2024-06-17T07:46:28.129Z

Allgemeines
– Foto: © Harzmann

Der Asterix aus dem Altenburger Land

In ganz Thüringen haben die Topvereine Probleme! Ganz Thüringen? Nein! Ein kleiner Ort aus Ostthüringen leistet erbittert allen schwierigen Umständen Widerstand.

So in etwa würde es sich anhören, wenn der ZFC Meuselwitz in einem Asterix-Comic vorgestellt würde. Und der Vergleich mit dem kleinen gallischen Ort aus dem berühmten französischen Comic hinkt nicht – im Gegensatz zu den Hinkelsteinen von Obelix.

Als wieselflinker und trickreicher Asterix vom ZFC Meuselwitz kann René Weinert bezeichnet werden. Denn der mittlerweile 34-jährige Außenbahnspieler ist ein Sinnbild für Vereinstreue und Zuverlässigkeit. Während manche Spieler halbjährlich die Fußballvereine wie abgetragene Unterhosen wechseln, steht Weinert seit 2005 für den ZFC Woche für Woche auf dem Feld. Er leistet den sonstigen Klischees des Halbprofitums erbittert Widerstand und zeigt, dass Heimatverbundenheit und Verlässlichkeit auch (noch) Merkmale im schnelllebigen Fußballgeschäft sein können.

>> zum FuPa-Spielerprofil von René Weinert

Als damals 18-Jähriger wechselte der talentierte Offensivkicker von seinem Heimatverein SSV Schmölln 1913 zum ZFC Meuselwitz. Dabei stand er bereits mit 16 Jahren kurz vor dem ersten Engagement beim Klub von "Majestix" Hubert Wolf. „Mit 16 Jahren ging es für mich von den B- zu den A-Junioren. Aber in Schmölln hatten wir damals keine entsprechende Mannschaft in dieser Altersklasse. Deshalb habe ich beim ZFC Meuselwitz bereits die vierwöchige Vorbereitung bei den A-Junioren mitgemacht.“, erinnert sich „Weini“.

Doch die Knopfstädter wollten den Rohdiamanten nicht so einfach ziehen lassen und überredeten ihn mehr oder weniger in Schmölln zu bleiben. So trainierte er bis Ende September - dem Tag seines 17. Geburtstages - nur beim SSV mit, um dann im Männerbereich für seinen Heimatverein aufzulaufen. Das Ausnahmetalent ergatterte sich sofort einen Stammplatz und stieg am Ende mit den Knopfstädtern von der Landesklasse in die Verbandsliga auf. In jener Klasse kickte damals auch der ZFC, der wiederum im gleichen Jahr den Sprung in die Oberliga schaffte. So spielte Weinert nie gegen den Klub, für den er bald 15 Jahre am Stück das Trikot tragen sollte. Nach einem weiteren Jahr mit Schmölln, kam dann die erneute Anfrage aus Meuselwitz. „Hubert Wolf hatte mich damals persönlich angerufen und auch Trainer Damian Halata bemühte sich sehr um mich. Die sportliche Perspektive war für mich reizvoll. Ich wollte mich in Meuselwitz beweisen, um mehr oder weniger professionell Fußball zu spielen“, erinnert sich René an seinen Wechsel.

Als junger Gallier kam er zu Oberliga-Zeiten nach Meuselwitz. Die „Stamm-Ältesten“ um Holm Pinder, David Kwiatkowski und Mirko Kotowski nahmen den 19-Jährigen unter ihre Fittiche. Die drei erfahrenen Gallier lehrten Weinert und verabreichten ihn den ZFC-Zaubertrank. So zündete dieser von Anfang an öfter den Turbo auf der Meuselwitzer Außenbahn. Auch weil „Miraculix“ Damian Halata große Stücke auf den jungen Weinert hielt: „Er hat mir das Vertrauen gegeben und auf mich gesetzt.“, dankt der heute 34-Jährige seinem ersten ZFC-Coach.

In den Folgejahren hielt der ZFC Meuselwitz den Angriffen der übermächtig erscheinenden Gegner stand und schaffte den Sprung in die Regionalliga. An das Saisonfinale 2008/09 erinnert sich René noch besonders: „Wir haben damals 5:0 gegen den 1. FC Magdeburg II gewonnen. Dann erreichte uns die Nachricht, dass Auerbach in Eilenburg verloren hat. Wir sind deshalb aufgestiegen und das war natürlich ein historischer Tag für uns alle.“ Seit der folgenden Spielzeit 2009/10 gehört der kleine Verein aus Ostthüringen zum Stammpersonal der Regionalliga. Und die Meuselwitzer haben viele Traditionsvereine Gehen und Kommen sehen – doch sie sind geblieben. Gleich im ersten Jahr ging es in der Regionalliga gegen die Bundesliga-Reserven aus Hamburg, Wolfsburg, Rostock und St. Pauli. „Das waren schon Highlights in den Bundesliga-Arenen aufzulaufen.“, erinnert sich René. Genauso wie die beiden Siege im Thüringenpokal in den Jahren 2011 (2:0 gegen VfB Pößneck) und 2012 (6:5 n.E. gegen Heiligenstadt). „Die anschließenden DFB-Pokalspiele gegen den 1. FC Köln (0:2) und Hertha BSC (0:4) bleiben natürlich immer im Kopf“, so das ZFC-Urgestein.

Die Verlockung sein gallisches Dorf zu verlassen, bestand für René so richtig nicht. „Natürlich gab es lose Anfragen. Doch innerhalb der eigenen Liga wäre ich nicht gewechselt. Dafür waren die Rahmenbedingungen in Meuselwitz einfach zu gut und ich hatte alles was ich brauchte, um ein zweites Standbein mit dem Fußball aufzubauen.“, sagt er zu möglichen Abwerbeversuchen. Reizvoll schien dennoch die Anfrage von Sachsen Leipzig, die sich aber dann zerschlug. „Mehr Anfragen aus höheren Ligen hat es nicht gegeben.“, sagt er heute. Aber das ist nicht der Grund, warum er nunmehr 15 Jahre für den ZFC Meuselwitz aufläuft. Es ist die Vereinstreue, Heimatverbundenheit und das Wissen professionellen Fußball und Beruf beim ZFC Meuselwitz miteinander kombinieren zu können. Als Außenvertriebler ist René für den Hauptsponsor blueship im Einsatz, wenn er nicht gerade spielt oder trainiert.

Volle Ränge - starker Gegner: René Weinert beim Test gegen RB Leipzig.
Volle Ränge - starker Gegner: René Weinert beim Test gegen RB Leipzig. – Foto: Axel Kammerer

Und so investierte der 34-Jährige in den letzten Jahren viel Zeit und Anstrengung, um seinen Körper auf Regionalliga-Niveau zu halten. Der Lohn ist ein Vertrag bis 2021 mit Option auf eine weitere Saison. „Ich denke in meinem Alter gibt es nicht mehr viele Spieler, die das Niveau halten können. Der Fußball ist in den letzten Jahren viel athletischer geworden. Wenn du dann nicht was machst, wird es schwer. Der Körper braucht in meinem Alter mehr Pflege als früher. Es gibt im Prinzip zwei Wege: Entweder man opfert Freizeit nach dem Training oder man macht es nicht und hört auf.“, so René. Zu Gute kommt den erfahrenen Kicker, dass er bis auf zwei kleineren Leisten-Operationen von großen Verletzungen verschont blieb. „Dies ist sicher auch ein Grund, dass ich jetzt noch auf dem Feld stehe“, so der Mittelfeldspieler, der die 400er Marke an Spielen schon überschritten hat. Meuselwitz bot ihm dabei immer einen sicheren Ort. „Es gab in den 15 Jahren nie irgendwelche Probleme. Da muss man schon den Hut von Hubert Wolf und allen Investoren sowie Sponsoren ziehen.“, sagt René Weinert auch und hat dabei sicher auch die Thüringer Vereine aus Nordhausen und Erfurt im Kopf.

Und weil für den ältesten aktiven ZFC-Kicker aktuell noch kein Ende in Sicht ist, blickt er positiv in die Zukunft: „Solange ich die Leistungen abrufen kann, die dem Regionalliga-Niveau entsprechen, gesund bleibe und es noch Freude macht, will ich für den ZFC Meuselwitz auflaufen. Ob das jetzt ein, zwei oder noch drei Jahre ist, wird die Zeit zeigen.“ Ab der kommenden Saison bekommt René mit Koray Gökkurt einen neuen Trainer. Viele Übungsleiter waren es in den 15 Jahren in Meuselwitz nicht. Während andere Vereine jährlich ihre Verantwortlichen tauschen, war auch hier Konstanz ein Erfolgsfaktor der Ostthüringer. „Ich hatte schon ein positives Telefonat mit dem neuen Coach und freue mich auf die Zusammenarbeit.“ Dabei würde er gerne die aktuelle Spielzeit noch zu Ende spielen, glaubt aber, „dass es wohl eher nicht passieren wird“.

Ob der wieselflinke ZFC-Gallier nach seiner Zeit in Meuselwitz nochmal zum SSV Schmölln 1913 zurückkehren wird, damit hat er sich noch nicht beschäftigt. „Man wird sehen, wo die Reise dann hingeht. Vielleicht spiele ich noch ein paar Jahre, wenn es der Körper zulässt oder gehe in Richtung Traineramt“. So oder so kann er aber mit Stolz auf seine bisherige Laufbahn zurückblicken und nimmt dabei bewusst nicht das Wort 'Karriere' in den Mund, denn „Karrieren gibt es nur im Profifußball, wie bei Bastian Schweinsteiger.“, so der bescheidene Kicker abschließend.

Aufrufe: 024.4.2020, 11:30 Uhr
André HofmannAutor