2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Die Krise vor Augen: Yannick Rinkers Kommilitone beim Corona-Check vor einem philippinischen Supermarkt.
Die Krise vor Augen: Yannick Rinkers Kommilitone beim Corona-Check vor einem philippinischen Supermarkt. – Foto: Yannick Rinker

Quarantäne-Abenteuer statt Auslandsstudium

Wie Schott-Defensivspieler Yannick Rinker statt in China auf den Philippinen landet und dort Wochen im Ausnahmezustand verbringt

MAINZ. Seminare, Workshops, Gruppenarbeiten – es wäre, Tausende Kilometer entfernt, ein ganz normaler Studienaufenthalt gewesen, nur am anderen Ende der Welt. Mitte März, als es für internationale Gäste vor allem galt, aus weiten Teilen Chinas herauszukommen, flog Yannick Rinker hin. Der vorgeschriebene Auslandsaufenthalt im Sportmanagement-Studium hatte den Defensivspezialisten des TSV Schott Mainz nach Asien verschlagen. Das ursprüngliche Reiseziel war weit weg von der Region Wuhan. Doch durch die Ausbreitung des Corona-Virus lief alles anders als gedacht. Letztlich holte ein von der Bundesregierung geschickter Flieger den 26-Jährigen von den Philippinen wieder ab.

Das Studienprogramm war schon gestrichen worden, bevor Rinker und seine Kommilitonen die Reise angetreten hatten. „Aber wir hatten den Flug ja schon gebucht“, erzählt der Koblenzer, „also wollten wir wenigstens was Soziales machen.“ Die Idee war, an einer Schule Deutschkurse zu geben. Doch das Vorhaben, dafür aus dem abgeriegelten China nach Vietnam weiterzureisen, platzte – denn auch da war Corona-Shutdown. „Da wurde zwischenzeitlich auch alles zugemacht“, erzählt der Oberliga-Fußballer. Das Virus war immer einen Tick schneller.

„Als wir in Deutschland losgeflogen sind, war die Welt noch in Ordnung“, blickt Rinker zurück. Die Mannschaft stand an der Tabellenspitze, der Mittelfeld-Abräumer durfte sich freuen, rechtzeitig zur möglichen Meisterfeier wieder zu Hause zu sein. Rinkers letzter Einsatz gegen Hassia Bingen (1:1) am 7. März blieb bis heute das letzte Punktspiel der Mainzer. Am Mittwoch drauf stieg Rinker in den Flieger. Doch statt China oder Vietnam landete er auf den Philippinen. Die sinnvolle Freizeitbeschäftigung, die das Studenten-Quartett geplant hatte, wollten sie in dem Inselstaat durchführen.

Doch auch daraus wurde nichts. Auf zwei Inseln landeten sie quasi direkt im Shutdown, auf Insel Nummer drei, Bohol, sah es zunächst besser aus. „Eineinhalb Wochen konnten wir uns frei bewegen und sind auf der Insel herum gefahren, dann kam die Ausgangssperre.“ Und die Studenten saßen in einem Ferien-Resort fest. „Es war wohl der sicherste Ort der Welt, ohne Corona-Fälle“, erzählt Rinker. Zwischen Zimmer, Pool und Restaurant konnte man sich frei bewegen, und auch Fithalten war weiter möglich. „Wir sind morgens um sechs, als die Checkpoints noch nicht besetzt waren, eine Stunde laufen gegangen und konnten zudem mit einer niederländischen Personal-Trainerin Workouts durchführen.“

Sommer, Sonne, 30 Grad, ein bisschen Sport – Rinker ist sich im Klaren, dass man es kaum besser hätte treffen können, trotz der Ausgangssperre. „Unter Quarantäne-Voraussetzungen hatten wir eigentlich die angenehmste Situation weltweit, und wir haben ja nichts verpasst.“ Dafür aber eine Menge erlebt. „Die Sicherheitsmaßnahmen waren extrem“, erzählt er. An jeder Ecke und an jedem Supermarkt-Eingang gab es einen Checkpoint, an dem Fieber und Blutdruck gemessen wurden. „Wir wurden immer wieder desinfiziert. Und jeden Tag kamen Verantwortliche, um Fieber zu messen.“ Am Flughafen ging es gleich zweimal ins Desinfektionszelt. „Thermokameras haben die Körpertemperatur gemessen, die Armee hat den Zwei-Meter-Abstand kontrolliert.“

„Wer Symptome hatte, wurde direkt rausgezogen“

Beängstigend empfand Rinker das Szenario nicht, eher konsequent-präventiv. „Ich fand’s gut. Wer Symptome hatte, wurde direkt rausgezogen.“ Sein Fazit: „Ich bin extrem froh, dass ich den Flieger genommen habe. Die ersten vier, fünf Tage sind wir mehr oder minder nur geflüchtet. Aber es war eine Super-Erfahrung, und die Situation hat zusammengeschweißt. Da waren ja Leute aus den unterschiedlichsten Ländern zusammen.“ Die einzige und wohl erst mal auch letzte Möglichkeit zurückzukommen ergriff die Studenten-Truppe dann. „Es wurde nach Priorität ausgeflogen, die Älteren und die Familien zuerst.“

Im Grunde wäre Rinker gern noch länger am Westpazifik geblieben. Stattdessen lebt er jetzt bei seinen Eltern, weil die Mainzer Wohnung noch zwischenvermietet ist. Die Masterarbeit steht an – und dann irgendwann der planmäßige Auslandsaufenthalt fürs Studium.



Aufrufe: 014.4.2020, 17:00 Uhr
Torben SchröderAutor