2024-06-03T07:54:05.519Z

Ligabericht
Daniel Sperl (hinten, 2. v. l.) ist fester Bestandteil der CP-Nationalmannschaft. Dabei ist auch Christian Eidenhardt aus Cham (vorne, 3. v. l.). Foto: ofa
Daniel Sperl (hinten, 2. v. l.) ist fester Bestandteil der CP-Nationalmannschaft. Dabei ist auch Christian Eidenhardt aus Cham (vorne, 3. v. l.). Foto: ofa

Daniel Sperl spielt für Deutschland

Der Kicker des TSV Wörth fiebert dem World Cup in Sevilla entgegen. Ein Unfall vor 13 Jahren veränderte sein Leben.

Daniel Sperl ist so fit wie noch nie zuvor in seinem Leben und so aufgeregt wie selten zuvor. Seit Monaten fiebert er einem Großereignis entgegen. In wenigen Tage geht es los: Der 29-jährige Offensivspieler des TSV Wörth wird nächsten Mittwoch mit der CP-Nationalmannschaft nach Sevilla fliegen, um dort Deutschland beim World Cup, der Weltmeisterschaft, zu vertreten.

In der Vorrunde trifft das deutsche Team von Nationaltrainer Conny Frank Fritsch auf Brasilien, Japan und England. „Wir werden alles daran setzen, um Zweiter in unserer Gruppe zu werden“, erklärt Daniel Sperl, für den ein Lebenstraum in Erfüllung gehen wird. Im Vorjahr stand für ihn bereits anderes Großereignis an. „Bei der Europameisterschaft in den Niederlanden konnten wir einen guten sechsten Rang erringen“ denkt Sperl gerne zurück und verspricht: „Nun werden wir uns auch beim World Cup, der vom 4. bis 19. Juli im spanischen Sevilla ausgetragen wird, voll ins Zeug legen, um unser Land würdig zu vertreten.“

Seit zwei Jahren im Team
Seit 2017 wird Daniel Sperl, der in Saulburg, einem Ortsteil von Wiesenfelden im niederbayerischen Landkreis Straubing-Bogen wohnt, regelmäßig zu Lehrgängen und Länderspielen der CP-Nationalmannschaft eingeladen. CP steht für Cerebral Palsy, einer cerebralen Bewegungsstörung. Teilnehmen dürfen nur Spieler mit solchen Störungen, die sich auf eine oder mehrere Extremitäten ausgebreitet haben. Unterteilt werden die Akteure in drei Kategorien. Sperl gehört der Unterordnung FT3 an. Andere Spieler in seinem Team hat es noch wesentlich schlimmer erwischt als ihn. „Nur ein Akteur der Kategorie FT3 darf auf dem Platz stehen.“ Gespielt wird im Modus Sieben gegen Sieben auf Kleinfeld. „Die restlichen sechs Spieler müssen den Kategorien FT1 oder FT2 angehören. Wenn eine Mannschaft keinen FT1er hat – dabei handelt es sich um einen Spieler, der beispielsweise mit beidseitigen Lähmungen zu kämpfen hat – muss sie zu sechst spielen.“

Und das ist keine Seltenheit. Die Ukraine, der Weltranglisten-Erste, sicherte sich im Vorjahr den zweiten Rang bei der Europameisterschaft mit nur sechs Spielern. Daniel Sperl freut sich auf den World Cup. Das Wort „behindert“ hört er nicht so gerne, er sieht sich und seine Mitspieler eher als „Menschen mit Handicap“.

Dass Daniel Sperl an der WM teilnehmen darf, geht auf einen Vorfall vor 13 Jahren zurück. Als damals 16-Jähriger war er in einen Verkehrsunfall verwickelt. Nach vielen Aufenthalten in Krankenhäusern – inklusive einiger Fehldiagnosen – wurde Sperl in Günzburg erfolgreich operiert. „Erst danach kam die Bizepsfunktion in meinem rechten Arm langsam wieder zurück.“ Sperl blieb sprichwörtlich am „Ball“. Es folgten viele Rehabilitationsmaßnahmen. Noch immer ist er in Behandlung. „Längst geht es nicht mehr um Verbesserungen, sondern darum, den Status quo zu erhalten.“ Seinen erlernten Beruf als Kfz-Mechatroniker musste er aufgeben. Sperl schulte zum technischen Zeichner um und arbeitet bereits seit vielen Jahren bei der Firma Lausser in Pilgramsberg.

Seinen rechten Arm kann Sperl nicht heben und nicht nach rechts drehen. „Allerdings kann ich die rechte Hand und die Finger bewegen. Somit ist es mir möglich, am Computer zu arbeiten und mit einem Stift zu schreiben.“ Die Maus bedient er allerdings mit links. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Ich musste umlernen, die linke Hand trainieren. Wenn man will, ist vieles möglich.“

Unglaublich, aber wahr: Im Jahr 1984 zog sich sein Vater Karl Heinz ebenfalls bei einem Verkehrsunfall eine spastische Parese zu. „Mein Vater kämpfte sich zurück ins Leben und arbeitet schon lange wieder als Straßenmarkierer. Ihn nahm ich mir zum Vorbild.“ Karl Heinz Sperl ist stolz auf seinen Sohn. Gerne schaut er ihm beim Spielen zu, feierte im Sommer 2018 mit, als Daniel mit dem TSV Wörth die Kreisklassen-Meisterschaft perfekt machte. „Daniel hat hart gearbeitet und sich die WM-Teilnahme verdient. Ich werde ihm und seiner Mannschaft die Daumen drücken“, erläutert sein Vater in großer Vorfreude.

Gegen Brasilien sieht sich Sperl mit seinem Team klar in der Außenseiterrolle. „Wir müssen gegen England und Japan bestehen. In vielen Ländern wird diese Sportart wesentlich professioneller betrieben als bei uns. Aber wir holen auf.“ Großen Anteil daran habe Nationaltrainer Conny Frank Fritsch, der vor einigen Monaten auch eine Bayernauswahl ins Leben gerufen hat, die er trainiert und coacht.



Letzte Tests in Oberhaching
Daniel Sperl hat sich nach seinem verheerenden Unfall ins Leben zurückgekämpft, nie aufgegeben, hart und ehrgeizig seine Ziele verfolgt. Es gilt, ständig zu trainieren, insbesondere fallen ihm Gleichgewichtsübungen schwer. Sein Motto lautet: „Man darf nie aufgeben, muss sich immer neue – und zwar realistische – Ziele setzen.“

Bald geht es los: Am Sonntag bezieht die CP-Nationalmannschaft in der Sportschule Oberhaching ein abschließendes Trainingslager und absolviert am Montag und Dienstag jeweils um 19 Uhr noch zwei Test-Länderspiele gegen Australien, das mit Kai Lammert von einem Deutschen trainiert wird. „Ein Härtetest, denn die Australier liegen in der Weltrangliste klar vor uns“, sagt Sperl. Australien ist Zehnter, Deutschland belegt aktuell Rang 21. „Aber mit jedem Sieg, den wir landen werden, machen wir Boden gut“, sagt Daniel Sperl.

Egal, wie weit Deutschland im 16er- Feld kommen wird: Das Team Team bleibt bis zum Abschluss des Turniers. „Der Rückflug ist für den 20. Juli gebucht. Hoffentlich haben wir einiges zu feiern“, sagt Sperl.

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Aufrufe: 029.6.2019, 11:00 Uhr
Markus SchmautzAutor