2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
So fing 2008 alles an: Der TSV Schott sichert sich gegen den TSV Stadecken-Elsheim die Meisterschaft in der Kreisliga und steigt in die Bezirksklasse auf. 	Archivfoto: Alexander Sell
So fing 2008 alles an: Der TSV Schott sichert sich gegen den TSV Stadecken-Elsheim die Meisterschaft in der Kreisliga und steigt in die Bezirksklasse auf. Archivfoto: Alexander Sell

Vom Kreispokalsieger zum Regionalligisten

TSV SCHOTT MAINZ Innerhalb von neun Jahren legt der Klub eine atemberaubende Entwicklung hin / Till Pleuger erinnert sich an bunte Trikotsätze, Vorurteile – und einen Anruf von Ralf Rangnick

MAINZ. Er ist der Mann der ersten Stunde beim TSV Schott Mainz. 2005 kam Till Pleuger vom damaligen Oberligisten Spvgg. Ingelheim als Spielertrainer zum Kreisligisten. Seither ist eine Menge passiert. Heute ist Pleuger Manager und der TSV Schott Regionalligist. Im AZ-Interview spricht der 36-Jährige über die vergangenen zwölf Jahre.

Herr Pleuger, hatten Sie jemals das Ziel, mit dem TSV Schott in der Regionalliga zu spielen?

Ganz ehrlich, das war nie ein Ziel in unserem Verein. Als wir uns vor vielen Jahren auf die Fokus-Sportarten Fußball und Hockey konzentriert haben, wollten wir zwar die Nummer zwei in Mainz werden, aber diese Entwicklung hat niemand erwartet. Der Aufstieg ist für uns natürlich eine Riesensache, auf der Rechnung hatten wir ihn aber nicht.

Die Entwicklung ist schon enorm. Als Sie 2005 aus der Oberliga kamen, übernahmen Sie einen Kreisligisten und verpassten in den ersten beiden Jahren den Aufstieg...

Das stimmt. Als damals der Anruf kam, kannte ich den Verein Schott ehrlich gesagt gar nicht. Es war für mich auch wirklich schwer, mit 25 Jahren aus der Oberliga in die Kreisliga zu gehen. Das war nicht der größte sportliche Anreiz, aber ich habe die Perspektive gesehen, die in diesem Verein steckt. Und die Erfolge der vergangenen Jahre bestätigen mich in meiner Einschätzung. Allerdings habe ich mir die Sache in der Kreisliga auch einfacher vorgestellt. Auch in unteren Klassen muss man erst einmal Meister werden. Zum Glück haben wir das 2008 im dritten Anlauf geschafft.

Und dann?

Wir waren eine reine Studententruppe und keine richtige Mannschaft. Unsere Ausrüstung war bunt zusammengewürfelt. Ab und an haben wir in schwarz-gelben Trikots und blauen Hosen gespielt, weil wir nichts anderes hatten. Erst mit der Verpflichtung von Patrick Rudolf und Carsten Jost hatten wir mit mir zusammen eine Achse, die die Grundlage für den Meistertitel war. Im Nachhinein war dieser Aufstieg 2008 aber die Initialzündung innerhalb des Vereins, um sich mehr auf den Fußball zu konzentrieren. Davor ist das immer etwas vor sich hin gedümpelt.

Dafür hat der TSV das Projekt Fußball danach aber umso ehrgeiziger betrieben. Mit einem ordentlichen Budget wurde der Kader von Saison zu Saison stattlich verstärkt. Das kam bei anderen Vereinen nicht sonderlich gut an. Wie sind Sie in dieser Zeit mit dem etwas durchwachsenen Image umgegangen?

Wir haben immer den Kontakt zu den Vereinen gesucht und wollten mit ihnen ins Gespräch kommen. Es ist doch logisch, dass andere Klubs nicht immer glücklich waren, wenn die talentiertesten Jugendlichen zu uns gewechselt sind. Wir haben aber immer einen großen Wert auf einen fairen Umgang gelegt. Nach und nach haben viele gemerkt, dass wir kein Retortenverein sind. Da waren allerdings auch viele Vorurteile im Gespräch. Zum Beispiel bekommt bei uns kein Jugendlicher auch nur einen Cent. Das hat uns nur nie jemand geglaubt.

Wie empfinden Sie diese Stimmung heute?

Als ich heute Morgen ins Büro gekommen bin, stand eine Flasche Sekt vom SV Gonsenheim auf dem Tisch. Joachim Mayer hat mir später am Telefon noch gratuliert. Das bedeutet mir unheimlich viel. An dieser Stelle muss ich aber auch vor dem SV Gonsenheim den Hut ziehen. Dort wird eine hervorragende Arbeit geleistet, sonst wäre der Verein nicht schon so viele Jahre in der Oberliga.

Im Laufe der Jahre haben Sie auch einige spektakuläre Transfers gelandet. Die Ex-Profis Markus Kreuz oder Srdjan Baljak oder Christian Hock als Trainer. Und mit Marco Rose waren Sie sich 2013 ja eigentlich auch schon einig...

Das wäre mit Sicherheit eine herausragende Verpflichtung geworden. Wir waren uns damals mit Marco in der Tat schon einig. Bis Ralf Rangnick auf einmal bei unserem Abteilungsleiter Salvatore Ruggiero persönlich angerufen und darum gebeten hat, Marco für einen Posten bei RB Salzburg verpflichten zu dürfen. Da das für Marco eine große Chance war, haben wir ihm keine Steine in den Weg gelegt und ihn ziehen lassen. Ali Cakici, der eigentlich Co-Trainer von Rose hätte werden sollen, hat dann unseren Cheftrainerposten übernommen.

In dieser Phase haben Sie mit Transfers wie Nils Döring, Preston Zimmerman oder eben Kreuz auf sehr viel prominente Erfahrung gesetzt. Wenn man sich nun die Mannschaft ansieht, mit der Sie aufgestiegen sind, steht das schon in einem Gegensatz, oder?

Unser aktueller Weg ist die Zukunft. Wir setzen in unserem Konzept auf talentierte Jungs. Das deckt sich absolut mit der Sicht unseres Trainers Sascha Meeth, der in dieser Saison einen tollen Job gemacht hat. Manche haben nach den Abgängen von Patrick Manthe, Patrick Huth und Can Özer sogar gedacht, wir spielen gegen den Abstieg. Deshalb werden wir auch in der Regionalliga nicht von unserem Weg abweichen. Wir werden nicht reihenweise unsere Jungs wegschicken und neue Spieler holen. Wenn es nicht reicht, müssen wir eben damit leben, dass wir es nicht gepackt haben. Das wäre aber auch in Ordnung.



Aufrufe: 016.5.2017, 18:00 Uhr
Dennis RinkAutor