2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Neben dem Athletik- und Rehatraining mit den Jahn-Profis nimmt Andy Gehlen auch bei der Spielvorbereitung die einzelnen Spieler des Gegners mittels diverser Datenbanken genauer unter die Lupe. Fotos: SSV Jahn
Neben dem Athletik- und Rehatraining mit den Jahn-Profis nimmt Andy Gehlen auch bei der Spielvorbereitung die einzelnen Spieler des Gegners mittels diverser Datenbanken genauer unter die Lupe. Fotos: SSV Jahn

Gehlens steiler Aufstieg beim Jahn

Der 31-Jährige begann beim SSV 2012 als Praktikant, jetzt macht er als Co-Trainer den Profis des Zweitligisten Beine.

Andy Gehlen wirft einen prüfenden Blick auf sein Tablet. Das Gerät blinkt und piepst im Sekundentakt. Herzfrequenz, zurückgelegte Kilometer, alle Bewegungen der Spieler werden erfasst und tabellarisch aufgelistet. Marco Grüttner und Co. tragen dafür spezielle Unterhemden, versehen mit einem GPS-Sensor, der die Daten liefert.

„Ein Super-Tool für die Trainingssteuerung“, schwärmt der Co-Trainer des SSV Jahn Regensburg. Der 31-Jährige ist beim Fußball-Zweitligisten schwerpunktmäßig für das Athletik- und Rehatraining der Zweitliga-Profis sowie des Leistungsbereiches in der Jahnschmiede zuständig. Der Mann, der den Jahnspielern Beine macht, hat einen steilen Aufstieg hingelegt bei den Oberpfälzern: vom Praktikanten zum Assistenten des Cheftrainers.


„Von 0 auf 100“

2012 brauchte der gebürtige Hannoveraner für sein Lehramtsstudium ein Praktikum. Aus den ursprünglich anvisierten drei Monaten wurden aber mehr. Von der U12 ging es als Co-Trainer zur U17, 2014 als Assistent zur U19. Am 23. Dezember 2015 gab es von Jahn-Geschäftsführer Christian Keller ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, wie Gehlen es bezeichnet. Mit Christian Brand verabschiedete sich auch Athetik-Trainer Björn Bornholdt aus Regensburg. Als Nachfolger hatte Keller Gehlen im Visier. „Das war wie im Film, als mich an Heiligabend dann Heiko Herrlich angerufen hat“, erzählt Gehlen, in jungen Jahren BVB-Fan. „Das war schon besonders. Einen Champions-League-Sieger am Telefon.“ Für den 31-Jährigen ging es „von 0 auf 100“. „Genial, dass mir der Verein das Vertrauen geschenkt hat“, blickt er zurück. Der Weg des SSV Jahn sei, „dass man intern die befähigten Leute auf die entsprechenden Positionen bringt“, weiß Cheftrainer Achim Beierlorzer.

Bei Spielen wird es für Gehlen, der nächste Woche die A-Lizenz in Angriff nimmt, und die Ersatzspieler meist ab der 55. Minute ernst. Wenn Beierlorzer das Zeichen gibt, geht es los. Dehnen, leichte Steigerungsläufe: Hinter dem Tor von Philipp Pentke dirigiert Gehlen die Reservisten beim Aufwärmprogramm. Am liebsten vor den eigenen Fans. Denn von den gegnerischen Anhängern werden die Regensburger meist nicht herzlich empfangen. „In der 3. Liga fand ich es noch lustig. Da wurde häufiger mit Popcorn oder Pizza geworfen“, erzählt Gehlen mit einem Schmunzeln im Gesicht. In der 2. Liga sei es aber mittlerweile schon häufiger der Fall, dass Feuerzeuge oder Ähnliches geworfen werden.


Familiäres Duell

Wenn am Sonntag um 13.30 Uhr in Braunschweig der Anpfiff ertönt, wird es für Gehlen auch in familiärer Hinsicht brisant. „Meine ganze Familie ist angesteckt mit dem Jahn-Virus“, sagt er. Vater Wilfried sei so begeistert, dass er die 545 Kilometer einfach von Hildesheim nach Regensburg bei Heimspielen des Öfteren abspult. Mütterlicherseits gebe es allerdings drei Geschwister, die alle Eintracht-Fans sind, erzählt Gehlen und schüttelt den Kopf. „Dann gewinne ich halt nochmal gegen meine Familie. Das wird super!“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Ob Oliver Hein mitmischt am Sonntag, steht noch nicht fest. Nach langer Leidenszeit ist der 27-Jährige aber endlich wieder in Schlagdistanz. Auch dank Gehlen. „Wenn man so intensiv zusammenarbeitet, wie das bei Andy und mir in den vergangenen Monaten der Fall war, ist es wichtig, dass es auch menschlich passt. Im Einzeltraining nach Verletzungen sorgt er dafür, dass auch der Spaß nicht zu kurz kommt“, sagt Hein. Gehlen sei ein akribischer Co-Trainer, der immer auch ein offenes Ohr für die Anliegen der Mannschaft und der einzelnen Spieler habe. „Er passt auch als Typ sehr gut zu uns“, sagt Hein über den 31-Jährigen, der nun schon seit einem Jahrzehnt in Regensburg wohnt. Zum Studium zog es Gehlen 2007 in die Domstadt. „Ich mag die Mentalität der Oberpfälzer und fühle mich pudelwohl hier“, sagt Gehlen, der selbst geschliffenes Hochdeutsch spricht. „Ich bin schon froh, dass ich mittlerweile alle verstehe.“ Während er sich als Student noch an der Kneipendichte erfreute, genießt er jetzt gemeinsam mit Freundin Julia eher die kulturellen Vorzüge, die Regensburg bietet.

Richtig abschalten vom Fußball kann er, wenn es Electro auf die Ohren gibt. Kabinen-DJ Philipp Pentke macht Gehlen aber keine Konkurrenz. Stolz hat er aber registriert, dass es die eine oder andere Nummer, die er beim Fitnesstraining auflegt, auch still und heimlich auf die heilige Kabinen-Playlist geschafft hat. Mit Laufen, Schwimmen und Krafttraining hält sich der 1,76 Meter große Jahn-Co-Trainer, der sich stets mit einem modischen Kurzhaarschnitt zeigt, selbst fit.

Als 15-Jähriger hegte Gehlen einst selbst den Traum vom Profifußball. Während seiner Zeit beim Bundesligisten Hannover 96 stoppte ihn aber eine Krankheit. Ein Blutgerinsel im Kopf setzte Gehlen ein Jahr lang außer Gefecht. „Mein Talent hätte auch so nicht ausgereicht, um Profi zu werden“, sagt er ganz bescheiden. In das Profigeschäft hat er es in anderer Funktion geschafft. Wann folgt der nächste Karriere-Schritt? „Ich bin noch jung und fühle mich als Co-Trainer super wohl beim SSV Jahn.“

Aufrufe: 01.3.2018, 19:00 Uhr
Felix KronawitterAutor