2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der Beginn der Euphoriewelle, die im Aufstieg mündete: Neumarkt siegte im Volksfest-Derby gegen die SpVgg SV Weiden. Es folgten 22 Spiele ohne Niederlage.
Der Beginn der Euphoriewelle, die im Aufstieg mündete: Neumarkt siegte im Volksfest-Derby gegen die SpVgg SV Weiden. Es folgten 22 Spiele ohne Niederlage. – Foto: Werner Franken

Entwächst die Neumarkter Rasselbande den Kinderschuhen?

Nach nur einer Saison Abwesenheit ist der ASV Neumarkt zurück in der Bayernliga – und hofft diese mit einer sehr jungen Truppe länger halten zu können.

Der Nachwuchs ist bereit und will die (Bayernliga-)Welt entdecken und erobern. Allerdings ohne den Vater (des Erfolges). Was irgendwie nach Reality-Soap klingt, ist die jüngste Vergangenheit und die Gegenwart des ASV Neumarkt. Die Rasselbande aus der nördlichen Oberpfalz, die in Teilen bereits beim Fünftliga-Abstieg 2019 dabei war, hat den direkten Wiederaufstieg gepackt. (Zwischen-)Ziel erreicht. Denn nun warten neue Herausforderungen, aber auch Möglichkeiten auf einem Terrain, das die "Adler", wie sich die Mannschaft selbst nennt, bisher nicht dauerhaft für sich beanspruchen konnten.

Die Ansprüche rund um das Stadion am Deininger Weg sind klar. Möglichst soll die Erfolgsserie der 70er- und frühen 80er-Jahre ein Revival erleben. Der Fahrstuhl soll verlassen, die Bayernliga wieder zum natürlichen Habitat werden. "Aus unserem Selbstverständnis heraus gehören wir ganz klar in diese Liga", lässt Michael Delikahya keinen Widerspruch zu. Trotz dieser klaren Devise weiß der Sportliche Leiter, dass es bei seiner Aussage ein kleines Aber gibt. Die Truppe um Jonas Marx ist jung, talentiert und ehrgeizig. Keine Frage. Sie ist aber auch noch unerfahren und muss deshalb in manchen Phasen Leergeld bezahlen.

So geschehen zu Beginn der vergangenen Spielzeit. Die ersten Spiele in der Landesliga Mitte liefen eher durchwachsen. Doch dann folgte das "glorreiche" (Delikahya) Volksfest-Kracher gegen die SpVgg Weiden. Vor 500 Zuschauern siegte Neumarkt mit 4:1. Ein Erfolg, der für sich ein Ausrufezeichen war. Ein Dreier, der aber auch zur Initialzündung wurde. Denn in der Folge blieb der ASV 22 Spiele (!) ohne Niederlage. Seebach beendete zwar diese beachtliche Serie, der Aufstieg - wenn auch am Grünen Tisch – geriet jedoch nicht mehr in Gefahr.


Mit jedem Sieg wurde es einfacher, weiter zu siegen

Der ASV Neumarkt bediente innerhalb kürzester Zeit vorzüglichst das Klischee einer jungen Mannschaft. Die Verantwortlichen hatten Geduld (in der Anfangsphase der Saison 2019/21) und wurden dafür belohnt (mit der Bayernliga-Rückkehr). "Keiner hat nur im geringsten erahnen können, dass es so gut laufen wird für uns", gibt Michael Delikahya zu. "Doch mit jedem Sieg wurde es einfacher, weiter zu siegen. Und irgendwann schwammen wir nur noch auf der Euphoriewelle." Doch im Fußball ist bekanntlich nach dem Spiel vor dem Spiel und nach der Saison vor der Saison. Will heißen: Die zweifelsohne starke Leistung muss ab Ende Juli bestätigt werden - und das auch noch eine Etage höher.

Bereit zum Start in die Bayernliga: Die Abteilungsleitung mit Trainer, Hauptsponsor und den Neuzugängen.
Bereit zum Start in die Bayernliga: Die Abteilungsleitung mit Trainer, Hauptsponsor und den Neuzugängen. – Foto: Hans Gleisenberg


Dass die Bayernliga eine andere Hausnummer ist als die Spielklasse drunter, ist dem Sportlichen Leiter des Aufsteigers bewusst. Es stehen prestigeträchtige Duelle gegen die Oberpfalz-Rivalen Ammerthal, Gebenbach und Seligenporten an. Es geht gegen absolute Topteams mit Regionalliga-Niveau wie Vilzing und Erlangen. "Die letztjährige Landesliga Mitte war nicht schlecht, aber es waren halt auch sechs Bezirksliga-Aufsteiger dabei. Deshalb glaube ich schon, dass die Bayernliga Nord um einiges stärker sein wird." Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Auch nicht in Neumarkt. Deshalb ist die Vorgabe für 2021/22: "Ein richtig schöner frühzeitiger Klassenerhalt."

Der ganze Verein steht hinter diesem Bestreben. In Verbindung mit dem Hochgefühl nach der Landesliga-Meisterschaft hat sich in Neumarkt gewissermaßen eine Wohlfühl-Atmosphäre eingestellt, was aber keinesfalls heißen soll, dass man sich auf dem Erreichten ausruht. Getrübt würde die positive Stimmung aber eindeutig durch das Ausscheiden von Trainer Benedikt Thier. Der 33-jährige Vater des Erfolges, der schon in der Abstiegssaison den Aufbau des Teams initiiert, den er mit dem Wiederaufstieg krönte, hat sich aus privat-beruflichen Gründen verabschiedet. "Das ist schon ein großer Verlust für den Verein - und auch für mich persönlich", verdeutlicht Delikahya.

Der Prokurist des ortsansässigen Krankenhauses war nicht nur "Co" im Trainerteam von – Thier, sondern ihn verbindet mit seinem ehemaligen Chef sogar eine Männerfreundschaft – die bis heute besteht. "Mit dem unerwarteten Trainerwechsel wollten wir dann einen kompletten neuen Wind reinbringen", begründet der 36-Jährige sein Ende als Assistent, das gleichbedeutend war mit seinem Start als Fußballchef. Diese Beförderung und der damit verbundene Wechsel in den administrativen Bereich darf als Treuebekenntnis zum ASV Neumarkt verstanden werden. "Ja, das stimmt schon", bestätigt er selbst diese Vermutung. "Ich bin mit dem Verein eng verbunden und bin deshalb bereit, noch mehr Verantwortung zu übernehmen."


Die Aura von Ex-Profi Jürgen Schmid

Den Ton angeben soll künftig im direkten Umfeld der Mannschaft Neu-Trainer Jürgen Schmid. Der Ex-Profi sei mit seiner Aura der ideale Nachfolger von Benedikt Thier und die jungen Akteure würden bereits jetzt an seinen Lippen hängen. "Der klassische Tapetenwechsel scheint Wirkung zu zeigen", zieht der Sportliche Leiter, dessen erste Amtshandlung es war den ehemaligen Jahn-Spieler als Coach zu verpflichten, ein erstes Zwischenfazit.

Vom Co-Trainer zum Fußballchef: Michael Delikahya (mit schwarzer Mappe) ist nun das Gesicht des ASV Neumarkt.
Vom Co-Trainer zum Fußballchef: Michael Delikahya (mit schwarzer Mappe) ist nun das Gesicht des ASV Neumarkt. – Foto: Werner Franken


Noch einem weiteren Neuen, aber gleichzeitig auch alten Bekannten, soll eine Schlüsselrolle zukommen. Nach Intermezzi in Ammerthal und Seligenporten kehrt Stürmer Christian Schrödl zu seinem Ausbildungsverein zurück. Ansonsten kann der ASV als Zugänge nur Talente aus dem eigenen Nachwuchsbereich vermelden. Wobei Delikahya das Wort "nur" sogleich relativiert: "Das ist unser Weg und den wollen wir weitergehen." 23 Mann stehen im Kader für Einsätze bereit. Die Planungen sind abgeschlossen – außer es "ergibt sich etwas sinnvolles. Vor allem in der Defensive könnte sich noch was tun."

Alles in allem vertrauen die Verantwortlichen dem eigenen Nachwuchs. Das wird nicht nur zwischen den Zeilen deutlich, sondern auch vom Fußballchef mehrmals unterstrichen. Man will der Rasselbande die Möglichkeit geben, die Fußballwelt zu entdecken und zu erobern. Selbst wenn die jungen Kerle dann doch noch manchmal in den Kinderschuhen stecken bleiben...

Aufrufe: 016.6.2021, 10:20 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor