2024-05-10T08:19:16.237Z

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In Zukunft soll der drucklosere Futsal-Ball bei allen Hallenturnieren– nunmehr auch bei den Aktiven – zum Zuge kommen Foto (Archiv): Holom
In Zukunft soll der drucklosere Futsal-Ball bei allen Hallenturnieren– nunmehr auch bei den Aktiven – zum Zuge kommen Foto (Archiv): Holom

Der Futsal-Ball wird jetzt vorgeschrieben

Zwei Wochen vor Beginn der Hallensaison nimmt der Verband eine gravierende Änderung vor +++ Mit Kommentar zum Thema

Über 40 Vereinsverantwortliche staunten beim Infoabend des Bezirks Böblingen/Calw im Gültlinger Sportheim am vergangenen Donnerstagabend, bei dem es um die neuen Hallenfußball-Regeln ging, nicht schlecht. Bereits zu den ersten Turnieren im Dezember ist der Futsal-Ball als Spielball bei den Aktiventurnieren zwingend vorgeschrieben.

"Der DFB will mit aller Gewalt Futsal einführen"

Bei der Powerpoint-Präsentation, die Bezirksspielleiter Helmut Dolderer (Wildberg) den Anwesenden präsentierte, prangte in roter Schrift „Pflicht = Futsal-Ball“ von der Leinwand. Dass der Bezirk, respektive der Württembergische Fußballverband (WFV), den Vereinen vorschreibt, mit welchem Ball zu spielen ist, dürfte wohl ein Novum sein. Jahrzehntelang kam der Lederball bei jedem Aktiventurnier zum Einsatz. In den 70er und 80er Jahren gab es eine kurze Phase, indem mit einem hellgelben Filzball gespielte wurde, der nicht so schmerzte, wenn man ihn aus kurzer Entfernung, etwa aus drei, vier Metern, an den Körper bekam. Inzwischen ist die Filzkugel nur noch beim Neubulacher SV-Cup gefragt. Damit soll nun Schluss sein. Helmut Dolderer schnaufte tief durch: „Der DFB will mit aller Gewalt Futsal einführen.“

"Das ist ein völlig anderes Spiel"

Bereits in den Jahren 2010 bis 2014 propagierte der WFV das Futsal-Spiel auf die kleinen Handballtore, das einen wesentlichen Unterschied zum herkömmlichen Hallenfußballspiel hat: den Ball. Der Futsal-Ball hat relativ wenig Druck (0,6 bis 0,9 bar Überdruck gegenüber 1,1 bar beim Standard-Fußball). Die Folge: Das aus Kunststoff gefertigte Spielgerät springt aus zwei Meter Fallhöhe nicht mehr hoch vom Boden ab, höchstens 65 Zentimeter – also eine doppelte Lineallänge. Dementsprechend weniger Wumms erzeugt ein solcher Ball. Distanzschüsse aus 20 oder 25 Metern entlocken den Torhütern beim Futsal nur ein müdes Lächeln. „Das ist ein völlig anderes Spiel“, meinte beim Infoabend am vergangenen Donnerstagabend ein Vereinsfunktionär in Gültlingen. Helmut Dolderer widersprach allerdings: „Es wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Ich denke vielmehr, dass mit der Verwendung des Futsal-Balles das oftmals sinnlose Gebolze gegen eine Bande aufhören wird.“ Sprich, dass die Mannschaften mehr spielerische Lösungen suchen, bleibt doch der sprungarme Ball mehr am Bein „kleben“ als ein herkömmlicher Lederball.

Bislang gab es kein einziges Futsal-Turnier im Bezirk

Die sonstigen Regeln oder Gegebenheiten beim Hallenfußball sollen aber vorerst nicht verändert werden. „Oder spielt jemand von euch Vereinen überhaupt ein reines Futsal-Turnier?“ fragte Dolderer in die Runde. Schweigen im Saal. „Na also“, meinte der Bezirksspielleiter vielsagend. Eine Ausnahmeregelung gibt es allerdings für die Hallen-Gala im Sindelfinger Glaspalast. Da diese auf Kunstrasen gespielt wird, kann der normale Lederball weiterverwendet werden. Zur Kontrolle des Spielballes sind die Schiedsrichter und die jeweilige Turnieraufsicht aufgefordert.

Ein "satter Schuss" ist nicht möglich

Mit gemischten Gefühlen sah Rainer Fischer, Turnierleiter in Neubulach, der Einführung des Futsal-Balles entgegen: „Ein satter Schuss ist mit diesem Ball nicht möglich. Ich weiß nicht, ob das Akzeptanz bei den Mannschaften findet.“ Vor allem die kurzfristige Einführung bereits zu dieser Hallenrunde stieß Fischer sauer auf.

"Für mich ist das eigentlich nur ein Mischmasch"

Müjdat Andic, Turnierorganisator des „Gäubote“-Cups beim VfL Herrenberg, zeigte sich irritiert, dass keine weiteren Regeln aus dem originären Futsal-Spiel übernommen wurden: „Warum nur der Ball? Für mich ist das eigentlich nur ein Mischmasch.“ Auch der WFV hat offensichtlich Bedenken. Denn Helmut Dolderer hat zum Abschluss des Abends die Vereine dazu aufgefordert, ihm zurückzumelden, wie die Hallenneuerungen angenommen worden sind. „Wir wollen dann mit dem Verband ein Resümee ziehen, was gut gelaufen ist – und was nicht.“

Der Kommentar

Kurzfristige Änderung ist ein Ärgernis

Der Aufschrei seitens der Vereine beim Info-Abend des Fußballbezirks Böblingen/Calw über die neuen Hallenregeln hielt sich in Grenzen. Denn an die permanente Forderung der Verbandsoberen, dass der weltweit beliebte Futsal als Hallenfußball-Variante flächendeckend in den Bezirken Einzug halten soll, haben sich die Vereinsverantwortlichen inzwischen gewöhnt. Allerdings sollen nun auch die privaten Turniere, die Aktiven-Hallenturniere der Vereine – analog zu den Jugendmeisterschaften im Bezirk – auf Futsal umgestellt werden. Also keine Bande mehr, es wird nur noch auf kleine Handballtore gespielt und zu jeder Partie werden zwei Schiedsrichter benötigt. Das rief im Winter 2014 heftigen Protest bei den Turnierorganisatoren von Böblingen, Herrenberg und Sindelfingen hervor. Das Ergebnis: Die Vereine lehnten für die Aktiventurniere Futsal ab. Der Verband machte einen Rückzieher und sprach sich für eine Übergangsphase in den folgenden beiden Jahren aus.
Wie ein solcher Übergang aussehen kann, wurde nun diese Woche deutlich: Die Vereine, die Aktiventurniere ausrichten, werden ab sofort dazu vergattert, bei ihren Wettbewerben ab Mitte Dezember den Futsal-Ball ins Spiel zu bringen. Die Änderung ist erst seit rund drei Wochen beschlossene Sache, die Turnierausschreibungen sind aber schon seit September seitens des Vereins verschickt. Und das Ganze nennt der Verband dann „Unsere Futsal-Offensive“.
Was tun die Vereine aber, wenn sie mit dem druckloseren Futsal-Ball nicht spielen wollen? Sollen sie ihr Turnier kurzfristig noch absagen? Eine solche Hauruck-Aktion zwei Wochen vor dem Start der Hallensaison hätte der Verband seinen Bezirken und damit den Vereinen ersparen können. Das ist ein Ärgernis.

ANDREAS GAUSS

Aufrufe: 02.12.2017, 07:34 Uhr
Andreas Gauß, GäuboteAutor