2024-05-02T16:12:49.858Z

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DAs Stadion Grotenburg ist Ort eines legendären Europapokalspiels.
DAs Stadion Grotenburg ist Ort eines legendären Europapokalspiels. – Foto: Marcel Eichholz

El Milagro: Der Wundertorwart der Grotenburg als Theaterheld

Das le­gen­dä­re Fuß­ball­spiel von Bayer 05 Uerdingen von 1986 ist Stoff fürs Thea­ter. Wer­ner Vol­l­ack er­in­nert sich.

Je­des Fuß­ball­spiel ist ein Dra­ma mit of­fe­nem Aus­gang - al­so gar nicht weit ent­fernt vom Thea­ter. Der le­gen­dä­re Sieg von Bay­er 05 Uer­din­gen ge­gen Dy­na­mo Dres­den im Eu­ro­pa­po­kal 1986 ist durch­aus Stoff für die Büh­ne. „Ich ha­be va­ge Er­in­ne­run­gen an die Vor­be­rei­tung im Trai­ningla­ger. Aber vom Spiel ha­be ich al­les ge­spei­chert. Je­de Se­kun­de“, sagt Wer­ner Vol­l­ack.

Er stand im Tor bei je­ner Be­geg­nung, die als Wun­der von der Gro­ten­burg Fuß­ball­ge­schich­te schrieb und er­hielt von der spa­ni­schen Pres­se den Bei­na­men „El Mi­la­gro“ (das Wun­der). „Es war nicht nur aus sport­li­cher Sicht so be­son­ders, son­dern auch we­gen der tra­gi­schen mensch­li­chen Ge­schich­ten. Wir ha­ben uns ge­freut über den Sieg, wir ka­men ins Halb­fi­na­le. Das war gro­ß­ar­tig. Ab­ge­se­hen von Aus­nah­me­spie­ler Mat­thi­as Her­get wa­ren wir ja al­le No­bo­dys, kei­ne Stars, aber wir wa­ren hung­rig, of­fen­

Es war ein dra­ma­ti­sches Spiel, das sich in der zwei­ten Halb­zeit kom­plett dreh­te. Bay­er 05 ver­wan­del­te den 1:3-Rück­stand in ein 7:3 „Wir wa­ren im Rausch und un­glaub­lich froh über den Sieg. An die Ver­lie­rer hat nie­mand ge­dacht.“

Ein Thea­ter­stück nimmt das jetzt in den Fo­kus. Rü­di­ger Höf­ken hat „Das Wun­der von der Gro­ten­burg“ ge­schrie­ben. In sze­ni­scher Le­sung mit thea­tra­len Ele­men­ten kommt es auf die Stu­dio­büh­ne der Fa­brik Hee­der. Am Mittwoch ist Ur­auf­füh­rung.

Menschliche Komponente im Fußball

Höf­ken hat das Spiel als 21-Jäh­ri­ger im Sta­di­on er­lebt - und die mensch­li­chen und po­li­ti­schen Di­men­sio­nen der deutsch-deut­schen Be­geg­nung im noch ge­teil­ten Deutsch­land eben­falls nicht er­mes­sen kön­nen. Im Stück ist die­se Ebe­ne aus der Sicht ei­ner deutsch-deut­schen Fa­mi­lie be­leuch­tet. Es ist die mensch­li­che Kom­po­nen­te, die auch Vol­l­ack bis heu­te be­rührt. Er hat Kon­takt ge­sucht zu den Ver­lie­rern von da­mals, Freund­schaf­ten sind ent­stan­den, Ein­bli­cke in Schick­sa­le, die ihm un­ter die Haut gin­gen.

Zum Bei­spiel Frank Lipp­mann: Der Schüt­ze des 1:2 für Dy­na­mo hat sich nach dem Spiel ab­ge­setzt. „Er ist im Wes­ten ge­blie­ben. Sei­ne Freun­din und sein drei Mo­na­te al­tes Kind hat er zu­rück ge­las­sen. Was die Frau mit­ge­macht ha­ben muss“, meint Vol­l­ack. Er hat von Lipp­mann er­fah­ren, dass sie ihm spä­ter mit dem Kind über Un­garn ge­folgt ist. „Sie sind seit 31 Jah­ren glück­lich ver­hei­ra­tet. Aber was da­mals wirk­lich los war, wird man nie er­fah­ren.“

Immense Folgen des Europapokalspiels

Das ver­lo­re­ne Spiel ge­gen den Klas­sen­feind ha­be in der DDR im­mense Fol­gen ge­habt. Auch Höf­ken ha­be, als er das Stück in Dres­den ge­schrie­ben hat, noch er­heb­li­che Res­sen­ti­ments er­lebt: „Es gibt so­gar Ver­schwö­rungs­theo­ri­en.“

Was Vol­l­ack lan­ge um­ge­trie­ben hat, ist die Si­tua­ti­on des Dresd­ner Tor­warts Jens Ram­me. Als Stamm­tor­hü­ter Bernd Ja­ku­bow­sky mit ei­ner Ver­let­zung aus­schied, muss­te der da­mals 18-jäh­ri­ge Er­satz­mann ran. „Der Jun­ge tat mir un­end­lich leid. Man gab dem Tor­wart die Schuld an der Nie­der­la­ge, aber es lag an der schlech­ten Mann­schaft. Und am Trai­ner: Klaus Sam­mer hat vor dem Ein­satz über­haupt nicht mit dem Jun­gen ge­spro­chen, auch kein an­de­rer Spie­ler - nur ein Par­tei­funk­tio­när.“ Er er­in­nert sich noch an die ei­si­ge Stil­le in der ei­ge­nen Mann­schafts­ka­bi­ne in der Halb­zeit­pau­se. „Kei­ner sag­te was, selbst der Trai­ner nicht. Erst als wir auf den Platz gin­gen, sag­te Ka­pi­tän Ma­thi­as Her­get: Das läuft live im Fern­se­hen. Wir las­sen uns nicht wei­ter vor­füh­ren.“ Ein Un­ent­schie­den müs­se drin sein. Nach dem 5:3 wuss­te Vol­l­ack: „Jetzt schaf­fen wir es.“ Über die ak­tu­el­le Si­tua­ti­on des KFC mag er in­des nicht re­den. „Der Schock sitzt noch zu tief.“

INFO:

Ur­auf­füh­rung in der Fa­brik Hee­der am 9. Ju­ni

Das Wun­der von der Gro­ten­burg spielt am 3. Fe­bru­ar 2019 - an dem Tag, als Rü­di­ger Höf­ken mit dem Schrei­ben be­gann.

Pre­mie­re ist am Mitt­woch, 9. Ju­ni, 20 Uhr, in der Fa­brik Hee­der; nächs­te Auf­füh­rung am 19. Ju­ni. Kar­ten­tel. 02151 805125.

Mit Bet­ty Ix­kes, Mi­cha­el Gros­se, Rü­di­ger Höf­ken

Aufrufe: 09.6.2021, 09:00 Uhr
RP / Petra DiederichsAutor