2024-05-02T16:12:49.858Z

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Eine echte Stütze für TuS Wörrstadts Fußballerinnen: Kerstin Schlag.
Eine echte Stütze für TuS Wörrstadts Fußballerinnen: Kerstin Schlag. – Foto: BK/Christine Dirigo

Eine Frau der Tat

Kerstin Schlag engagiert sich mit außergewöhnlicher Begeisterung für und bei TuS Wörrstadts Fußballerinnen

Wörrstadt. Ein lautes „JA“, hallt über die Sportanlage des VfR Wormatia. Gerade hatten die Frauen des TuS Wörrstadt den 1:4-Anschlusstreffer erzielt, da entschuldigte sich Kerstin Schlag lachend bei allen Umstehenden für den schrillen Torjubel, der die Umstehenden zusammenzucken ließ. Wenngleich es für die Wörrstädterinnen bei der Wormatia nichts zu holen gab, Kerstin Schlag ist stolz auf „ihre Mädels“.

Seit dem Corona-Lockdown kümmert sich die 42-Jährige vermehrt um organisatorische Aufgaben bei den TuS-Frauen, entlastet dadurch unter anderem Abteilungsleiterin Maria Breuer oder Gregor Hertlein. „Das ist für uns wie in Sechser im Lotto“, freut sich Breuer über die Unterstützung. „Sie ist Hansdampf in allen Gassen und die Mutter der Nation. Sie tut uns einfach richtig gut“, sagt Breuer.

Tochter Theresa hütet das Tor, Mutter organisiert

Schlag selbst ist die Lobhudelei fast ein bisschen unangenehm, schließlich ist sie erst seit Kurzem dabei und weiß, welche Arbeit ihre Vereinskollegen bereits geleistet haben. „Da ich bei nahezu jedem Training und jedem Spiel da bin, habe ich gesehen, was Maria alles macht und habe ihr meine Hilfe angeboten“, denkt die gebürtige Ingelheimerin zurück.

Tochter Theresa (17) spielt seit Winter 2019 für die TuS im Tor und ist der Grund, warum Kerstin Schlag kaum einen Termin verpasst. Von Nackenheim aus geht es, wenn nicht gerade Corona den Sportbetrien ausbremst, mehrmals wöchentlich nach Wörrstadt oder eben zu den Spielen.

„Ich habe selten eine so herzliche und nette Truppe kennengelernt“, sagt Schlag, die an den Spieltagen für die Verpflegung sowie die Organisation rund um das Team zuständig ist. Spielertrainerin Jessica Wissmann ist dankbar dafür: „Vor und nach dem Spiel müssen wir uns um nichts kümmern. Sie hat alles dabei: Getränke, Magnesium, Bananen, Energieriegel und, und, und“. Jessica Wissmann verdeutlicht, warum sich die Nackenheimerin so schnell in das Team eingefunden hat: „Ich glaube, wenn ich sie jetzt anrufen würde und ihr sage: ‚ich bin am verdursten‘, dann kommt sie vorbei und bringt mir zwei Flaschen Wasser.“

Hygienebeauftragte und Seelsorgerin der Mannschaft

Dazu komme, dass Kerstin Schlag den privaten Bus für die Auswärtsspiele zur Verfügung stelle. „Das ist einfach überragend und verdient höchsten Respekt“, sagt Wissmann. Die „Busfahrerin“ selbst sieht es pragmatisch: „Ich fahre sowieso zu jedem Spiel von Theresa, da kann ich doch auch noch ein paar Spielerinnen mitnehmen.“

Aus diesem Grund ist die Betreuerin und seit der Coronapandemie auch Hygienebeauftragte der TuS-Fußballerinnen auch ein bisschen die Seelsorgerin. Schließlich bekomme man auf den Fahrten auch viel Privates mit. „Sie spricht die Sprache der Mädels und ich bewundere sie einfach nur dafür, wie sie das alles auch mit der Familie managet“, sagt Maria Breuer über die fünffache Mutter.

Nach 50 Jahren in der Verantwortung versucht Breuer, sich Schritt für Schritt zurückzuziehen. „Manchmal fehlt das Kribbeln schon etwas oder man ist genervt. Aber es soll ja weitergehen und wenn dann niemand da ist, macht man sich natürlich Sorgen.“

Doch mit Kerstin Schlag habe man einen echten Glückstreffer gelandet. Die 42-Jährige sieht sich, Stand jetzt, jedoch nicht in der Lage, auch Aufgaben im Bereich des Spielbetriebs oder dem Austausch mit dem Verband zu übernehmen. „Ich versuche, Maria den Rücken frei zu halten“, sieht Kehl ihre Kompetenzen weiterhin eher im organisatorischen Bereich.

Vater stand einst kurz vorm Sprung in den Profibereich

Wie etwa im Vorfeld des DFB-Pokalspiels gegen Göttelborn, wo Kerstin Schlag alle Hände voll zu tun hatte. Dann, am Abend vor dem Spiel, bekam die 42-Jährige einen traurigen Anruf. Ihr Vater war völlig unerwartet verstorben. „Er war der Grund, warum Theresa den Weg zum Fußball gefunden hat. Die Gene hat sie von ihm, ihre ersten Schuhe waren Fußballschuhe und bevor sie richtig laufen konnte, hatte sie einen Ball am Fuß“, erinnert sich Schlag, die ihr Team beim Pokalspiel nicht im Stich ließ.

Ihr Vater stand in seiner Laufbahn selbst kurz vor dem Sprung in den Profibereich, hatte bereits einen Vorvertrag beim 1. FC Köln erhalten. Doch vier Wochen vor der Unterschrift veränderte ein Autounfall sein Leben grundlegend. Drei Monate lag er im Koma, war froh, überhaupt noch laufen zu können. „Die Begeisterung für den Fußball hat Theresa eindeutig von ihm. Er hat kaum ein Spiel von ihr verpasst. Jetzt führe ich sein Vermächtnis fort“, sagt Kerstin Schlag wehmütig.

Man spürt förmlich, wie es die TuS-Spielerinnen der 42-Jährigen angetan haben und hat sogar den Eindruck, die junge Truppe gibt der Betreuerin Energie zurück. Doch es ist auch die familiäre Atmosphäre, die den Standort Frauenfußball in Wörrstadt für Kerstin Schlag ausmacht. „Die Mädels sind eine Mannschaft, alle spielen aus Überzeugung Fußball.“ Kerstin Kehl ist längst ein Teil dieses Teams geworden und wächst immer mehr in ihre Aufgaben beim TuS hinein.

Aufrufe: 09.11.2020, 14:30 Uhr
Martin ImruckAutor