2024-05-17T14:19:24.476Z

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Alleine ist er eine Macht: Im Internet kursiert ein Video von FVI-Fan Stefan Dömsödi, das ihn zum kleinen Star gemacht hat. Es zeigt ihn als einsamen Sänger und Trommler auf leerer Tribüne. F.: R. Hinzpeter
Alleine ist er eine Macht: Im Internet kursiert ein Video von FVI-Fan Stefan Dömsödi, das ihn zum kleinen Star gemacht hat. Es zeigt ihn als einsamen Sänger und Trommler auf leerer Tribüne. F.: R. Hinzpeter

Der Ein-Mann-Fanblock

Illertissens Stefan Dömsödi ist mit dem Video des einsamen Trommlers ein Internet-Star

Am Wochenende wollte das Loben und Schulterklopfen gar kein Ende mehr nehmen. Überall, wo Stefan Dömsödi hinkam, wurde er als „der Trommler“ gefeiert. Schuld daran hatte ein 57 Sekunden kurzes Filmchen, das ihn in Aktion zeigt: Ziemlich einsam steht er im Gästeblock des Fürther Stadions und schreit und trommelt für seinen Klub, den FV Illertissen.

Entstanden war das Video bei der Auswärtspartie gegen Greuther Fürth II am 12. Mai. Dabei holte der FVI vor 100 Zuschauern ein 1:0 – und so richtig lautstark angefeuert wurde er nur von Stefan Dömsödi. Lange blieb der Clip bei YouTube weitgehend unentdeckt. Doch dann holte vergangene Woche das Fußballmagazin 11 Freunde den unverdrossenen Trommler auf seine Online-Seiten, versehen mit einem bewundernden Kommentar: „Support ist, wenn man‘s trotzdem macht. Der Ein-Mann-Mob von Illertissen zieht alle in seinen Bann. Kategorie: Weltklasse.“ Danach gingen die Klickzahlen durch die Decke.

Mittlerweile wurde das Video bei YouTube mehr als 85.000-mal abgerufen. Auch auf der Facebook-Seite der Illertisser Zeitung ist es seit einer Woche ein Renner. „Ohne Witz“, sagt Stefan Dömsödi, „am Freitagabend hat mich wirklich jeder darauf angesprochen. Das macht extrem die Runde.“ Kein Wunder, denn es ist so beeindruckend wie skurril, wie er da ziemlich verlassen auf den Rängen steht und mehr Gas gibt, als die komplette Haupttribüne im Vöhlinstadion bei einem Heimspiel.

Dabei ist der einzige Ultra des FVI gar kein Illertisser, er stammt nicht einmal aus der Gegend. Stefan Dömsödi kommt aus Olbersdorf im Landkreis Görlitz, also vom östlichsten Ende Deutschlands. Der leibliche Vater wurde in Mosambik geboren, die Mutter stammt aus dem Rheinland, der Stiefvater, der ihm den Familiennamen gab, aus Ungarn.

In Kontakt mit dem FV Illertissen kam er über die Bundeswehr. Als Zeitsoldat war Stefan Dömsödi in Ulm stationiert und hatte dort die Unteroffizierslaufbahn angesteuert. Im Vorort Söflingen lebt er heute noch. In seiner Freizeit spielte er Fußball, trainierte mal beim SSV, mal bei Energie Cottbus. Über die Bekanntschaft zu zwei FVI-Spielern, über Jochen Schlund und Michael Passer, kam er nach Illertissen, schaute sich ein paar Spiele an, als der Verein noch in der württembergischen Oberliga spielte.

Seit die Illertaler in die Regionalliga Bayern aufgestiegen sind, ist er regelmäßig dabei, ob daheim oder auswärts. „Ich habe mir gedacht, das kann doch nicht sein, dass der Verein in der vierthöchsten Liga spielt und dann ist da auswärts niemand dabei.“ Machte er zunächst Krach mit einer Tröte und der Kraft seiner Stimmbänder, so kam später noch eine Trommel hinzu, die er im Heizungskeller des Illertisser Stadions gefunden habe. Seitdem haut er aufs Fell und ist für viele nur „der Trommler“. Dass er Vorsitzender des im vergangenen Herbst gegründeten ersten FVI-Fanclubs wurde, versteht sich von selbst.

Allerdings steht er selbst bei Heimspielen zuweilen etwas verloren da, höchstens umgeben von ein paar Jungen. Die, findet er, „muss man mehr animieren, mitzumachen“. Bei den Auswärtspartien ist er weitgehend auf sich alleine gestellt, quasi als lautstarker Ein-Mann-Fanblock. Das macht ihm aber nichts aus, wenn er sich als Solist abmüht und gegen den Block des Gegners anschreit. Als gelernter Personenschützer weiß er seinen Mann zu stehen.

Stefan Dömsödi hat eine Mission: Die Mannschaft muss angefeuert werden, egal von wie vielen. Und das Team freut sich dann auch, wenn ihr einer Fan wieder dabei ist, allein gegen den Rest der Welt. Der Stefan darf im Teambus mitfahren und nach einem siegreichen Spiel mit den Jungs feiern – und das genießt er. „Ich bin da, um Spaß zu haben. Natürlich ist der Fußball für mich ein Stück Freizeit. Ich bekomme so viel zurück von der Mannschaft.“ Da lohnt es sich eben, 90 Minuten lang alles zu geben.

So sehr er es genießt, derjenige zu sein, der es mit all den anderen Fans im gegnerischen Stadion aufnehmen kann: Natürlich würde er sich freuen, wenn sich noch mehr Junge zusammenfänden, die es ihm gleich tun. „Zehn von meinem Kaliber, das wäre mir schon lieber.“ Vielleicht werden es ja ein paar mehr nach der erfolgreichen vergangenen Saison – und nach der beinahe heldenhaften Demonstration des einsamen Ultras. Der ganze Rummel um das Video jedenfalls „hat mir schon gut getan. Wenn damit ungewollt etwas bewirkt wurde, ist das eine gute Sache.“

Was singt er da?

Was schreit Stefan Domsödi in dem Video „Illertissen spielt international“ eigentlich? Er hat sich das Lied bei Borussia Dortmund ausgeliehen: „Erste Runde Krankenschein, dann die Oma tot. Überstunden nehmen wir zur Not. Dann die Kündigung – scheißegal: Illertissen spielt international“. International? „Der DFB-Pokal ist doch das Tor zur Europaleague“, findet Domsödi.

Aufrufe: 016.8.2013, 07:03 Uhr
Illertisser Zeitung / Roland HinzpeterAutor