Doch bislang macht es den Anschein, als sei Letsch, der zuvor bei Austria Wien, Erzgebirge Aue und Red Bull Salzburg aktiv war, gekommen, um zu bleiben. Vitesse Arnheim steht nach 14 Spieltagen auf Tabellenplatz vier, Spitzenreiter Ajax Amsterdam hat nur fünf Punkte mehr auf dem Konto. Die Rolle des Titelaspiranten ist dabei völlig neu für den niederländischen Traditionsverein.
In seiner 128-jährigen Geschichte war Vitesse Arnheim am Saisonende nie besser als auf Rang drei. Dafür aber träumten sie in den 2010er-Jahren umso größer. Gleich mehrfach wechselte der Verein den Besitzer, auf den georgischen Geschäftsmann Merab Jordania folgte der russische Milliardär Alexander Tschigirinski. Mittlerweile ist der Oligarch Valery Oyf Großaktionär. Sie alle versprachen das große Geld und Titel. Gerecht wurden sie den Ansprüchen nicht. Stattdessen avancierte Vitesse Arnheim zuletzt eher zur grauen Maus der Liga, die Zuschauerzahlen im Stadion GelreDome sanken stetig.
Doch seit der laufenden Saison herrscht frischer Wind beim Fußballklub aus der 160.000-Einwohner-Stadt. Die Gesichter des Aufschwungs kommen aus Deutschland. Es sind Thomas Letsch und Johannes Spors, die für eine kleine Fußballrevolution am Rhein sorgen. Es war die erste Amtshandlung des neuen Sportdirektors Spors, der zuvor bei RB Leipzig das Scouting und beim HSV die Kaderplanung verantwortete, Thomas Letsch als Trainer einzustellen. Die Deutschen kennen sich aus gemeinsamen Red-Bull-Zeiten – und stehen für attraktiven Offensivfußball. Bei seiner Vorstellung im März sagte Spors über den Traditionsklub, dass er „aus seinen strukturellen Möglichkeiten heraus den europäischen Fußball erreichen kann – und nicht mit dem Portemonnaie eines Sponsors“.
Bislang geht die Rechnung auf. Nach 14 Spieltagen steht man auf Platz vier. Mit hohem Pressing und direktem Spiel nach vorne hat Vitesse im Land des Ballbesitzfußballs und des traditionellen 4-3-3-Systems für Aufmerksamkeit gesorgt. Auf dem Weg zum Tor brauchen die Gelb-Schwarzen meist nur wenige Kontakte. „Was ich so mitbekommen habe, war, dass die Leute zu Beginn schon recht skeptisch waren: ,Was machen die da?’. Jetzt merkt man aber, dass die Leute recht begeistert sind“, sagte Thomas Letsch jüngst. Dabei wurde sein Team aus bescheidenen Mitteln zusammengestellt. Im Kader stehen nicht nur zahlreiche Leihspieler, sondern vor allem Akteure, die anderswo in eine Karriere-Sackgasse geraten waren.
Doch das Engagement von Letsch passt in einen Trend. Die niederländische Eredivisie erreichte zuletzt nämlich eine deutsche Welle. Mit Roger Schmidt bei PSV Eindhoven und Frank Wormuth bei Heracles Almelo sind zwei weitere deutsche Trainer erfolgreich in der höchsten Spielklasse des Nachbarlandes aktiv. Hinzu kommen 31 Spieler verteilt auf 14 Vereine. Die namhaftesten sind Mario Götze, Philipp Max und Timo Baumgartl, die unter Roger Schmidt auflaufen. Auch die Ex-Bundesliga-Akteure Sebastian Polter (Fortuna Sittard), Lars Unnerstall (PSV Eindhoven) und Lennart Thy (Sparta Rotterdam) haben ihrer Karriere in den Niederlanden neues Leben eingehaucht. Den Grund dafür, dass die Legionäre in der Eredivisie einschlagen, brachte jüngst Maximilian Wittek im Gespräch mit dem Fußballmagazin „Voetbal International“ auf den Punkt. Der Linksverteidiger, einst deutscher U20-Nationalspieler und bis zum Sommer beim Zweitligisten Greuther Fürth unter Vertrag, ist mittlerweile Stammspieler unter Thomas Letsch bei Vitesse Arnheim. „Ich bringe ein bisschen deutsche DNA mit: immer mehr geben zu wollen“, sagte der 25-Jährige.
Info: Der deutsche Boom in der Eredivisie
Trend Aktuell sind 31 Fußballprofis in der niederländischen Eredivisie aktiv. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es nur zwei, 2015 acht Spieler.
Personalie Für die Dienste des 27-jährigen Linksverteidigers Philipp Max überwies PSV Eindhoven im Sommer gar acht Millionen Euro Ablöse an den FC Augsburg.
Star Namhaftester deutscher „Legionär“ ist WM-Siegtorschütze Mario Götze, der vor der Saison zur PSV Eindhoven wechselte.