2024-04-25T14:35:39.956Z

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Mit ihr geht es zu Ende: Die Haupttribüne im Bürstädter Robert-Kölsch-Stadion. Foto: Thorsten Gutschalk
Mit ihr geht es zu Ende: Die Haupttribüne im Bürstädter Robert-Kölsch-Stadion. Foto: Thorsten Gutschalk

Abpfiff für die Haupttribüne

Robert-Kölsch-Stadion: Stadtentwicklungsausschuss ist aus wirtschaftlichen Gründen einstimmig für Abriss

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Abpfiff für die Haupttribüne. Und das wohl endgültig besiegelte Aus kommt sogar nach ziemlich genau 90 Minuten, ohne ersehnte Nachspielzeit. Als die Mitglieder des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses am Dienstagabend geschlossen ihre Finger heben, ebnen sie den Weg für den befürchteten Abriss der Zuschauerbühne im Robert-Kölsch-Stadion. Damit soll der Weg freigemacht werden für ein neues, großes Zukunftsprojekt: den Bildungs- und Sportcampus.

„Wir wissen, dass viele Herzen daran hängen. Leicht fällt uns diese Entscheidung nicht“, betont Franz Siegl bei der Sitzung im Gruppenraum Nord, zu der sich auch ein Dutzend VfRler als Besucher einfinden. Von ihrem Rederecht machen sie nicht Gebrauch, dafür zählt der SPD-Fraktionsvorsitzende noch einmal die eklatanten Mängel auf, die eine Untersuchung von Bausubstanz und Statik im Dezember ergab: Schadstoffbelastung, Schimmelbefall, Schäden an der Stahlkonstruktion der Überdachung. „In den letzten Jahrzehnten wurde hier nicht viel gemacht, leider ist die Tribüne stark abgenutzt“, so Siegl. Dem zurzeit stark aufflackernden Thema Brandschutz werde das Stadion schon seit 30 Jahren nicht gerecht.

Viele Fans hängen an dem rustikalem Flair

In den vergangenen Jahren schaffte es die Fanstätte dennoch, oder gerade aufgrund ihres nostalgischen Reizes und morbiden Charmes in Fußball-Magazine wie „11 Freunde“. Auch Groundhopper – Fannomaden, die bewusst von einem Stadion zum nächsten tingeln – verwiesen zuletzt auf den in Deutschland kaum mehr auffindbaren Flair des rustikalen Runds, in welcher man Fußballhistorie und -tradition noch atmen könne. Doch die Politiker halten dem Kultstatus den Status Quo entgegen. Denn am Ende ist auch alles eine Frage des Geldes, der Finanzierung – und der wirtschaftlichen Rentabilität. „Politik muss Prioritäten setzen. Wir müssen uns die Frage stellen: Wollen wir die Vergangenheit sanieren oder die Zukunft gestalten? Nur mit innovativen Ideen, von denen möglichst viele profitieren, öffnen sich uns auch Fördertöpfe“, wirft CDU-Parteivorsitzender Alexander Bauer in die Runde.

Lange Zeit wurde der VfR vom 2010 verstorbenen Vereinsidol und Stadionnamensgeber Robert Kölsch unterstützt. Nun macht sich ein anderer Mäzen daran, der Stadt Bürstadt beim insgesamt über zehn Millionen Euro schweren Sportprojekt finanziell unter die Arme zu greifen: Dietmar Hopp. Zwei Millionen Euro hat seine Stiftung für die Verwirklichung des Bildungs- und Sportcampus zugesagt. Voraussetzung: Das Geld fließt in den Jugendförderverein (JFV). „Es ist nur für investive Maßnahmen vorgesehen, aber nicht für den Erhalt oder Abriss einer Tribüne“, verrät Frank Bornmann vom zuständigen Beraterbüro „Drees & Sommer“.

Und zukunftsorientiert sind die vom Planungsbüro Schelhorn präsentierten Entwürfe allemal. Auch für die Fußballer. Dort, wo seit 1973 die blauen Plastiksitzbänke über der Spielfläche thronen, könnte in Zukunft ein Bildungsgebäude samt Boulderwand zum Klettern stehen – und sich der alte Rasen des Spielfeldes in Kunstrasen verwandeln. Mit einer kleinen Tribüne auf der anderen Seite, welche sowohl von Zuschauern als auch von Sportlern für Aufwärmübungen genutzt werden könnte. Auch eine lange ersehnte und nie verwirklichte Sechs-Mast-Flutlichtanlage ist in den vorläufigen Skizzen eingezeichnet.

Rund die Hälfte der zehn Millionen Euro habe die Stadt aufgrund verschiedener Fördermöglichkeiten schon zusammengekratzt. Die halbe Million Euro, die eine Kernsanierung der Tribüne mindestens kosten würde, kann die Kommune aber kaum aufbringen – und auch nicht fördern lassen. Damit ist auch der von Siegl etwas spät eingeworfene Vorschlag, das Stadiondach zu erneuern und gleich mit einer Fotovoltaikanlage auszurüsten, um den ganzen Campus autark mit Energie zu versorgen, schnell verpufft. Wie auch die Idee, die Architekten vielleicht doch noch davon zu überzeugen, die historische Stätte in die moderne Anlage zu integrieren. „Architekten können Wunderbares bewirken, aber ist es auch bezahlbar?“, kontert Bornmann.
So bleibt auch Franz Siegl am Ende nur eines zu sagen: „Nach den heutigen Voraussetzungen, die wir kennen, muss die Tribüne weg. Aber ich bitte trotzdem darum, die Bagger nicht gleich morgen anfahren zu lassen.“

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Erhalt war bis November geplant

Bis zum vergangenen November war die Tribüne noch fester Bestandteil der Campus-Planung. Doch die Untersuchung im Dezember und das im Februar 2018 veröffentlichte Gutachten machten diesem Bestreben einen Strich durch die Rechnung. Wie Bürgermeisterin Bärbel Schader betont, sind seit 2015 stets alle Vereine über die Entwicklung des neuen Sportparks informiert worden.

Aufrufe: 014.6.2018, 08:33 Uhr
Marco PartnerAutor