2024-05-02T16:12:49.858Z

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Es wird Zeit, dass für taktische Fouls härtere Zeiten anbrechen. 	Karikatur: Heinrich Schwarze-Blanke
Es wird Zeit, dass für taktische Fouls härtere Zeiten anbrechen. Karikatur: Heinrich Schwarze-Blanke

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Wiedereinführung der Zeitstrafe gäbe dem Schiedsrichter eine weitere Option

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Worms. Diese oder vergleichbare Szenen spielen sich Wochenende für Wochenende auf den Fußballplätzen ab, egal in welcher Liga und egal in welcher Region. Ein Spieler erobert ein unpräzises Zuspiel des Gegners und schon geht es im D-Zug-Tempo gen Tor. Hat er erst einmal Fahrt aufgenommen, ist er nur noch schwer zu stoppen. Um nicht Sekunden später Gefahr zu laufen, wegen einer Notbremse vom Platz zu fliegen, wird häufig zum Mittel „taktisches Foul“ gegriffen. Das Festhalten am Trikot oder der leichte, den Gegner aus dem Gleichgewicht bringende Tritt, sind probate Mittel, schnelle Angriffe zu unterbinden. Auch deshalb, weil neben einem Freistoß im meist ungefährlichen Bereich, als persönliche Strafe für den Spieler nur eine Verwarnung droht. „Eigentlich zu wenig“, findet auch der Trainer der TSG Pfeddersheim, Norbert Hess. Er gehört jener Generation von Fußballern an, die vor Jahrzehnten die Zeitstrafe als Sanktionsmittel kannten und das Instrument eigentlich auch ganz gut finden.

Auch der Vorsitzende der Kreis-Schiedsrichtervereinigung Kalli Appelmann hat vor der Saison, als der die Klubs darüber informierte, dass die Zeitstrafe in der Jugend wieder eingeführt wird, deutlich gemacht, dass er sich dieses Instrument für den gesamten Amateurfußball wünscht. Gerade bei Aktionen, für die eine Rote Karte zu hart wäre, in der einer Mannschaft aber ein klarer Vorteil genommen werde, sei eine Zeitstrafe eine gute Sache.

Für Hess ist die mögliche Wiedereinführung der Zeitstrafe ein zweischneidiges Schwert. Zum einen hat er als Spieler eigentlich gute Erfahrung damit gemacht. Auf der anderen Seite sorgt er sich ein wenig, den Fußball mit immer neuen Regelungen zu überfrachten. „Sollte die Zeitstrafe wirklich kommen, dann müsste ganz klar geregelt werden, wofür“, meint Hess, der seine Zweifel hat, dass Zeitstrafen nach taktischem Foul tatsächlich die durch den Regelverstoß benachteiligte Mannschaft in Vorteil bringt. „Da stellt sich das Team in Unterzahl hinten rein und mauert. Attraktiv ist das für die Zuschauer nicht“, ist seine Befürchtung. Andererseits kann er sich schon vorstellen, dass sich ein Spieler es zweimal überlegt, einen Angriff unfair zu stoppen. Denn eine Zeitstrafe hat noch einen Nebeneffekt. Bei der Wiedereinführung bei der Jugend wurde klar geregelt, dass bei einem weiteren verwarnungswürdigen Vergehen nach einer Zeitstrafe zwingend die Rote Karte zu zeigen ist. Und die zieht auch im Amateurbereich immer eine Sperre nach sich. „Bei einer solchen Regel musst du als Trainer einen Spieler nach einer Zeitstrafe auswechseln, wenn du noch die Möglichkeit zum Wechseln hast“, sagt Hess.

Wenig von einer Zeitstrafe hält Steven Jones, Trainer des Fußball-Regionalligisten Wormatia Worms. „Im Handball oder Eishockey, also in Sportarten mit weniger Aktiven auf dem Spielfeld, ist eine Zeitstrafe sinnvoll. Im Fußball nicht. Alle Teams verteidigen inzwischen so gut, dass das kaum einen Effekt haben wird“, ist sich Jones sicher. Sein Lösungsansatz für taktische Fouls in aussichtsreicher Position ist ein anderer. „Wir müssten wegkommen von der automatischen Mindest-Sperre von zwei Spielen für Rote Karten.“ Sein Ansatz: Wenn immer die konkrete Situation in das Strafmaß einfließen würde und es auch einen Platzverweis ganz ohne Sperre geben könnte, würde sich mancher Schiedsrichter auch trauen, für einen vielversprechenden unfair unterbrochenen Angriff Rot zu zeigen. Eine Matchstrafe, die dann aber wirklich nur für das eine Spiel Gültigkeit hat.



Aufrufe: 011.9.2017, 20:30 Uhr
Carsten DietelAutor