2024-04-25T14:35:39.956Z

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TSG Wieseck, Aufsteiger in die Verbandsliga Mitte. Hintere Reihe v.l.: Panagiotis Apostolou, Tim Napierala, Nico Strack, Kevin Buycks, Yannik Mohr, Timo Schmidt, Jean-Claude Günther, Saban Avcu, Daniel Pitz, Teammanager Jörg Hildebrand, Trainer Danny Kaliampos. Vordere Reihe v.l.: Diyer Elen, Kadri Taskin, Mehmet Gümüs, Onur Sentürk, Paul Kottek, Martin Rödiger, Mohamed Gouri, Philipp Döring, Bria
TSG Wieseck, Aufsteiger in die Verbandsliga Mitte. Hintere Reihe v.l.: Panagiotis Apostolou, Tim Napierala, Nico Strack, Kevin Buycks, Yannik Mohr, Timo Schmidt, Jean-Claude Günther, Saban Avcu, Daniel Pitz, Teammanager Jörg Hildebrand, Trainer Danny Kaliampos. Vordere Reihe v.l.: Diyer Elen, Kadri Taskin, Mehmet Gümüs, Onur Sentürk, Paul Kottek, Martin Rödiger, Mohamed Gouri, Philipp Döring, Bria

Vom Fast-(Absteiger) zum Aufsteiger

GL GI/MR: +++ Traumhaftes Jahr endet für die TSG Wieseck mit Aufstieg in die Verbandsliga +++ Trainer Kaliampos Vater des Erfolgs +++

GIESSEN-WIESECK. Eines der faszinierendsten und schönsten Dinge im Fußball liegt darin begründet, dass es immer wieder bei Null los geht. In jedem Spiel und vor jeder Saison besteht die Möglichkeit, es besser zu machen.

Sonntag, 25. Mai 2014: Mirko Freese erzielt in der 89. Minute den 1:0-Siegtreffer beim Tabellenzweiten SF/BG Marburg und sichert der TSG Wieseck drei unerwartete Punkte, die im Kampf um den Klassenerhalt letztendlich den entscheidenden Unterschied bedeuten. TuBa Pohlheim steigt ab, die Wiesecker dagegen bleiben nach dem Rücktritt von Coach Ottmar Wagner und dem Rückzug des nahezu kompletten Kaders in Folge des Rauswurfs von Interimstrainer Jan Ebersohn durch einen Kraftakt der kompletten A-Jugend um Trainer Stefan Frels mit Ach und Krach in der Gruppenliga.

Daran mag bei den Gießener Vorstädtern dieser Tage niemand mehr denken, nutzten sie doch die durch den Ligaverbleib erhaltene Chance derart überragend, dass sie den Aufstieg in die Verbandsliga Mitte bereits vier Spieltage vor dem Saisonende eintüteten. Architekt dieses Überraschungserfolgs ist Trainer Danny Kaliampos, der von Teammanager Jörg Hildebrand im Mai 2014 kontaktiert worden war und ohne Zögern zugesagt hatte.

Start mit sechs Siegen

Kaliampos, bekannt als Förderer junger Talente, war sicherlich ein Grund, dass im Gegensatz zur Vergangenheit nahezu alle Jugendspieler gehalten werden konnten. Ein anderer, vermutet Kaliampos, das Phänomen des sogenannten ,,Herdentriebs": ,,Die Jungs fragen bei den Gesprächen: Was hat xy gesagt? Bleibt einer, ziehen die anderen häufig nach. So wie ich es in Wieseck einschätze, ist den anderen die Entscheidung leichter gefallen, nachdem Tim Napierala zugesagt hatte."

Hinzu kamen gezielte externe Verstärkungen wie Rückkehrer Yannik Mohr (FSV Fernwald) und vor allem der mit reichlich Hessenliga- und Verbandsligaerfahrung ausgestattete Kevin Buycks (Eintracht Wetzlar) sowie mit Diyer Elen, Cemal Gümüs und Timo Schmidt drei Akteure, die Kaliampos aus seiner Zeit beim Mitaufsteiger SG Kinzenbach kannte.

Fertiggestellt war damit ein Kader, dem Kaliampos die Ränge sieben bis neun auf die Fahnen schrieb. Eine wohl kalkulierte Aussage, hinter der auch eine gute Portion Psychologie steckte, wie der 32-Jährige rund zehn Monate später erklärt: ,,Wenn wir Platz fünf formuliert hätten, wären wir von den Gegnern anders wahrgenommen worden. Außerdem bin ich jemand, der eher vom Schlechteren ausgeht. Wenn wir dann Siebter geworden wären, wäre die Enttäuschung da gewesen."

Mit dem sportlichen Erfolg stieg daraufhin aber natürlich die eigene Erwartungshaltung: ,,Stück für Stück haben wir dann die Ziele korrigiert. Nach dem Ende der Hinrunde ein Platz unter den ersten Vier, später wollten wir Platz zwei halten und jetzt die Meisterschaft."

Das Fundament legten die Wiesecker gleich zu Beginn der Runde mit sechs Siegen. ,,Pep Guardiola hat einmal gesagt: Am Anfang muss man nicht Erster sein, sondern die Basis schaffen, um in Schlagdistanz zu sein. Und das trifft es ziemlich gut, wie ich finde", resümiert Kaliampos die makellose Bilanz mit 18 Punkten in der Anfangsphase, an die sich die einzige kurze Schwächeperiode mit drei Unentschieden und einer Niederlage anschloss. Danach jedoch fing sich die junge Mannschaft wieder und überwinterte auf Aufstiegsplatz zwei. Trotzdem gab es noch Luft nach oben: ,,Der Kader war sehr dünn besetzt, Keeper Martin Rödiger musste sogar im Feld ran. Einige Spiele haben wir knapp nur mit einem Tor Unterschied gewonnen."

Um die Substanz zu erhöhen und die Mannschaft quantitativ wie qualitativ aufzuwerten, reagierte die TSG in der spielfreien Zeit und rüstete mit Robin Traut (Eintracht Stadtallendorf), Jean-Claude Günther (Schwarz-Weiß Gießen) und insbesondere in Person von Brian Mukasa nach, der nach einem halben Jahr beim VfB 1900 Gießen an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrte.

Ein kluger Schachzug, denn das Trio war das Sahnehäubchen für die ohnehin bärenstarke Offensive und zeichnete für 25 Tore verantwortlich, Mukasa verbuchte davon sage und schreibe 14 in lediglich 12 Begegnungen.

Offensive Prunkstück

Zum Höhepunkt 2015 avancierte das 5:0 über den TSV Steinbach II (Kaliampos: ,,Mit unser bestes Spiel"), als ein Rädchen ins andere Griff und das junge Team den Gegner nach allen Regeln der Kunst spielerisch auseinander nahm. Ein Paradebeispiel dafür, was die Wiesecker zumal in Heimspielen auf dem eigenen Kunstrasen auszeichnete (mehr als dreieinhalb Tore im Durchschnitt). Technisch versiert, mit zahlreichen Kickern ausgestattet, die die feine Klinge schlagen können, hielten sie das Tempo hoch, waren damit kaum zu greifen und mit ihrem Kombinationsfußball häufig einen Schritt schneller als die Konkurrenz.

Und wenn es mal nicht so lief, erwies sich die individuelle Klasse einzelner Akteure als Gold wert. Mindestens ebenso wichtig: Die Mannschaft konnte mit Rückschlägen umgehen. Nach den Niederlagen in Marburg und im Gipfeltreffen gegen Kinzenbach vor 500 Zuschauern (,,Vor dieser Kulisse zu spielen, war sehr beeindruckend, zudem war es ein sehr rasantes Spiel") zeigte man sich unbeirrt und antwortete postwendend mit Dreiern.

Comeback-Qualitäten bewies die Kaliampos-Truppe mehrfach auch innerhalb der 90 Minuten. In Wetter drehte sie in Unterzahl einen 0:2- und 2:3-Rückstand in letzter Sekunde in einen 4:3-Sieg. Sicher ist der Sprung in die Verbandsliga ein Verdienst der gesamten Mannschaft, dennoch benennt Coach Kaliampos eine zentrale Achse, ,,die wir auf jeden Fall gebraucht haben. Das sind Torwart Paul Kottek, Yannik Mohr, Timo Schmidt, Diyer Elen und Kevin Buycks. Brian Mukasa war dann ein zusätzlicher Mosaikstein."

Zentrale Achse

Ein Mosaikstein, der in der kommenden Saison fehlen wird, da Mukasa es wie abgesprochen erneut beim VfB 1900 versuchen wird. Den Klub in Richtung des Stadtrivalen werden ebenfalls Robin Traut, Tim Napierala und Kristian Gaudermann verlassen, während es Kevin Buycks zum FSV Fernwald zieht. Ferner werden Philipp Döring und Joscha Stein studienbedingt nicht mehr zur Verfügung stehen. Mohamed Gouri geht zum TSV Klein-Linden, das Ziel von Pano Apostolou ist noch nicht bekannt. Aus der Jugend wechseln Julian Scheffler und Mirko Freese zum SC Teutonia Watzenborn-Steinberg, Julian Bender zum VfB 1900, Jan Niklas Schäfer nach Bauerbach und Markus Haberkorn zu den Sportfreunden Siegen, sodass die TSG insgesamt einige in jüngerer Vergangenheit unter dem eigenen Dach ausgebildeten Talente verliert.

In Wehklagen bricht Kaliampos deswegen gleichwohl nicht aus: ,,Klar, wir hätten gerne alle behalten. Aber die Spieler müssen selbst entscheiden, wo sie meinen, sich am besten entwickeln können. Die Tür in Wieseck steht offen." Dagegen werden aus der eigenen Talentschmiede Mario Kastl, Mark Fabel und Tobias Kloos bleiben. Überdies kehren Felix Thörner und Milos Milosevic, die in Watzenborn nur selten zum Zug kamen, genau so zurück wie Hoang Duc Nguyen aus Bauerbach." Beendet ist die Personalplanung damit nicht. Auf der Suche ist Kaliampos unter anderem nach einem erfahrenen Spieler für das zentrale Mittelfeld, der den Weggang von Buycks und auch Mukasa auffangen kann.

Die Ausrichtung und die Schwerpunkte für die Spielzeit 2015/16 eine Etage höher wird der Trainer seinen Schützlingen bereits in der Vorbereitung vermitteln: ,,Es muss jedem klar sein, dass es gegen den Abstieg geht. Jeder muss kämpfen und bis zur Erschöpfung laufen, dann werden auch Fehlpässe verziehen. Außerdem müssen wir am Defensivverhalten, im taktischen Bereich und am Zweikampfverhalten arbeiten."

Umfeld muss wachsen

Potenzial sieht der 32-Jährige rund um das Team: ,,Der sportliche Erfolg ist schneller da, als das Umfeld mitwachsen kann. Da ist zum Beispiel Kinzenbach in Sachen Manpower weiter als wir. Das ist definitiv ausbaufähig. Wir benötigen auch einen richtigen Co-Trainer. Sebastian Kraft hat das gut gemacht und mir viel geholfen, aber er ist eben auch noch Spieler."

Die Zukunft hält demnach einige Aufgaben für die TSG Wieseck parat, wobei auf dem grünen Rasen schon in den nächsten zwei Wochen trotz perfekten Aufstiegs einige ,,Bonusziele" erreicht werden können. Zum einen der Meistertitel, den der Tabellenführer spätestens zum Kehraus beim abschließenden Höhepunkt im direkten Duell bei Verfolger Kinzenbach feiern will (,,Vielleicht wird am Freitagabend gespielt, Kinzenbach ist prädestiniert als Austragungsort für ein Flutlichtspiel. Das würde sicher einige Zuschauer anlocken").

Zum anderen soll am Pfingstmontag der SWG-Kreispokal her. Gegner wiederum: die SG Kinzenbach. Zuzutrauen ist der TSG das Double allemal, abhängig ist die Bewertung dieser grandiosen Runde davon jedoch in keinster Weise. Bei Null startet man Anfang August, dann in Hessens zweithöchster Spielklasse.



Aufrufe: 017.5.2015, 21:45 Uhr
Thomas SuerAutor