2024-05-17T14:19:24.476Z

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"Die vergangenen zwei Jahre taten sehr weh"

Nachspielzeit mit Bülent Ciblak +++ Der neue Coach der SKG Karadeniz über den schwierigen Neuaufbau des angeschlagenen Kreisoberligisten

Wiesbaden. In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Bülent Ciblak. Der 43-Jährige übernahm zum Jahreswechsel den Trainerposten bei der SKG Karadeniz Wiesbaden und fand eine Mannschaft vor, die in den vergangenen zwei Jahren Woche für Woche hohe Niederlagen kassiert hat. Bülent erklärt uns, wie er Verein und Mannschaft wieder aufbauen und wie ohne große finanzielle Mittel einen schlagkräftigen Kader aufbauen will.

FuPa: Bülent, seit Ende März ist es amtlich: Zum zweiten Mal in Folge wird die laufende Amateursaison in Wiesbaden abgebrochen. Wie hast du den Abbruch aufgenommen?

Bülent Ciblak: Um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass wir diese Saison nicht mehr antreten müssen. Als ich hier vor kurzem hier anfing, fand ich eine SKG Karadeniz vor, die völlig am Ende war. Wir wären zum zweiten Mal in Folge sang und klanglos abgestiegen und wurden erneut vom Abbruch gerettet. Nun ist genug Zeit, mit den Aufräumarbeiten zu beginnen und es kommende Saison besser zu machen.

Karadeniz war diese Saison in der Kreisoberliga nicht konkurrenzfähig. Was sind die Gründe für diese sportliche Schwächephase?

Der vorherige Vorstand und ein Großteil der Mannschaft haben den Fußball als reines Hobby angesehen. Das war wie eine Gruppe Freunde, die sich Nachmittags auf dem Bolzplatz trifft und danach noch ein paar Bier trinken geht. Wir sind natürlich immer noch im Amateurfußball, aber auch in der Kreisoberliga brauchst du ein Mindestmaß an Professionalität, um mithalten zu können. In der Vorbereitung hat meine B-Liga Mannschaft Bosporus Eltville Karadeniz in einem Testspiel 11:0 vom Platz gefegt. Logisch, dass es dann auf einem wesentlich höheren Level nicht besser aussieht.

Du bist trotz dieser Umstände im Winter von Eltville nach Wiesbaden gewechselt. Wieso hast du dich für diesen Schritt entschieden?

Ich habe zehn Jahre selbst bei Karadeniz gespielt, der Verein liegt mir seither sehr am Herzen. Der Niedergang der letzten Jahre tat mir persönlich extrem weh. Als die alte Vereinsführung dann mit einem Angebot auf mich zugekommen ist, musste ich deswegen nicht lange überlegen. Die Aufgabe ist eine große Herausforderung, doch ich kann es kaum erwarten mit der Mannschaft loszulegen.

Neben deiner Trainertätigkeit bist du auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Warum ist dir diese Doppelfunktion wichtig?

Ich habe bei meinen vergangenen Stationen erfahren müssen, dass man als bloßer Trainer im Verein nicht immer etwas bewegen kann. Deswegen war es mir wichtig, auch darüber hinaus eine leitende Position zu bekleiden. Da ich zuvor noch nie im Vorstand gearbeitet habe, bin ich froh, mit Mustafa-Kemal Gümbert einen erfahrenen Geschäftsmann an meiner Seite zu haben, wodurch ich mich auf die sportlichen Belange konzentrieren kann.

Hast du dir schon einen Überblick vom aktuellen Kader machen können? Welches Spielermaterial steht dir in der kommenden Saison zur Verfügung?

Vom aktuellen Kader wird kommende Spielzeit wohl nur noch eine einstellige Zahl an Spielern übrig bleiben. Einige Jungs von Bosporus wechseln mit mir zu Karadeniz, sodass wir Stand jetzt bei einer Kadergröße von ca. 15 Spielern stehen. Diesen mit Qualität aufzufüllen ist sehr schwierig. Wir sind finanziell nicht auf Rosen gebettet und können keine nennenswerten Prämien zahlen. Da sind unsere Konkurrenten besser aufgestellt. Ich bin momentan im Austausch mit einigen inaktiven Spielern, die ich in der Jugend trainiert habe. Sie von unserem Projekt zu überzeugen ist essentiell. Da sind Einige dabei, die in der Jugend höherklassig gespielt haben und für jeden Kreisoberligisten eine Verstärkung wären.

Was sind deine ersten Ansatzpunkte, um aus diesem bunten Mix eine funktionierende Mannschaft zu formen?

Bei meinem Amtsantritt bei Bosporus Eltville habe ich eine ähnliche Situation vorgefunden. Die Mannschaft hat jede Woche hoch verloren und sich durch Disziplinlosigkeiten immer wieder selbst geschwächt. Ich habe den Jungs gesagt, dass wir mit ein bisschen Professionalität, Trainingseifer und Respekt voreinander schon viel erreichen können. Die Mannschaft hat daraufhin super mitgezogen und hat in den ersten fünf Spielen der Saison 20/21 starke sieben Punkte geholt. Die selben Basics werden auch bei Karadeniz essentiell sein. Wir haben alle zwei Beine und einen Kopf. Mit ein bisschen Aufwand können wir schon viel gewinnen.

Seit Mitte Mai 2019 hat Karadeniz in der Kreisoberliga nur einen Sieg eingefahren. Welche konkreten Ziele setzt du dir für die kommende Spielzeit?

Wir wollen zukünftig keine Schießbude mehr sein und sportlich zumindest ansatzweise mithalten. Nach zwei Jahren zum Vergessen ist unser Ziel der Klassenerhalt, was schwer genug wird. Wichtiger ist mit aber, dass insgesamt eine Entwicklung in die richtige Richtung zu sehen ist. Wir wollen endlich wieder positiv von uns reden machen.

Aufrufe: 010.4.2021, 14:30 Uhr
Niklas AllmrodtAutor