2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der neue Vorstand des BCA: (von links) Jugendleiter Ernst Kapl, Schülerleiter Michael Wagner, Schriftführer Florian Greifenegger, Vorsitzender Johannes Neumann, 2. Vorsitzender Franz Ziegler und 3. Vorsitzender Richard Baumann.   	F.: Johannes Graf
Der neue Vorstand des BCA: (von links) Jugendleiter Ernst Kapl, Schülerleiter Michael Wagner, Schriftführer Florian Greifenegger, Vorsitzender Johannes Neumann, 2. Vorsitzender Franz Ziegler und 3. Vorsitzender Richard Baumann. F.: Johannes Graf

Das System Weingartner hat Folgen

Mit Johannes Neumann, 63, an der Spitze will der BC Aichach die Zukunft positiv gestalten +++ Der bisherige Vereinsboss wird nicht entlastet, weil die Kasse nicht geprüft werden kann

Als Volker Weingartner, 43, um 19.11 Uhr das Wort ergreift, wirkt er angespannt. Und unruhig. Mit einem Wurstsalat hat er sich zuvor gestärkt für seinen letzten großen Auftritt als Vorsitzender des BC Aichach. Weingartners Unruhe scheint am Freitagabend begründet. Der Unternehmer aus Thierhaupten muss auf der Jahreshauptversammlung im großen Saal des Gasthofs Wagner fürchten, sich vor den Mitgliedern für seine Vereinspolitik der vergangene Jahre rechtfertigen zu müssen. Unangenehme Fragen könnten auf ihn zukommen. Vor allem die Entwicklungen seit Januar bergen Probleme.

Weingartner trifft Vorkehrungen. Medienvertreter schließt er aus, als er über die finanzielle Lage des Vereins berichten soll. Dies wolle der Verein intern besprechen, erklärt er. Im Klartext: Weingartner will das intern besprechen.

Schon immer liegen dem 43-Jährigen seine Fußballer am Herzen. Erst fungiert er als Sponsor; als sich 2009 kein anderes Klubmitglied findet, übernimmt er obendrein den Vorsitz des Vereins. Zudem installiert der charismatische Kopf eine Reihe von Mitarbeitern seiner Firma IBS im Vorstand des BC Aichach. Dass diese ihre Aufgaben nicht gewissenhaft erledigen, wird im Verlauf der Versammlung eine Rolle spielen.

Unter Weingartner erleben die Fußballer die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte. Mit Hilfe finanzieller Mittel hievt der Thierhauptener die Mannschaft bis an die Spitze der Bayernliga, vor ein paar Wochen bejubelt der Macher mit ihr die Meisterschaft. Ausgelassen gefeiert wird dieser Erfolg jedoch nicht. Als der 43-Jährige im Januar eingestehen muss, mit seiner Firma in finanzielle Engpässe geraten zu sein, stürzt das System Weingartner beim BC Aichach in sich zusammen. Schattenseiten der Alleinherrschaft treten zu Tage. Nach außen sichtbar wird dies zunächst im sportlichen Bereich. Obwohl die Fußballer souverän Meister werden, verzichten sie auf einen Regionalligaaufstieg. Ein paar Wochen später erklärt der BCA, seine Bayernligamannschaft vor der kommenden Spielzeit gänzlich aus dem Spielbetrieb zu nehmen. Trainer und Spieler verlassen perspektivlos den Verein.

Betroffen ist auch das Reserveteam. Es verzichtet in der Kreisliga auf einen Aufstieg und steht jetzt, drei Wochen vor Ende der Wechselfrist ohne Vertragsstatus, weiter ohne Trainer und ausreichendem Spielerkader da. Nicht nur sportlich geht es ebenso rasant bergab wie es zuvor bergauf ging. Über Jahre hinweg verliert der Verein an Struktur. Mitglieder engagieren sich nicht mehr am Vereinsleben – im Wissen, Weingartner werde sich schon um alles kümmern. Beispiel: Die Sportgaststätte steht seit langer Zeit leer, Schiedsrichter werden bei den Stockschützen verköstigt.

Weingartner muss sich, wie er stets betont, rund um die Uhr um seine Firma sorgen. Dass dies für ihn Priorität hat, weil seine Existenz daran hängt, ist nachvollziehbar. In der Vergangenheit begleicht Weingartner offene Rechnungen des BCA. Als er im Januar erklärt, Zahlungen einzustellen, werden Ausstände nicht mehr beglichen. Laufende Kosten steigen, während Einnahmen fehlen. Bei Banken gibt es keine Verbindlichkeiten, aber der Schuldenstand beläuft sich auf einen mittleren fünfstelligen Betrag, wie der Verein bestätigt.

Als sich ein Abgang Weingartners andeutet, formiert sich eine Gruppe alteingesessener BCA-Mitglieder, die den Verein am leben halten will. Aus ihr kristallisiert sich jene Gruppe heraus, die nun das Ruder übernehmen wird. An ihrer Spitze steht Johannes Neumann, 63, der den BC Aichach schon einmal in einer schwierigen Phase geführt hat und sich nun erneut zu einer Rettungsaktion überreden lässt.

Weitere enge Vorstandsmitglieder sind die Stellvertreter Franz Ziegler und Richard Baumann, Jugendleiter Ernst Kapl und Schülerleiter Michael Wagner. Ein Posten bleibt frei, ein ziemlich wichtiger obendrein: der des Kassenwarts. Vorübergehend wird diese Aufgaben der neue Vorstand übernehmen, demnächst soll der Posten auf einer außerordentlichen Versammlung besetzt werden.

Die Ausgangslage für den Finanzverwalter ist ein wenig vertrackt. Weil kein geprüfter Kassenbericht für das Jahr 2013 vorliegt, verweigern die Mitglieder drei Personen des bisherigen Vorstands die Entlastung: Weingartner, seinem Stellvertreter Markus Hinkelmann, der inzwischen aus dem Verein ausgetreten ist, und Kassenwartin Daniela Barl, die längst am Bodensee ihren Lebensmittelpunkt hat. Klarheit in die finanzielle Lage soll unter anderem Reiner Kappler bringen. Der Steuerberater, ein Quereinsteiger, dessen Sohn bei den Kleinsten des BCA spielt, unterstützt den Verein künftig bei Geldangelegenheiten. Die Lage sei ernst, aber nicht aussichtslos, meint er.

Kappler gehört dem 18-köpfigen Vereinsausschuss an, der sinnbildlich dafür stehen soll, dass Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden. In der jetzigen Situation sei es wichtig, dass viele Personen dabei sind, erklärt der neue Vorsitzende Neumann. Man wolle die Baustellen mit vollem Engagement angehen. Er bemüht sich bei seiner Antrittsrede, Optimismus auszustrahlen. „Wir wollen zeigen, dass der BCA lebt.“ Ungeachtet der Aufbruchstimmung drängt sportlich weiter die Zeit. Noch gibt es für die Kreisligamannschaft keinen Trainer, der Kader ist noch viel zu dünn besetzt.

Volker Weingartner muss sich damit nicht mehr beschäftigen. Als der neue Vorstand gewählt ist, wirkt er erleichtert, flachst sogar. Endgültig geschlossen ist das Kapitel BC Aichach für ihn aber noch nicht.

Aufrufe: 010.6.2014, 07:46 Uhr
Aichacher Nachrichten / Johannes GrafAutor