2024-05-02T16:12:49.858Z

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Dominik Grader (2.v.li.) ist der Dauerbrenner beim TSV Aubstadt.
Dominik Grader (2.v.li.) ist der Dauerbrenner beim TSV Aubstadt. – Foto: Johannes Traub

»Wegen uns wurde das Goldene Buch eingeführt«

Seit 2010 in Diensten des Dorfklubs: Aubstadts Kapitän Dominik Grader (29) verkörpert Vereinstreue wie kaum ein Zweiter

Wer hätte das gedacht! Vor dem amtierden Vizemeister aus Eichtätt, vor Illertissen oder Memmingen: Ein Drittel der Spielzeit 19/20 in der Regionalliga Bayern ist schon wieder rum ums Eck und der TSV Aubstadt schlägt sich mehr als wacker. Der Aufsteiger grüßt im Moment von Tabellenplatz neun, hat schon 19 Zähler einsacken können und lässt damit derzeit arrivierte Teams hinter sich. Für Dominik Grader ist es der bisherige Höhepunkt seiner Laufbahn. Der 29-Jährige kann getrost als Aubstädter Urgestein bezeichnet werden, seit 2010 läuft er für den Dorfverein auf. Nach dem Wechsel von Julian Grell in den Trainerstab führt der gelernte Außenverteidiger den Regionalliga-Novizen als Kapitän aufs Feld. Bisher hat in der laufenden Spielzeit keine Minute verpasst. Warum`s dem Dauerbrenner so gut gefällt beim Klub aus dem knapp 800-Seelen-Ort, das hat er FuPa im Gespräch verraten.

In Aubstadt machen sie sich gerne einen Spaß daraus. "Wir scherzen immer in der Kabine: Heute wieder mehr Zuschauer als Einwohner da", grinst Dominik Grader. Das soll aber nicht despektierlich gemeint sein, vielmehr unterstreicht das Interesse am TSV die tolle Entwicklung in den letzten Jahren. Beim Klub aus dem Grabfeld hat sich viel getan. Und wer könnte darüber besser erzählen als Grader, der seit 2010 die Schuhe für "Abscht" schnürt? Der 29-Jährige ist ein selten gewordenens Sinnbild für Vereinstreue und Identifikation. Sein fußballerisches Rüstzeug bekam der Defensivspazialist, der aus dem kleinen Ort Hofstetten im Haßfurter Raum stammt, beim 1. FC Schweinfurt 05 mit auf den Weg. Ab der C-Jugend durchlief er den Nachwuchsbereich der Schnüdel. Nach dem ersten Jahr bei den Senioren ging Grader einen Weg, auf dem ihm in den letzten Jahren nicht wenige folge sollten: Von Schweinfurt nach Aubstadt. "Ich bin damals nicht wie erhofft zum Zug gekommen und habe mich dann für einen Wechsel entschieden. Den Schritt habe ich nie bereut", versichert der Vermessungsingenieur, der in Bad Königshofen seinem Job nachgeht.

Grader: »Wir sind eine Art FC-Filiale. Eine Menge von uns haben eine 05er Vergangenheit.«

Fern ab von den Ballungszentren profitiert Aubstadt vom Nachbarn aus Schweinfurt, das ist kein Geheimnis: "Wir sind eine Art FC-Filiale. Eine Menge von uns haben eine 05er Vergangenheit", merkt Grader an. Immer wieder finden gute Kicker, die es bei den Schnüdeln warum auch immer nicht packen, den Weg zu den Grabfeldern. Auch deswegen ist Regionalliga in dem kleinen Ort möglich. Der Aufstieg in die vierte Liga nach mehreren knapp gescheiterten Anläufen war für das ganze Dorf ein absolutes Highlight, Aubstadt stand Kopf. "Wegen uns wurde das Goldene Buch eingeführt. Wir durften den allerersten Eintrag machen", grinst Grader. Regionalliga in Aubstadt, für viele ging ein Traum in Erfüllung. Viele Helfer packten mit an, dass die Auflagen des Verbands erfüllt werden konnten. Neue Tribüne, neuer Gäste- sowie Pressebereich, es gab und gibt rund um den Verein einiges zu tun. "Kompliment an die freiwilligen Helfer. Viele dürfen nicht ausfallen, sonst wird`s problematisch", weiß auch Grader. Und dann bescherte der Spielplan dem TSV gleich das ganz große Spiel zum Auftakt. Die Viertliga-Premiere gab die Elf von Coach Josef Francic im Schweinfurter Willy-Sachs-Stadion ab, eine tolle Geschichte für alle Beteiligten. Knapp 3.400 Fans wurden Zeuge davon, dass Aubstadt durchaus mithalten kann in Bayerns Beletage. Starke 19 Punkte hat der Neuling bislang geholt, aber für Grader noch lange kein Grund, übermütig zu werden: "Dass wir so gut reinkommen, war nicht zu erwarten, die Zähler kann uns keiner mehr nehmen. Aber wir sollten uns auch nicht blenden lassen, der Abstand nach hinten ist nicht groß. Die Liga ist enorm ausgeglichen, da waren schon ein paar kuriose Dinger dabei."

– Foto: Michael Buchholz


Allein der sportliche Erfolg ist es nicht, der Grader zu einem Dauerbrenner in Aubstadt gemacht hat. Beim Dorfklub fühlt sich der bescheidene Verteidiger pudelwohl: "Die Vereinsführung und allgemein die Leute hier sind super. Es hat nie einen Grund gegeben, mich sportlich zu verändern." Mittlerweile kann er fast auf ein Jahrzehnt beim TSV zurückblicken, an der Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre hat er tatkräftig mitgeschrieben. Vom Aufwand her, den die vierte Liga den reinen Amateuren abverlangt, hat sich für ihn nicht viel geändert gegenüber den Bayernliga-Zeiten: "Ich sag`s mal so, wenn wir auswärts ran müssen, ist der Tag sowieso im Eimer. Ob ich jetzt noch ein, zwei Stunden länger unterwegs bin, das macht keinen großen Unterschied mehr aus", sagt`s lachend und verrät, was für ihn den besonderen Reiz ausmacht: "Sich mit starken Teams zu messen oder sogar Profimannschaften die Stirn zu bieten, das motiviert uns und ist die große Herausforderung."

Das Trainingspensum ist mit Vereinen wie Schweinfurt 05 oder Türkgücü München nicht zu vergleichen. Meistens dreimal, manchmal auch viermal die Woche proben die Aubstädter. "Trotzdem können wir konditionell gut mithalten", ist sich Grader sicher, der des Öfteren nun in die Innenverteidigung rückt, was er mit einem süffisanten Schmunzeln kommentiert: "Auf den Außenbahnen werden die Gegenspieler immer schneller, also muss ich weiter in die Mitte." Längst gehört Grader zum Inventar in Aubstadt. In dieser Saison will der 29-Jährige mit dem der TSV-Erfolgsgeschichte ein weiteres Kapitel hinzufügen: Den Klassenerhalt in der "Champions League" der Amateure, wie der Verband gerne seine Premiumprodukt anpreist. Womöglich wird dann ein zweiter Eintrag ins Goldene Buch fällig werden.




Aufrufe: 030.9.2019, 15:05 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor