2024-05-02T16:12:49.858Z

Querpass
Die Sportstudenten Eric Galinski (links) und Axel Neumann präsentieren ihre Müsliriegel-Kreation. Entwickelt haben sie den Riegel aus Treber, den Rückständen des Braumalzes, als Vierer-Team.
Die Sportstudenten Eric Galinski (links) und Axel Neumann präsentieren ihre Müsliriegel-Kreation. Entwickelt haben sie den Riegel aus Treber, den Rückständen des Braumalzes, als Vierer-Team. – Foto: Jochen Werner

Essbares Bier – und das alkoholfrei

OBERLIGA RHEINLAND-PFALZ/SAAR +++ Hassia Bingens Axel Neumann und seine Kommilitonen entwickeln den Müsliriegel „[Re]bert“ aus Bierresten

MAINZ/KREIS BAD KREUZNACH. Iss neu! Iss besser! Iss Bier! Die Aufforderung ist unüberhörbar. Der Bad Sobernheimer Axel Neumann (27), der in der Oberliga für Hassia Bingen Fußball spielt, und Eric Galinski (29) aus Bad Kreuznach, für die TuS Marienborn II in der Bezirksliga am Ball, haben gemeinsam mit ihren Kommilitonen Christian Stöcker (29) und Arne Schlotheuber (29), der ebenfalls in Marienborn aktiv ist, im Rahmen ihres Studiums an der TU Darmstadt den „bert“ entwickelt, den ganz besonderen Müsliriegel. Auf Bierbasis, aber selbstverständlich absolut alkoholfrei.
Die vier Jungs nehmen die Sache mit Humor. Typisch Sportstudenten. Motto: Maximaler Ertrag bei geringstem Aufwand. Das zweimonatige Seminar „Craft Beverage Entrepreneurship“ bei einem US-Professor inklusive einer Brauereibesichtigung? Das war die Lösung! Als Abschlussarbeit war entweder die Analyse eines Craft-Bieres gefragt oder das Kreieren eines Start-up-Unternehmens. „Wir sind alle eher passive Biertrinker und gar nicht in den Brauereiprozessen drin“, war Neumann sofort klar, dass nur Nummer zwei in Frage kommen konnte. Nur: „Dass das so viel Arbeit werden sollte, hätte keiner von uns gedacht.“ Vom Seminar waren er und die Mitstreiter überzeugt: „Das ist geiler, als sich in eine Vorlesung zu setzen“, bestätigte Galinski.
Aller Anfang war auch diesmal schwer. Dafür wurde aus dem Seminar eine Herzensangelegenheit. Das Brauen allein konnte nicht der Weisheit letzter Schluss bleiben. Allen war nach einigen Stunden Brainstorming klar, dass irgendetwas mit dem Treber, den Rückständen des Braumalzes, zu tun sein müsste. Warum ihn nicht irgendwie in Riegelform bringen? Das Vorhaben gelang, mit Hilfe von Sonnenblumen- und Kürbiskernen, Haselnüssen, Mandeln, Haferflocken, Malz und eben dem Treber. Sieben Zutaten insgesamt. Alles easy. Oder?
Die vier propagieren ihr Produkt mit Stolz als „Alleskönner unter den Riegeln“. Ballaststoffe sind selbstverständlich dabei, dazu ist er reich an Makro- und Mikronährstoffen. Und vor allem: Er macht satt. Was zum Snacken und gleichzeitig Sinnvolles für den Körper sei in dieser Form jedenfalls einmalig auf dem Markt.
Jetzt musste der Riegel nur noch an den Verbraucher gebracht werden. Dabei haben die unverhofften Jungunternehmer einen wichtigen Vermarktungsschritt schon hinter sich: die Umbenennung. Frei nach einem Schokoriegel aus dem Jahr 1991 können sie sagen: „BeerBar heißt jetzt bert!“ Theoretisch auch rund um die Welt, nur gibt es das Produkt der vier bisher lediglich über das Internet. In Radiostationen, über Youtube und Facebook haben sie den bert – übrigens das Palindrom, sprich „Treber“ rückwärts gelesen – vermarktet, und wer ihn gekostet hat, ist schlichtweg begeistert.
Werbung muss sein. Shirts wurden gedruckt, ein Logo mit einem Mainzer Designstudenten entwickelt, eine Homepage kreiert, alles zusammen präsentiert. Besonders natürlich die Riegel, die es in zwei Geschmacksrichtungen gibt, mit Kernen und mit Schoko. „Wir können das Produkt von Grund auf erklären“, kennen sich Neumann und Konsorten bestens aus. „Bier konnte man bisher nur trinken, jetzt verkaufen wir essbares Bier“, berichten die beiden mit Wurzeln im Kreis Bad Kreuznach und pochen darauf, dass ihr Produkt gerade für Sportler ideal sei. „Vernünftig, nachhaltig, gesund, ’ne ganz coole Sache“, sagt Neumann. Beide Riegel sind sich ähnlich, trocken-knusprig, haben nur einen minimalen Zuckeranteil, dafür „extrem viele Ballaststoffe und extrem viele positive Eigenschaften“. Ideal also für Sportler, denn sie können beinahe eine komplette Mahlzeit ersetzen.
Das Trocknen des Trebers sei ein schwieriger Vorgang, berichten die Jungunternehmer. Aktuell geschehe das in Hamburg, wo sie die Masse auch beziehen. Die Produktion läuft in Polen. „Wir hätten es vor Ort gemacht, aber da gab es niemanden“, sagt Neumann und strebt an, die Transportwege zu reduzieren.
Und die Moral von der Geschicht’? „Am Ende war es wohl das aufwendigste Seminar unserer gesamten Uni-Laufbahn“, grinsen Galinski und Neumann. Extrem viele Herausforderungen haben sie gemeistert, einen kleinen Schritt gegen die globale Lebensmittelverschwendung getan. Ihr Versprechen: „Das nächste Produkt geht schneller!“ Jetzt ist das Ziel erst einmal, regionale Läden zu beliefern und bei Erfolg einen normalen Vertrieb einzurichten.
Aufrufe: 022.1.2020, 18:00 Uhr
Jochen WernerAutor