2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Will sich ab Sommer verstärkt um den Nachwuchs kümmern: VfL-Trainer Mariusz Rutkowski. Archivfoto: Herbert Krämer
Will sich ab Sommer verstärkt um den Nachwuchs kümmern: VfL-Trainer Mariusz Rutkowski. Archivfoto: Herbert Krämer

"Fußball-Lehrer? Das machen nur die Unsterblichen"

Interview: Michelstadts Trainer Mariusz Rutkowski über den Sieg gegen Georgenhausen und seine persönliche und sportliche Zukunft

Der VfL Michelstadt hat sich am vergangenen Sonntag in der Gruppenliga zu einem 2:0-Arbeitssieg über die abstiegsbedrohte KSG Georgenhausen gemüht. Im Anschluss haben wir mit Trainer Mariusz Rutkowski über das Spiel und seine privaten und sportlichen Zukunftspläne gesprochen.

FuPa Darmstadt: Mariusz, wie würdest du das Spiel deiner Mannschaft einordnen?

Mariusz Rutkowski: "Schwierig. Das war so ein bisschen Not gegen Elend. Unser Spiel ist momentan von vielen Ballverlusten geprägt. Wir sind relativ aggressiv ins Spiel gegangen, hatten gute Phasen am Anfang und konnten uns gute Chancen erarbeiten, aber wir machen einfach keine Tore. Wir stehen offensiv vorm Tor, können aber letztlich die Möglichkeiten, die wir uns erarbeiten, nicht nutzen. Dadurch sind wir extrem konteranfällig und das hat Georgenhausen sehr strak gemacht. Sie haben auf Konter gelauert und uns teilweise in die Bredouille gebracht. Das Problem der ersten Halbzeit waren unsere Standards. Nach jeder Aktion sind wir offen in einen Konter reingelaufen. Das darf uns so nicht passieren. Da hatten wir Glück, denn es waren einige Chancen für die KSG dabei. In der zweiten Halbzeit haben wir dann umgestellt und Georgenhausen war auch nicht mehr so präsent. In der Schlussphase waren die Jungs dann endlich wach. Aber die letzten Spiele von uns zeigen, dass wir immer bis zum Ende zittern müssen."

War es deine Vorgabe, von der ersten Minute an mit langen Bällen auf Kontersituationen umzuschalten?

Rutkowski: "Nein, das war gar nicht der Plan. Wir wollten gutes, feines Mittelfeld-Pressing spielen und auf die Fehler des Gegners lauern.Wir hatten schon Ballgewinne und auch gute Ansätze über die Flügel. Der letzte Pass und das Glück fehlt uns einfach zur Zeit. Die Jungs sind auch nicht so selbstbewusst, und uns fehlen einfach die Macher-Typen. Wir können miteinander nicht so viel trainieren. Das ist ein riesiges Problem, liegt aber daran, dass viele im Schichtbetrieb arbeiten und andere studieren. Wir können aufgrund verschiedener Komponenten nur freitags trainieren, und das geht in der Gruppenliga einfach nicht. Klar analysieren wir unsere Gegner in der Theorie, aber die Taktiktafel schießt keine Tore. Wir müssen die nächsten Spiele konsequenter mit unseren Chancen umgehen. Dann haben wir auch mal die Möglichkeit, auf Konter zu gehen. Wenn wir das Spiel machen müssen oder zurück liegen, dann ist es schwer."

Dein Engagement beim VfL in der Gruppenliga endet im Sommer. Was sind die Gründe dafür?

Rutkowski: "Ich habe zwei Söhne, um die ich mich einfach mehr kümmern möchte. Meine Familie sehnt sich nach mir, die Kinder weinen teilweise, wenn ich zum Training gehe. Ich trainiere meinen Sohn und die Bambinis schon drei Jahre lang, und da werde ich in der F-Jugend benötigt. Da spüre ich auch einfach den Unterschied. In der ersten Mannschaft habe ich eine sehr schwache Trainingsbeteiligung und die Jungs wollen sich nicht mehr weiter entwickeln. Sie sind zwar maßgeblich daran beteiligt, dass wir jetzt in der Gruppenliga spielen. Aber sie sind eben auch in die Jahre gekommen. Dazu kommt, dass die Umstände, die momentan gegeben sind, dazu führen, dass ich als Trainier nicht richtig arbeiten kann. Dann lohnt sich das im Moment für mich nicht. Ich muss in jedem Spiel eine andere Mannschaft aufstellen, da gibt es keine Konstanz. Wir können nicht an den Baustellen arbeiten, weil die Jungs einfach nicht da sind, und die Bank ist auch nicht üppig besetzt. Im Jugendbereich haben die Kids noch richtig Bock, wollen lernen und immer besser werden. Für mich ist es einfach schön zu sehen, wenn es im Training voran geht und sich jeder individuell verbessert. Das Leistungsprinzip ist mir zwar wichtig, aber nicht das Entscheidende. Wenn jemand wochenlang hart an sich arbeitet und kleinere Fortschritte macht, ist mir das lieber als jemand, der nicht richtig trainiert, weil er denkt, dass er es kann. Dann sitzt dieser Spieler in der nächsten Partie auf der Bank. Für mich geht es um das Leuchten in den Augen der Spieler und den Willen, im Training etwas erreichen zu wollen."

Jetzt bist Du bereits A-Lizenz-Inhaber, möchtest dich aber trotz der Entscheidung für die Jugend noch weiterbilden?

Rutkowski: "Ich bin immer bemüht, weiter zu kommen. Am besten so weit es geht. Fußballlehrer im Profibereich - das machen nur die Unsterblichen (lacht). Aber klar, ich habe ein paar Kontakte, die ich eventuell zum hospitieren nutzen könnte. Ich fahre auf die internationalen Trainerkongresse und schaue auch nach Angeboten beim Hessischen Fußball-Verband".

Das heißt, bei einem lukrativen Angebot bist du nicht abgeneigt, noch einmal was anderes zu machen?

Rutkowski: "Das gestaltet sich schwierig mit dem Odenwald als Heimat. Mir war gleich klar, dass es dann mit der Trainerkarriere vorbei ist. Das war eine Entscheidung für die Familie. Meinen Job als Trainer mache ich als Hobby, zudem bin ich ja auch verbeamtet und habe einen guten Job. Mein Schwerpunkt liegt nicht auf dem Fußball. Es gab zwar gute Angebote, aber dann muss ich dafür bereit sein und in Kauf nehmen, viermal die Woche über eine Stunde Fahrzeit zu investieren. Ich habe in der Vergangenheit bei Darmstadt 98 gearbeitet. Und mit der U17 oder U19 arbeiten zu dürfen, das würde mir schon Spaß machen. Verbandsliga oder Hessenliga wären auch eine Optionen, die ich gerne wahrnehmen würde. Das wäre nochmal ein richtiges Abenteuer. Aber wie gesagt, meine Kinder sollen erstmal groß werden und mit ihrem Papa Spaß haben. Wenn sie mich mit der Zeit dann nicht mehr brauchen, weil ich "Out" bin, dann habe ich Zeit, darüber nachzudenken (lacht)."

Also liegt die nahe Zukunft bei dir ausschließlich in der Jugendarbeit?

Rutkowksi: "Naja, ganz ohne Fußball kannn ich auch nicht. Ich trainiere hier die F-Jugend und bin auch wieder zum DFB Stützpunkt in Groß-Umstadt zurückgekehrt. In der Vergangenheit war ich schon drei Jahre für den Talentstützpunkt tätig. Die Stützpunkt-Arbeit macht mir deshalb so viel Spaß, weil wir eben im Bereich Odenwald und Kreis Dieburg Talente sichten. Das kann ich am Wochenende gut mit meinen Kindern vereinbaren und das Familiäre mit dem Fußball verbinden. Da habe ich dann zehn bis zwölf talentierte Spieler aus verschiedenen Vereinen, die einfach Lust haben und sich weiterentwickeln wollen. Das macht mir dann umso mehr Spaß."

Aufrufe: 02.4.2019, 11:06 Uhr
Pascal KörnerAutor