2024-05-02T16:12:49.858Z

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Timo Spennesberger (re., hier im Bayernliga-Spiel gegen Hankofen) arbeitet beim TSV 1860 an seinem Traum Profifußball.
Timo Spennesberger (re., hier im Bayernliga-Spiel gegen Hankofen) arbeitet beim TSV 1860 an seinem Traum Profifußball. – Foto: Paul Hofer

Zwischen Profitraum und Realität

Der Windberger Timo Spennesberger (21) hat nach 15 Jahren beim SSV Jahn beim TSV 1860 angeheuert +++ Wie es ihm beim Giesinger Kultklub so ergeht, darüber hat er mit FuPa gesprochen

Es war hart, sehr hart: Wie das eben so ist, wenn eine große Liebe zu Ende geht. "Es ist mir richtig schwer gefallen, ich vermisse sie immer noch", schwingt bei Timo Spennesberger spürbar Bedauern in der Stimme mit. Mit "sie" meint er allerdings keine Verflossene, nein, sondern seine ehemaligen Teamkollegen beim SSV Jahn Regensburg. Fast 15 seiner bisherigen 21 Lebensjahre verbrachte der aus Windberg im Landkreis Straubing-Bogen stammende Spennesberger beim Oberpfälzer Vorzeigeklub. "Es war eine geile Zeit, auch wenn`s nicht immer einfach war", zieht er ein knappes und prägnantes Resümee. Im Frühjahr wurde ihm eröffnet, dass man nicht mehr mit ihm plant. Das Fußballgeschäft ist hart.

"Ende April habe ich mich mit Jugendkoordinator Christian Martin und unserem Trainer Yavuz Ak getroffen. Sie teilten mir mit, dass in der U21 ein größerer Umbruch geplant ist und das Team noch einmal verjüngt werden sollte. Da war mir dann schon klar, dass man nicht mehr mit mir plant", erzählt Timo Spennesberger, der im Jahr 2004 den SV Neukirchen-Steinburg verließ, um beim SSV Jahn sein fußballerisches Glück zu finden. Ak ist er nicht böse deswegen, viel mehr erinnert er sich an tolle Erlebnisse: "Yavuz ist ein sehr guter Trainer, der immer hinter der Mannschaft steht. Der Aufstieg in die Bayernliga war auf jeden Fall ein absolutes Highlight. Danach ging`s mit der Mannschaft nach Mallorca. Unvergesslich! In der Bayernliga haben wir auf Anhieb Platz drei geschafft, was auch ein toller Erfolg ist."

Aber es war nicht immer nur Sonnenschein. In den letzten Jahren sind die Regensburger auf einem richtig guten Weg: Neues Stadion, Ausbau des Trainingsgeländes am Kaulbachweg, um nur zwei strukturell bedeutende Verbesserungen zu nennen. Aber das war nicht immer so, es gab durchaus auch chaotische Zeiten, wo das Geld mehr als knapp war. "Wir mussten oft auf miesen Plätzen trainieren, es war oft schwierig", erinnert sich Spennesberger. Bis zu seinem 18. Lebensjahr mussten ihn seine Eltern vier- bis fünfmal die Woche vom Heimatort ins über 50 Kilometer entfernte Regensburg fahren. "Dafür bin ich ihnen sehr, sehr dankbar. Wir sind oft erst um zehn oder elf Uhr abends heimgekommen", weiß der Fußballverrückte die Opfer zu schätzen, die für ihn erbracht wurden. Viel Freizeit blieb da auch für ihn selbst nicht übrig: "Es gab eigentlich nur Schule, Fußball und schlafen. So sah mein Alltag aus." 2016 begann er eine Ausbildung im Bereich Medientechnik bei der Firma Aumüller in Regensburg. "Eine abgeschlossene Berufsausbildung war mir sehr wichtig. Ich möchte einfach ein zweites Standbein haben, falls es mit dem professionellen Fußball nichts wird."

Warum Sechzig? »Weil`s einfach ein geiler Verein ist.«

Der steht bei Timo Spennesberger aber im Moment an erster Stelle, derzeit konzentriert er sich ausschließlich auf seine Kickerkarriere. Im Sommer stand eine Entscheidung an, die er so in seinem Leben noch nicht treffen musste: Wie geht`s nach dem Kapitel SSV Jahn weiter? Einige Angebote von Bayern- und Regionalligisten flatterten ins Haus, auch aus Österreich gab es reges Interesse an seiner Person. "Aber ein Wechsel nach Österreich war für mich eigentlich nie ein Thema. Ich wollte in Deutschland bleiben", erklärt der Mittelfeldmann. Eine Hängepartie begann, lange Zeit stand nicht fest, wohin es ihn ziehen würde. Dann klopfte der TSV 1860 München an. Frank Schmöller, der neue Coach der Löwen-U21, rief bei Spennesberger an und konnte ihn flugs von einem Engagement an der Grünwalder Straße 114 überzeugen. München-Giesing also, bei einem Klub, der wieder einmal einen turbulenten Sommer erlebte und bei dem Vereinspolitik und Stadionfrage das Wesentliche zumeist in den Hintergrund drängen. Zermürbende Scharmützel der beiden Gesellschafter inklusive, auch die Nachwuchsausbildung genießt längst nicht mehr den exzellenten Ruf vergangener Tage. Warum also Sechzig? Timo Spennesberger muss nicht lange überlegen: "Weil`s einfach ein geiler Verein ist." Zwei Wochen vor Saisonbeginn schlug er bei 1860 auf. Kein ganz unwesentlicher Aspekt dabei: Seine Freundin lebt in München, nach drei Jahren Fernbeziehung kann er sie nun täglich sehen.

– Foto: Paul Hofer



Sein Vertrag läuft ein Jahr, der Anfang war vielversprechend. Spennesberger dufte sogar mit den Profis ins Trainingslager ins oberösterreichische Windischgarsten. "Eine überragende Erfahrung, mit Typen wie Sascha Mölders trainieren zu können. Und Daniel Bierofka, was soll ich da sagen, er hat einfach ein Löwenherz, das beschreibt es ganz gut." "Biero" sei keineswegs so mürrisch, wie er manchmal rüberkomme. Die ständigen Querelen innerhalb des Vereins bekommt Spennesberger höchstens am Rande mit, auch innerhalb der Mannschaft sei das kein Thema. In den Testkicks gegen Dachau, Linz und Ried durfte er bei den Profis reinschnuppern. Auch beim Blitzturnier am 13. Juli in Heimstetten war er dabei. "Ein Highlight, gegen Borussia Mönchengladbach, FC Augsburg und Greuther Fürth dabei zu sein", schwärmt Spennesberger.

Derzeit allerdings trainiert er nicht bei den Profis mit, gar von einem Einsatz in der dritten Liga ist er momentan ein gutes Stück entfernt. Durch die kurzfristige wie überraschende Verpflichtung von Augsburgs Tim Rieder ist die Konkurrenz zudem nicht gerade kleiner geworden. Weil die U21 der Sechziger seit dieser Saison nur noch abends vier bis fünfmal probt, hält er sich selbst noch mit individuellen Einheiten fit. "Ich arbeite hart an mir, um weiterzukommen", betont der Niederbayer und hofft auf den Durchbruch. Im Fußball tickt die Uhr gnadenlos, das Zeitfenster für eine Karriere ist schmal, das weiß natürlich auch Timo Spennesberger: "Ich habe den Traum Profifußball noch keineswegs abgeschrieben. Aber ich bin jetzt auch schon 21, demnächst sollte ich den Sprung packen. Erst gestern habe ich das Interview mit Lukas Dotzler gelesen und muss ihm recht geben, mit 24 sollte man sich nicht mehr allzu große Hoffnungen machen."

»Ich vermisse die Heimat schon.«

Und wenn der Traum platzt? Dann geht für Timo Spennesberger die Welt auch nicht unter: "Ich habe vereinbart, sollte es mit dem Fußball nichts werden, dass ich wieder bei meiner alten Firma anfangen und als Medientechniker arbeiten kann." Könnte er sich auch eine Rückkehr nach Niederbayern vorstellen? Ausgeschlossen ist das nicht: "Ich vermisse die Heimat schon, wenn ich mal ein wenig mehr Zeit habe, fahre ich öfters nach Hause, sind ja nur eineinhalb Stunden." Kann dann durchaus auch vorkommen, dass man ihn am Sportgelände des SV Neukirchen-Steinburg antrifft. Denn da ist der Papa immer noch aktiv in der AH unterwegs und wird vom Filius kritisch beäugt. Nebenbei will er demnächst auch den Trainerschein in Angriff nehmen. Allzu weit in die Zukunft blicken will er aber nicht, wie auch im kurzweiligen und oft hyperventilierenden Geschäft mit dem runden Leder. Und so fährt Timo Spennesberger halt zweigleisig: Hart arbeitend an der Verwirklichung des Traums, und vorbereitet sein auf eine Realität abseits des Rampenlichts.


Aufrufe: 012.9.2019, 13:56 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor