 und haben nahezu ihre komplette Ausbildung dort genossen. Auf was habt ihr damals im Kleinfeldbereich Wert gelegt?

Wir haben damals schon großen Wert auf Technik, Koordination und Schnelligkeit gelegt. Es gab auch da schon Trainingsschwerpunkte, die in jeder Altersgruppe festgelegt waren. Gerade bei den Kleinsten standen Spielformen mit einer begrenzten Anzahl an Spielern auf der Tagesordnung, damit jeder möglichst viele Ballkontakte sammelt.

Der DFB möchte nun den Kinderfußball mit einer neuen Trainerausbildung für diesen Altersbereich stärken. Wie kann man sich das vorstellen?

Die Ausbildung besteht aus drei Online-Phasen und zwei Präsenz-Veranstaltungen. Die Ausbildung ist kostenlos und zudem deutlich zeitsparender als komplette Trainerlizenzen. Man muss „nur“ zwei Samstage anstatt drei Wochen wie bei einer B-Lizenz investieren. Für die Online-Phasen stehen Module zur Verfügung, die zeitlich flexibel absolviert werden können. Außerdem muss niemand nach Edenkoben reisen, die Präsenz-Veranstaltungen werden dezentral in den Kreisen des SWFV angeboten.

Gibt es eine Prüfung, wie man sie von den Trainerlizenzen kennt?

(lacht) Nein, Prüfungsangst muss hier niemand haben. Die Ausbildung läuft ohne Prüfung ab, aber aktive Mitarbeit ist gefordert. Die „Kinderlotsen“ als Lehrgangsausbilder setzen auf einen Mix aus Übungen und Fragestellungen, da sollen alle Teilnehmer zur Diskussion angeregt werden.

Wie lautet die Zielsetzung mit der neuen Kindertrainer-Ausbildung seitens der Verbände?

Wir wollen dadurch auf kurze und lange Sicht besser ausgebildete Kindertrainer. Es ist unheimlich wichtig, dass unsere jüngsten Kicker altersgerecht trainiert werden. Daher sollen möglichst alle Kindertrainer im Verbandsgebiet diese Basis-Ausbildung erhalten. Wenn die Trainerqualität zunimmt, profitieren die Kinder davon und wir bekommen insgesamt mehr Qualität ins Training und in die Führung der jungen Talente.

Wird es auch Veränderungen im Spielbetrieb für den Kleinfeldbereich geben?

Ja, das steht schon länger fest. Ab der neuen Saison gilt im Verbandsgebiet, dass sich im G- und F-Jugend-Bereich zwei Teams treffen und ein „Spielfest“ veranstalten. Dabei sollen mindestens zwei Felder aufgebaut werden. In einem wird Vier gegen Vier plus Torhüter auf Kleinfeldtore gespielt, das andere ist ein „Funino-Feld“ mit Drei gegen Drei auf Mini-Tore. Damit wollen wir gewährleisten, dass jedes Kind spielen kann und Erfolgserlebnisse sammelt. Der SWFV stattet auch jeden Verein auf Wunsch mit zwei Minitoren aus, bei Vereinen mit G- und F-Jugend sogar mit vier Toren.

In der E-Jugend wird aber weiterhin Sieben gegen Sieben gespielt?

In der kommenden Saison auf jeden Fall, aber langfristig sieht das DFB-Konzept auch vor, in der E-Jugend Vier gegen Vier zu spielen. Wenn man sich die Spanier anschaut, dort wird bereits seit über 30 Jahren Drei gegen Drei und Vier gegen Vier in diesem Altersbereich gespielt.

Wie begegnest du Kritikern, die von der Idee nicht überzeugt sind?

Man muss sie vom Konzept überzeugen. Gerade zu Beginn hatten wir bei Funino einige Kritiker, die sagten: „Das ist doch kein richtiger Fußball?!“ Nach einer kurze Eingewöhnungszeit finden es mittlerweile fast alle sinnvoll und sind nun selbst Verfechter vom „kleinen Fußball“ geworden. Man darf nicht vergessen, dass es auch mal die Zeit gab, als die E-Jugendlichen im Elf gegen Elf auf große Tore gespielt haben. Auch das wurde mal reformiert und da gab es auch Kritik. Heute wäre ein Elf gegen Elf zwischen Zehnjährigen unvorstellbar. Wir müssen uns die Offenheit für neue Ideen beibehalten, sonst hängen uns die anderen Nationen in der Talententwicklung ab.

Inwiefern haben andere Länder einen Vorsprung gegenüber Deutschland in der Nachwuchsausbildung?

Länder wie Spanien, Frankreich und Belgien haben vor ganz langer Zeit das Potential von kleinen Spielfeldern und Mini-Spielformen erkannt. Mit Blick auf deren Spitzenspieler kann man einen Unterschied erkennen. Auch die „goldene Generation“ der Belgier um Kevin De Bruyne und Eden Hazard hat mal im Drei gegen Drei angefangen und man sieht, sie kicken mit einer enorm hohen Spielintelligenz und sind Unterschiedsspieler.

Was ist dein Wunsch für die Zukunft, den du an die zahlreichen Kindertrainer in Deutschland richtest?

Für mich ist das wichtigste, dass die Kinder im Mittelpunkt stehen. Wir wollen bei unserer Ausbildung viele engagierte Trainer begeistern, die diese Begeisterung an die Kids weitertragen. Die neue Ausbildung soll vor allem auch den Kids im Breitensport helfen. Ich persönlich erhoffe mir durch die Fortschritte im Jugendfußball, bei der EM 2028 vielleicht schon andere Spielertypen im deutschen Dress zu sehen. Spielentscheider wie Mbappé bei Frankreich oder Pedri bei Spanien gilt es auszubilden, die Situationen erkennen und auf eine atemberaubende Art und Weise lösen.

Dieses Interview führte Dominik Theis.

Aufrufe: 08.7.2021, 10:00 Uhr
Dominik TheisAutor