2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview

Detlev Dammeier: „Ich habe zu spät als Trainer angefangen“

Interview: Detlev Dammeier rechnet nicht mehr mit seiner Rückkehr in die erste oder zweite Fußball-Bundesliga. Der Ex-Profi freut sich auf die Aufgabe beim Westfalenligisten Delbrück. Und auf das Endspiel der Ü 40-Hallenmeisterschaft am Samstag mit der Spvg. Steinhagen

Herr Dammeier, in Ihrer sportlichen Vita stehen bislang drei verlorene Finals: 1985 bei der Weltmeisterschaft mit der U 16-Nationalmannschaft, 1987 bei der U 20-WM und 1995 mit Wolfsburg im DFB-Pokal. Werden Sie Ihren persönlichen Endspielfluch am Samstag endlich brechen?
DETLEV DAMMEIER: Es stimmt, das ist für mich der x-te Anlauf, einen Titel zu gewinnen. Wir werden alles dafür tun, den Cup nach Steinhagen zu holen. (lacht)

Wie beurteilen Sie die Chancen, dass es gelingt?
Dammeier: Wir haben in der letzten Saison gegen den BSV West verloren und wissen daher, dass das eine gute Mannschaft ist. Das sind wir aber auch. Das ist ein 50:50-Spiel.


Sie waren 20 Jahre Profi. Worin liegt für Sie der Reiz des Altherrenfußballs?
Dammeier: Vor allem im Training am Freitagabend. Das macht mir großen Spaß. Wir haben in Steinhagen meistens eine hohe Anzahl an Leuten von der Ü 32 bis zur Ü 50 dabei, und wenn es hinterher das passende Getränk gibt, ist das einfach schön. In einer Mannschaft zu sein, das genieße ich, das ist mein Ding, das habe ich ja mein ganzes Leben gemacht.

In den Play-offs ging es zuletzt hart zur Sache. Macht Ihnen das dann auch noch Spaß?
Dammeier: Ich gebe zu, das habe ich mich auch öfter gefragt. Und das habe ich einigen Gegenspielern auch ins Gesicht gesagt: dass ich die Treterei und die Nickeligkeiten nicht mehr brauche. Klar, jeder will gewinnen. Aber wenn die Sache so aus dem Ruder läuft wie im Viertelfinale gegen Sennestadt, dann muss ich sagen, das möchte ich nicht mehr.

Also wollen Sie am Samstag gegen West doch nicht um jeden Preis gewinnen?
Dammeier: Es muss im Rahmen des Erlaubten bleiben. Wenn West dann besser ist und uns ausspielt, ist das okay. Dann kann ich jedem fair gratulieren.


Sie werden im Sommer zusammen mit Carsten Johanning, dem früheren Coach der ersten Mannschaft der Spvg. Steinhagen, als Trainer den Westfalenligisten SC Delbrück übernehmen. Sehen Sie diese Aufgabe für sich als Sprungbrett zurück in den Profifußball?
Dammeier: Nein, das ist nicht realistisch. Ich habe bis fast 38 selbst gespielt und bin danach im Nachwuchsleistungszentrum und bei den Profis von Arminia Bielefeld in die sportliche Leitung gegangen. Ich habe zu spät als Trainer angefangen, um noch nach ganz oben vorzudringen. Nehmen Sie zum Beispiel Hannes Wolf (Ex-Trainer des VfB Stuttgart, Anm. d. Red.), mit dem ich die Fußballlehrerlizenz gemacht habe. Er ist jetzt erst 36, er hat einen großen zeitlichen Vorsprung. Ich will so hoch wie möglich etwas machen, aber in Ostwestfalen. Hier sind wir als Familie seit 2000 sesshaft geworden, und wir haben nicht vor, Steinhagen zu verlassen.

Hannes Wolf verfügt aber genauso wenig wie andere junge Bundesliga-Trainer wie etwa Julian Nagelsmann und Domenico Tedesco über die Erfahrung von weit mehr als 500 Profispielen.
Dammeier: Klar, ich habe mich oft gefragt, warum ich auch im Bereich 3. Liga, Regionalliga nicht mal an den Tisch komme, wenn ein Trainer gesucht wird. Was habe ich getan, habe ich gedacht. Bei manchen Stellenbesetzungen wundere ich mich immer noch. Es ist meiner Meinung nach so, dass selbst in gut geführten Vereinen nicht immer die sportliche Kompetenz den Ausschlag bei der Vergabe eines Postens gibt, sondern Kontakte. Ganz gleich, ob es um einen Trainerjob geht oder um eine sportliche Leitung: Man muss einen Berater haben, der einen in den Job bringt. Habe ich aber nicht und das ist vielleicht ein Versäumnis. Eine andere mögliche Erklärung: Vielleicht habe ich mir durch meine Tätigkeiten im Management, als Trainer und im Scouting ein zu breites Portfolio zugelegt und bin nicht klar genug in die eine Richtung gegangen.


Was haben Sie also gedacht, als Sie jetzt davon erfuhren, dass Ihr ehemaliger Mitspieler Bruno Labbadia den Trainerposten bei Ihrem Ex-Club VfL Wolfsburg bekommen hat?
Dammeier: Dass mein Werdegang dafür nicht ausreicht. Und deswegen ärgert mich das auch nicht. Ich bin da gelassener geworden.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage bei Arminia Bielefeld nach Bekanntwerden der Unterstützung durch das »Bündnis OWL«?
Dammeier: Auch wenn da inzwischen keine so große emotionale Nähe mehr ist, freue ich mich darüber. Wir haben das ja zu der Zeit, als ich dort in der Verantwortung war, auch probiert, haben mit den identischen Unternehmen gesprochen, aber es kam nicht zum Tragen. Jetzt besteht die Chance, dass Arminia vernünftig aufgestellt ins Rennen geht.


Was halten Sie von der Arbeit der aktuell Verantwortlichen?
Dammeier: Trainer Jeff Saibene macht einen guten Job, die Mannschaft steht besser da, als man annehmen konnte. An den Verantwortlichen in den Gremien gefällt mir insgesamt, dass sie sich öffentlich zurückhaltend äußern. Das ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass es gelingt. Und das läuft in anderen Vereinen ja auch ganz anders.

Womit wir bei einem weiteren Ihrer Ex-Clubs wären ...
Dammeier: Beim HSV reden viel zu viele Leute in der Öffentlichkeit. Ich erkenne auch keine Kontinuität, keine Philosophie. Dass man etwa wie in Freiburg einen Trainer hat, von dem man überzeugt ist und an dem man auch bei einem Abstieg festhält. Beim HSV ist immer Unruhe. Ich habe es mit Anfang 20 in meinen drei Jahren, die ich in Hamburg erleben durfte, ja hautnah mitbekommen, was für eine böse Atmosphäre dort herrschte, als wir tief unten drinsteckten. In Medienstädten wie Hamburg, Köln, München, Berlin, aber auch in Hannover, wo ich meine Profilaufbahn begonnen habe, ist es deshalb ein schwierigeres Arbeiten als an ruhigeren Standorten wie Freiburg, Augsburg oder Mainz.


Letzte Frage: Schafft der HSV auch in dieser Saison wieder den Klassenerhalt?
Dammeier: Ich mag Heri Bruchhagen (Vorstandsvorsitzender, d. Red.) sehr. Aber zur Runderneuerung und zur Strafe für all die Fehler der letzten Jahre müssten sie eigentlich mal runter.

Aufrufe: 022.2.2018, 10:15 Uhr
FuPa / HKAutor