2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Der FC Ostrach (links: Rene Zimmermann) würde auch in der Saison 2020/2021 gerne in Hin- und Rückspiel auf den FC Mengen (rechts: Anton Hartock) treffen. Die Schwarz-Gelben dagegen plädieren für eine einfache Qualifikationsrunde und eine anschließe Archiv-Foto: Thomas Warnack
Der FC Ostrach (links: Rene Zimmermann) würde auch in der Saison 2020/2021 gerne in Hin- und Rückspiel auf den FC Mengen (rechts: Anton Hartock) treffen. Die Schwarz-Gelben dagegen plädieren für eine einfache Qualifikationsrunde und eine anschließe Archiv-Foto: Thomas Warnack
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"38 Spieltage sind ein Brett"

Fußball-Landesliga: Ostrach und Riedlingen plädieren für normale Runde, Mengen stimmt für die Alternative

Bad Saulgau / sz - Die neue Landesliga-Saison 2020/2021 soll am 22. August beginnen. 20 Mannschaften spielen dann um den Aufstieg oder gegen den Abstieg. Der Württembergische Fußball-Verband (WFV) hat bereits angedeutet, dass er es sich vorstellen könne, angesichts der 20 Mannschaften, den Abstieg auf zwei Jahre auszudehnen, um erst zur Spielzeit 2022/2023 wieder die Sollzahl zu erreichen. Das würde trotzdem pro Saison bis zu sechs Absteiger bedeuten. In der Diskussion ist auch immer noch eine Modifizierung des Spielsystems, weg von der "normalen" Doppelrunde mit 38 Spieltagen, hin zu einer einfachen Qualifikationsrunde mit einer anschließenden Meister- und einer Abstiegsrunde, ebenfalls einfach. In einer Abstimmung per E-Mail, die Staffelleiter Andreas Schele durchführen ließ, hatten sich elf Vereine für diese Variante ausgesprochen, acht Klubs hatten für die normale Doppelrunde mit 38 Spielen votiert, eine Mannschaft hatte sich enthalten (die SZ berichtete). Der WFV will seine Entscheidung in dieser Woche veröffentlichen.

Der FC Ostrach sprach sich für die Normalrunde mit 38 Spieltagen aus. Das sagt Abteilungsleiter Raphael Vetter zur Anfrage der "Schwäbischen Zeitung". "Wir haben uns ausführlich Gedanken gemacht, ob so oder so, uns aber für die normale Runde mit 38 Spieltagen entschieden", sagt der Torwart. "Für uns gibt es bei der Alternativlösung zu viele Unwägbarkeiten und Unsicherheiten. Gegen wen bestreite ich die Heimspiele? Gegen wen die Auswärtsspiele? Was ist mit den Derbys", sagt er über die wohl zuschauerträchtigen Spiele gegen den FC Mengen - in der vergangenen Saison kamen gegen die Schwarz-Gelben in beiden Spielen jeweils rund 1000 Zuschauer - oder gegen den Aufsteiger TSV Riedlingen, der erfahrungsgemäß viele Fans mitbringt. Auch die sportliche Seite einer solchen Alternativlösung ist für den FC Ostrach fragwürdig. "Du wirst Zehnter, musst dir über den Klassenerhalt keine Gedanken mehr machen, aber nach oben geht eben auch nichts mehr. Der Rest der Saison ist für die Katz’." Andererseits sei Platz elf in der Qualifikationsrunde mit sehr viel Unsicherheit verbunden. "Da spielst du dann nur noch gegen die Kleinen. Gegen die tun wir uns erfahrungsgemäß immer schwer. Am Ende fällst du auf Rang 15 oder 16 zurück und steigst ab", sagt Vetter, dessen FC Ostrach seit Freitag wieder im Training ist und der für den WFV-Pokal gemeldet hat (der WFV hat die Teilnahme in dieser Saison freigestellt, Anm. d. Red.). Außerdem stelle sich die Frage, wie der Vergleich zu den anderen Landesligen oder der Bezirksliga in der Relegation sei, wenn nur die Landesliga 4 die Alternativrunde spiele. "Die Vereine in der Landesliga 4 haben dann 28 Spiele in den Knochen, zehn weniger als die Mannschaften der anderen Landesligen und auch weniger als die Bezirksligisten", sieht Vetter dann einen klaren Wettbewerbsvorteil bei den Vereinen der Landesliga 4. Den Antrag, den verschärften Abstieg auf zwei Jahre auszudehnen, um die Sollzahl wieder zu erreichen, unterstützt der FC Ostrach, ebenso wie den Plan, bei einem erneuten Saisonabbruch wieder mit einer Quotientenregelung, dann aber mit Abstieg, zu arbeiten. Vetter: "Wenn ich vor der Saison die Voraussetzungen kenne, ist das in Ordnung."

Für den Alternativvorschlag mit 28 Spielen hat sich der FC Mengen ausgesprochen, der seit Sonntag wieder im Training ist. "Unsere Entscheidung fiel eigentlich im Wesentlichen nur aufgrund der Anzahl der Spiele. Weil 38 Spiele - das ist ein Brett. Die anderen Gründe traten vor diesem in den Hintergrund und waren eigentlich nicht entscheidend", sagt Spielleiter Mario Campregher. "Aber wie auch immer die Entscheidung ausfällt: Wir werden das akzeptieren und hinter der Entscheidung des WFV stehen." Denn auch beim FC Mengen rechnet man damit, dass eine lange Saison mit 38 Spieltagen bevorsteht. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es der WFV zulässt, dass auf einer Ebene mit zwei unterschiedlichen Systemen gespielt wird", sagt Campregher. Sprich eine Landesliga spielt eine normale Doppelrunde, eine andere die Alternativrunde mit Qualifikations-, Auf- und Abstiegsrunde. Campregher zeigt aber auch Verständnis für die Vereine, die sich für eine normale Doppelrunde aussprachen. Auch der FC Mengen hat für den WFV-Pokal gemeldet. "Das sind gute Vorbereitungsspiele unter Wettbewerbsbedingungen und vielleicht erwischt man ja einen guten, namhaften Gegner", sagt Campregher. Mit einer in der kommenden Spielzeit geltenden Abstiegsregelung hat sich der FC Mengen noch nicht auseinandergesetzt. Der Tabellenfünfte der vergangenen Saison geht optimistisch in die Runde, sich darüber keine Gedanken machen zu müssen. Kein Wunder, denn Trainer Miroslav Topalusic geht mit einem noch größeren Kader in die neue Saison. Manuel Frommeld meldete sich zwar zur zweiten Mannschaft ab, doch die externen Neuzugänge Yannik Merk und Ladislav Varady, der seinen Lebensmittelpunkt nach Mengen verlegt (Campregher: "Er wohnt ab September in Mengen.") sowie den nun dauerhaft aufrückenden Konrad Schaut und Marco Ostwald sowie drei weiteren A-Junioren, die zum erweiterten Kader stoßen, geben Topalusic mehr Alternativen an die Hand.

Aufsteiger TSV Riedlingen folgt der Argumentation des FC Ostrach. "Unserer Meinung nach hat der Alternativvorschlag von Staffelleiter Andreas Schele einige Geburtsfehler", sagt Abteilungsleiter Markus Blum. "Wir haben uns mit unserem Trainer Hans Hermanutz lange unterhalten und auch ihm war es lieber, 38-mal um Punkte zu spielen, als eine Einfachrunde zu absolvieren. In der hast du vielleicht Pech, hast alle attraktiven Gegner auswärts und am Ende fast keine interessanten Heimspiele", sagt Blum. Und schließlich wolle man nach dieser schwierigen Coronazeit auch die Zuschauer für ihre Treue belohnen und ihnen interessante Spiele bieten. "Natürlich ist uns das Risiko mit 38 Spieltagen bewusst", sagt Blum, "und 38 Spiele sind ein Brett". Aber in einer Einfachrunde mit einer anschließenden Meister- oder Absteigerrunde habe man als Zehnter der Qualifikationsrunde Spiele um die goldene Ananas oder eben in der Absteigerrunde Spiele, die niemanden interessierten, weil die Gegner unattraktiv seien, "oder selbst keine Fans mitbringen", sagt Blum. Hinzu komme eine eventuelle Wettbewerbsverzerrung bei unterschiedlichen Systemen im Verbandsgebiet oder sogar innerhalb einer Ebene. Außerdem sei der Rahmenterminplan aus seiner Sicht gut, betont Markus Blum. "Wir haben im September zwei englische Wochen, spielen an Ostern, an Pfingsten. Eigentlich hat man nur die Lücken im Terminkalender geschlossen", sagt er weiter. Die Attraktivität sei in einer Runde mit 38 Spielen aber durchweg höher. Seit Freitag sind auch die "Rothosen", die ebenfalls am WFV-Pokal teilnehmen, wieder im Training. "Hans Hermanutz hat den Spielern noch einmal zwei, drei Wochen frei gegeben, in den kommenden Wochen trainieren wir aber vier Mal pro Woche." Blum und der TSV Riedlingen plädieren dafür, dass der verschärfte Abstieg auf zwei Jahre ausgedehnt wird. "Bei acht Absteigern hätte man drei, vier Mannschaften, die um den Titel spielen, der Rest gegen den Abstieg."


Es gibt keine Paradelösung

Die Lage ist schwierig. Eine goldene Lösung für eine 20 Mannschaften umfassende Amateurliga gibt es wohl nicht. Eine normale Runde mit Hin- und Rückspielen mit 38 Spieltage ist, wie eigentlich alle sagen, „ein Brett“. Verletzungen, Ausfälle und einsetzende Fußballmüdigkeit sind fast vorprogrammiert. Vor allem für Mannschaften, die unter Umständen frühzeitig den Anschluss verlieren, kann so eine Saison unerträglich lang werden. Aber eine volle Runde ist am Ende wahrscheinlich fairer als eine Einfachrunde mit anschließendem Play-Off und Play-Down, als Aufstiegs- und Abstiegsrunde, denn es wird nie eine gerechte Verteilung der Heim- und Auswärtsgegner geben. Was für die Alternativrunde spricht, ist die geringere Belastung der Amateurfußballer, die alle auch noch Beruf, Studium, Familie etc. haben und denen nicht alles abgenommen wird wie bei den Profis in England, Italien, Frankreich die im Oberhaus ebenfalls mit 20 Mannschaften spielen. Meiner Meinung nach sollten alle Ligen in einem einheitlichen System spielen, um am Ende in eventuellen Relegationsrunden die Chancengleichheit zu wahren. Auch wäre es sinnvoll, den Abstieg in den 20-er-Ligen auf zwei Spielzeiten auszudehnen, um die Soll-Zahl zu erreichen. Aber noch weiß ohnehin niemand so richtig, was da auf uns zukommt. Es droht ja noch immer eine zweite Corona-Welle. Das wäre das Schlimmste überhaupt, dann lieber 38 hoffentlich sorgenfreie, hygienisch unbedenkliche Spieltage.

Aufrufe: 014.7.2020, 01:00 Uhr
Marc DittmannAutor