2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Schiedsrichter Felix Zwayer (mit Ball) unterbrach das Bundesligaspiel zwischen Leverkusen und Dortmund, weil sich Trainer Roger Schmidt über seine Anweisung hinweggesetzt hatte. Die Fußballtrainer Vladimir Manislavic (rechts oben) und Werner Stutzmann (rechts unten) und Schiedsrichter-Obmann Daniel Grandy (rechts mittig) bezogen Stellung zu dieser Aktion. Foto: Eibner/Balzer/Weber/Privat
Schiedsrichter Felix Zwayer (mit Ball) unterbrach das Bundesligaspiel zwischen Leverkusen und Dortmund, weil sich Trainer Roger Schmidt über seine Anweisung hinweggesetzt hatte. Die Fußballtrainer Vladimir Manislavic (rechts oben) und Werner Stutzmann (rechts unten) und Schiedsrichter-Obmann Daniel Grandy (rechts mittig) bezogen Stellung zu dieser Aktion. Foto: Eibner/Balzer/Weber/Privat

Auch Amateur-Schiris haben es schwer

Nach Spielunterbrechung in Leverkusen: Auch im Amateurfußball haben Unparteiische oft einen schweren Stand.

Das Bundesligaspiel zwischen Leverkusen und Dortmund wurde unterbrochen, weil sich Trainer Roger Schmidt nach einem Platzverweis weigerte, diesem nachzukommen. Was sagt die hiesige Amateurfußball-Szene dazu?

Es war ein Novum im deutschen Profifußball. Roger Schmidt, der Trainer von Bayer Leverkusen hatte im Bundesligaspiel seines Teams gegen Borussia Dortmund (0:1) am vergangenen Sonntag in der zweiten Halbzeit eine knapp zehnminütige Unterbrechung provoziert, weil er nach einem Platzverweis von Schiedsrichter Felix Zwayer nicht auf die Tribüne gehen wollte.

Dem 48-Jährigen war über seinen Mannschaftskapitän Stefan Kießling mitgeteilt worden, dass er sich wegen unsportlichen Verhaltens aus dem Innenraum entfernen solle. Doch der Trainer forderte von Zwayer eine persönliche Begründung ein. „Warum soll ich rausgehen?“, fragte er immer wieder.

Am Mittwoch folgte die Sanktion: Schmidt wurde vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes für fünf Spiele gesperrt, wobei drei direkt zu verbüßen sind. Die beiden restlichen werden bis zum 30. Juni 2017 zur Bewährung ausgesetzt. Zudem muss er eine Strafe von 20 000 Euro zahlen.

Zwayers Aktion war dabei regelkonform, bestätigt Herbert Fandel, der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichterkommission. Denn weigert sich ein des Feldes verwiesener Trainer, dieses zu verlassen, wird das Spiel zunächst unterbrochen und im schlimmsten Fall dann komplett abgebrochen. Selbiges gilt im Falle einer gelb-roten oder einer roten Karte gegen einen Spieler.

Die Fußballwelt scheint sich einig: Diese Aktion vor einem Millionenpublikum belegt auf wenig eindrucksvolle Art, wie sich die Respektlosigkeit gegenüber Schiedsrichtern kultiviert hat – egal ob in der Bundesliga oder in der rangniedrigsten Kreisliga.

Der Obmann der Schiedsrichtergruppe Heidenheim, Daniel Grandy, bestätigt das: „Seit vier Jahren bin ich jetzt Obmann. In den ersten drei Jahren hat es keine Platzverweise gegen Trainer gegeben, im vergangenen Jahr hingegen mussten mehrere ihre Coachingzone verlassen.“

Woran das liegt, könne der 32-Jährige nicht sagen. „Vielleicht ist es eine Phase, vielleicht ist aber auch der Fußball und damit die Entscheidungsfindung schneller geworden, mutmaßt Grandy, der auch an den Abbruch der Bezirksligapartie zwischen der TSG Nattheim und Türkspor Heidenheim Ende November 2015 erinnert, bei der Gästezuschauer auf den Schiedsrichter losgegangen waren, weil sie sich von diesem ungerecht behandelt gefühlt hatten.

Und dennoch, an eine Aktion wie sie in Leverkusen stattfand, kann sich Grandy nicht erinnern. Heißt: Wenn auf den hiesigen Plätzen ein Trainer des Feldes verwiesen worden war, sei er dieser Aufforderung auch nachgekommen und hinter die Bande gegangen – was laut Regelwerk in den unteren Klassen ausreichend ist.

Respektlose Aktionen gegenüber Unparteiischen, wie die von Leverkusens Trainer Roger Schmidt, verurteilt Grandy: „Natürlich geht es im Fußball emotional zu, die Trainer haben Ziele, die sie erreichen müssen, stehen also unter Druck. Aber es kann nicht sein, dass der Schiedsrichter an allem schuld ist, insbesondere an der Leistung des eigenen Teams. Natürlich sind falsche Entscheidungen sehr ärgerlich, prozentual unterlaufen einem Spieler aber wesentlich mehr Fehler als einem Unparteiischen.“

Kritische Worte hat der Steinheimer auch für Zuschauer parat, die denken, sie dürften sich alles erlauben, nur weil sie Eintritt bezahlen. Im Gegenzug müssten sich natürlich auch Schiedsrichter an die eigene Nase fassen, und trotz des gestiegenen Interesses an ihrer Person, cool bleiben. Überreaktionen seien das falsche Mittel.

Die Menschlichkeit dürfe nicht vergessen werden, regt auch Vladimir Manislavic an. Der Trainer des Bezirksligisten FV Sontheim kennt die Regeln, würde sich aber – und vertritt damit dieselbe Meinung wie Roger Schmidt – trotzdem wünschen, dass Schiedsrichter den Trainern Platzverweise persönlich erklären. „Zu mir wird meist auch nur mein Spielführer geschickt“, so der 41-Jährige.

Zudem verstehe er die Emotionen, die vor allem Bundesligatrainer umtrieben, da „sie unter extremer Hochspannung stehen“. Manislavic selbst (er bezeichnet sich als „emotionalen Typen“) werde hin und wieder laut gegenüber den Unparteiischen und tätige Aussagen, die unangebracht seien. Dennoch sei ihm bewusst, das auch sie Fehler machten – zumal erst ab der Landesliga Linienrichter eingesetzt würden.

Auch Manislavic kassierte in dieser Saison schon einen Platzverweis. „Gegen Unterkochen wurde ein spielentscheidender Elfmeter gegen uns gepfiffen, meine Aufregung war zu groß, so dass ich hinter die Bande musste“, erinnert er sich. Der Sontheims Trainer fügte sich dieser Entscheidung und bezahlte die gegen ihn verhängte Strafe (je nach Vorkommnis), denn die letzte Instanz sei immer der Schiri.

Noch deutlichere Worte findet sein Kollege Werner Stutzmann. Der Trainer des Bezirksligisten TSG Nattheim hat „absolut kein Verständnis“ für die Vorkommnisse in Leverkusen. „Es sind doch immer dieselben Trainer und Manager, die über die Stränge schlagen und Schlagzeilen machen“, ärgert sich der 62-Jährige.

Seiner Meinung nach würden Schiedsrichter heutzutage zu Tätern gemacht und nicht als Autoritätspersonen wahrgenommen: „Im Profifußball haben sie doch gar keine Chance mehr, denn eine der zahlreichen Kameras mit Super-Zeitlupe wird immer eine kleine Fehlentscheidung aufdecken. Da wird doch nur von den eigenen Problemen abgelenkt.“

Man müsse aufpassen und jetzt mit dem Umdenken beginnen, wolle man in den nächsten Jahren in den unteren Klassen nicht völlig ohne Offizielle dastehen. „Wer will denn das heute noch freiwillig machen?“, fragt sich Stutzmann. Natürlich käme es auch immer wieder zu haarsträubenden Fehlern, über die gesamte Saison würden sich diese aber ausgleichen, ist er überzeugt.

Stutzmann selbst sei zum Ende seiner aktiven Karriere ein einziges Mal vom Platz geflogen („wegen eines Schubsers an einem Gegenspieler, für den es heute wohl nur gelb geben würde“), als Trainer hingegen noch nie.

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Aufrufe: 026.2.2016, 15:24 Uhr
RICARDA FLÄMIG / HZAutor