2024-06-06T14:35:26.441Z

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Thorsten Lang hat bezieht im Interview der Woche Stellung zur Vereinsstruktur der Spvgg. Eltville und antwortet auf die Vorwürfe von Nico Moser aus der vergangenen Woche.
Thorsten Lang hat bezieht im Interview der Woche Stellung zur Vereinsstruktur der Spvgg. Eltville und antwortet auf die Vorwürfe von Nico Moser aus der vergangenen Woche. – Foto: Lang/stock.adobe
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"Am Ende muss einer entscheiden"

Nach dem Rücktritt von Nico Moser: Unsere "Nachspielzeit" mit dem Eltviller Vorsitzenden +++ Was er zu den Vorfällen sagt und wie er dem Vorwurf der Alleinherrschaft begegnet

Eltville. Es war kein Rücktritt wie jeder andere: Noch auf dem Platz hatte Nico Moser, sein Amt als Teil des sechsköpfigen Eltviller Trainerkonsortiums niedergelegt – direkt nach dem 2:1-Heimsieg der zweiten Mannschaft im Kreisoberliga-Match gegen den SV Hallgarten. Wenige Tage später gab der 25-Jährige FuPa ein Interview, das - auch vereinsintern - hohe Wellen geschlagen hat. Zumal Moser die Vereinsführung kritisiert hatte. In dieser Woche äußert sich Eltvilles Vorsitzender Thorsten Lang zu dem Vorfall, der zu Mosers Rücktritt geführt hatte, der etwas anderen Eltviller Vereinsstruktur und Vorwürfen der Alleinherrschaft.

FuPa: Herr Lang, es ist etwas mehr als zwei Wochen her, dass mit Nico Moser ein Teil des Trainerkonsortiums in Eltville zurückgetreten ist – noch auf dem Spielfeld. Im Interview mit FuPa hatte Moser seine Entscheidung begründet. Unter anderem war es nach einem verletzungsbedingten Wechsel zu einer verbalen Auseinandersetzung mit Ihnen gekommen. Wie haben Sie persönlich die Situation erlebt?

Thorsten Lang: Wir hatten bei diesem Spiel nur zwölf Spieler. Bei dem Spieler, der draußen saß, war klar, was geht und was nicht geht. Bei der Einwechslung waren der Spieler und alle anderen, sagen wir, überrascht, dass ein Spieler, der eigentlich Linksfuß und Zehner ist, plötzlich Rechter Verteidiger spielen sollte. Dann habe ich Nico darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht die beste Idee ist und ihm eine Anregung gegeben, wie man es besser machen könnte. Die hat er nicht aufgenommen und dann aggressiv reagiert – viel zu aggressiv. Als das Überhand genommen hat, habe ich ihm gesagt, dass es das für ihn dann war, hier in Eltville. Im Übrigen standen drei andere Trainer unseres Vereins neben mir, die deutlich länger als Nico dabei sind und Nicos Verhalten ebenfalls als aggressiv und unangemessen empfunden haben.

FuPa: Wie genau haben Sie Nico darauf aufmerksam gemacht?

Lang: Von diesem Dialog gibt es auch ein Gesprächsprotokoll (spricht das Protokoll nach). So ein Vorfall kann immer mal passieren, ich will das nicht zu hoch hängen. Aber es ist eben schon mal – anders als Nico es im Interview dargestellt hat – bei einem anderen Spiel passiert, quasi spiegelbildlich mit Sven Klärner. Das war damals unkritisch, weil da kaum Zuschauer da waren. Aber Nico hatte quasi schon eine gelbe Karte.

FuPa: Nico Moser hat beklagt, Sie hätten sich in „seinen Kompetenzbereich als Trainer“ eingemischt. Können Sie das nachvollziehen?

Lang: Nein, überhaupt nicht. Dafür muss man den Verein in seiner Struktur verstehen. Nico Moser war hier im Verein einer von 23 Trainern, der Mitte Oktober als sehr junger Trainer in einen Trainerstab eingesetzt wurde, weil Sven Klärner eine starke Bindung und Vertrauen zu Nico hatte. Bedingt durch seinen schweren Autounfall reden wir von einer Nettozeit im Trainerteam von drei Monaten. Da muss man auch mal zuhören und einen Rat aufgreifen. Es ist logisch und entsprechend kommuniziert, dass wenn ein sehr junger Trainer gerade anfängt, er für Tipps offen sein muss und er dann nicht am oberen Ende der Nahrungskette steht. Das muss man sich in einer Gruppe verdienen.

FuPa: Das heißt, in dem Spiel, war Nico Moser der verantwortliche Trainer, der die Anweisungen gibt oder doch jemand anderes?

Lang: Nochmal: Nico war in diesem Spiel verantwortlich. Aber das heißt ja nicht, dass man es stillschweigend hinnehmen muss, wenn man einen Fehler sieht. Es geht darum, dass man sich selbst überprüft. Ich selbst bin doch auch froh, wenn mir Trainerkollegen sagen: ‚Willst du das wirklich so machen?‘ In Waldgirmes wollte ich die Dreierkette mit Christopher Bingel besetzen, meine Kollegen Bonß und Klärner waren anderer Meinung und Bingel spielte auf der Sechs sehr gut und Gentrit Haxhosaj hat als linker Innenverteidiger ein überragendes Spiel gemacht. Die beiden hatten Recht und wir mit dem letzten Aufgebot einen Punkt geholt.

FuPa: Nico Moser war bis zu seinem Rücktritt Teil eines sechsköpfigen Konsortiums, das für die drei Mannschaften im Aktivenbereich verantwortlich ist, und das in Eltville Ende Oktober nach dem Rücktritt von Cheftrainer Thorsten Becht und der Trennung von Daniel Dillitz eingeführt wurde. Zeigt Mosers Rücktritt nicht auch Schattenseiten dieses Modells auf, wenn bei kurzfristigen Entscheidungen während des Spiels zu viele Leute mitreden dürfen?

Lang: Na klar wäre das eine Schwäche. Am Ende muss einer entscheiden, da müssen wir realistisch bleiben, dass muss der Trainer sein! Aber im Fall von Nico Moser ging es um eine offensichtliche Fehleinschätzung, die er in Unwissenheit über einen Spieler getroffen hat, den er eigentlich kennen müsste. Das kann doch alles passieren, aber dann kann man es doch auch korrigieren. Genauso wie es passieren kann, dass man andere Wege geht. Kein Problem. Aber das in dieser Art und Weise in die Öffentlichkeit zu bringen und aus unserer Sicht diesen Fall und damit den Verein in ein falsches Licht zu rücken, das ist ein Problem.

Das Modell des Trainerkonsortiums ist im Amateurbereich hier in der Region für viele Außenstehende nicht einfach zu durchschauen. Können Sie erklären, wer in diesem Konsortium überhaupt welche Kompetenzen hat?

Lang: Vielleicht kann ich unser Abendspiel bei Waldgirmes II als Beispiel nehmen: Das Dreierteam Andi Bonß, Sven Klärner und ich tauschen uns vorher über die taktische Ausrichtung und die Aufstellung aus. Die Ansprachen ans Team halte ich. Im Übrigen war auch Nico Hernandez (Co-Spielertrainer, war für das Spiel jedoch nicht einsatzbereit, Anmerkung der Redaktion) immer involviert – das ist aus meiner Sicht der richtige Ansatz im Management, auch bei Vereinen. Es ist aber keine Selbsterfahrungsgruppe. Da gibt es immer verschiedene Meinungen und am Ende muss einer entscheiden. Wir reden doch da nicht immer über alle elf Spieler, sondern über einzelne Positionen und die entsprechende Ausrichtung. Der Inhalt, wie wir Fußball spielen wollen, der muss im Training erarbeitet werden. Ansonsten ist es Glück. Dazu brauchst Du ein größeres Team.

FuPa: Und da sehen Sie nicht die Gefahr, dass sprichwörtlich zu viele Köche dabei den Brei verderben?

Lang: Überhaupt nicht. Wir machen da eine klare Aufgabenteilung. Zum Beispiel Sven: Der steht immer mit auf dem Platz. Er macht nicht die Inhalte für das Training, hat aber ein großes Gespür für Machbarkeit. Dafür organisiert er mehr, stellt die Kader ein im DFBnet, organisiert die Busfahrt, kümmert sich um Trikots. Ich wusste zum Beispiel nicht, in welcher Trikotfarbe wir am Mittwoch spielen würden.

FuPa: Wie sieht es in der Trainingsarbeit aus?

Lang: Hier ist die Besonderheit, dass wir mit unserer A-Jugend trainieren. Das hilft der A-Jugend und auch uns, damit wir bei der momentanen Corona- und Verletztenmisere genügend Spieler auf dem Platz haben. Oft ist das also Stationstraining. Aktuell plane ich das Training, ein Festangestellter baut die Übungen vorher auf. Aber auch Andi Bonß plant, seit er da ist, verschiedene Einheiten. Er hat ein großes Netzwerk und ist mehr als Sven oder ich in die Kaderplanung involviert. Dazu brauchen wir ihn in der Videoanalyse und auf dem Platz sowieso.

FuPa: Im Interview mit Nico Moser schwingt latent der Vorwurf mit, dass einzelne Personen ihre Interessen über die des Vereins stellen würden. Dieser Vorwurf dürfte vor allem an Sie gerichtet sein. Ich zähle mal Ihre Funktionen im Verein auf: Erster Vorsitzender, Mitglied im „Trainerkonsortium“ der Aktiven, Leiter der Presseabteilung, trainieren die A-, B1- und D1-Junioren mit. Sind Sie der Alleinherrscher in Eltville?

Lang: (lacht) Nein, das kann ich doch gar nicht sein. Es sind fast 20 Mannschaften, aktuell 22 Trainer, dazu eine Finanzabteilung, Jugendleitung, etc. Wir sind ein großer Verein. Das kann man doch gar nicht alles allein stemmen. Wenn ich schon sehe, was unser Kassierer und Betreuer Gerhard Schöppler oder Sven an Stunden in ihrer Freizeit abreißen. Natürlich kommen die Vorgaben sportlicher Art im Verein von irgendwo her. Da sagen Sie ‚Alleinherrscher‘. Für mich ist das Struktur.

FuPa: Wieviele Stunden investieren Sie momentan in die Vereinsarbeit?

Lang: Sieben bis acht Stunden am Tag, an sieben Tagen die Woche.

FuPa: Allein daraus ergibt sich eine hohe Verbindung zum Klub. Wenn Sie Entscheidungen treffen: Wer kann Sie eigentlich umstimmen?

Lang: Wirklich jeder!

FuPa: Der Verein hat sich unter Ihrer Führung rasant entwickelt. Die Erste ist von einer grauen Maus der Kreisoberliga zu einem Verbandsliga-Team avanciert, die Zweite aus der C-Liga in die Kreisoberliga aufgestiegen, alle Jugenden sind mehrfach besetzt, die U19, U17, U15 und U13-Junioren spielen Gruppenliga, es gibt eine Kooperation mit dem SV Wehen Wiesbaden. Nun hat Nico Moser bemängelt, dass momentan im Verein das „Eltviller Bube“-Gefühl fehle. Wie lässt sich dieser Spagat bewältigen, sportliche Ambitionen voranzutreiben, Spieler aller Altersklassen nach Eltville zu locken und trotzdem dieses Heimatgefühl zu erhalten?

Lang: Eine total berechtigte Frage, auf die es keine Schablone als Antwort gibt, weil es in jeder Gruppe anders funktioniert. Ich glaube, dass wir bei den Aktiven eine Phase hatten, wo unglaublich viele Kumpels zusammengespielt haben. Dann kamen ein paar junge dazu, wie ein Marvin Kauer, Julian Vogler. Später kamen dann Bender, Veith und Naghsh. Das hat sehr gut funktioniert, was aber auch Glück war. Natürlich sind wir jetzt an einem Punkt, wo vieles, was diese Gemeinschaft getragen hat, neu justiert werden muss. Bleiben wir bei dem Brennen für einen Verein: In meiner B-Jugend sind aus dem 18er-Kader drei Eltviller – und trotzdem fühlen sich alle als Eltviller Buben. Klar ist, es wird einen massiven Umbruch bei den Aktiven geben, das ist aber ein normaler Vorgang.

FuPa: Als Sie damals das Konsortium gebildet haben, sagten Sie im Wiesbadener Kurier, dass Sie junge Menschen mehr in die Pflicht nehmen wollen. Mitglieder des Konsortiums, wie Marcel Krabler und Nico Hernandez, sollten mit ihrem Engagement Vorbilder für junge Menschen sein, um einem „heutigen Zeitgeist“ im Mannschaftssport entgegenzusteuern. Können Sie beleuchten, welche Entwicklung Sie hier beobachtet haben?

Lang: In unserem Verein betrifft es uns auch, wir schwimmen da im Schnitt. Was in den Gesprächen mit Kollegen auf Funktionsebene immer wieder rauskommt, ist: Spieler kicken zwar gerne, aber oft nur zu ihren eigenen Bedingungen. Das merkt man in der Regel nicht bei Spielern, die über 30 sind und auch nicht bei U17-Spielern. Mein Aha-Erlebnis war, als mir A-Jugendliche sagten: Warum redest du nicht mit uns über nächste Saison? Denen habe ich gesagt: ‚Ich habe euch zwölf Jahre den Hintern abgeputzt, warum sollte ich vorab mit euch reden? Wenn Ihr Fragen habt, dann fragt. Bin jederzeit ansprechbar.“ Wer hat also die Hol- und die Bringschuld. Ich habe da eine klare Meinung und dieser Zeitgeist, der macht mir große Sorgen.

FuPa: Wie kann man dem entgegentreten?

Lang: Mit Struktur. Man darf nicht den Fehler machen und sagen: Früher war alles besser. Man muss modern bleiben, zuhören. Man muss die Spieler konfrontieren und zu fragen: Wer hat die Bring- und wer die Holschuld? Ich kann nicht 250 Spieler nach allem fragen. Ich habe auch jedem Spieler der ersten Mannschaft gesagt, dass ich nicht derjenige bin, der sie die ganze Zeit in den Arm nimmt. Wenn wir uns auf alle oberflächlich stürzen, können wir uns nicht mehr um die kümmern, die wirklich ein Problem haben. Bennet Schröder ist aktuell so ein Fall nach seiner schweren Verletzung. Auch Nico Moser wurde nach seinem Autounfall von Sven emotional aufgebaut.

FuPa: Sie erwähnen Moser. Er hat im Interview nun vorgeworfen, einzelne Leute stellten ihre Interessen über die des Vereins. Ein Gedankengang, den Sie mit der Einführung des Trainerkonsortiums „in der Mottenkiste“ hatten ablegen wollen. Schmerzen Sie solche Vorwürfe persönlich, weil sie von jemandem kommen, um den der Verein sich nach eigener Aussage besonders gekümmert habe?

Lang: Mich schmerzt es nicht so wie Sven. Aber dass es mir nicht gefällt, ist auch klar.

Aufrufe: 08.4.2022, 18:30 Uhr
Philipp DurilloAutor