2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines

Besuch des EM-Finales 1989 als Schub

WM 1999 und Olympia-Bronze 2000 waren größte Höhepunkte von Brandebusemeyer

Der 2. Juli 1989 sollte die damals 14-jährige Fußballerin Nicole Brandebusemeyer prägen. Auf den Rängen der Bremer Brücke in Osnabrück bejubelte sie mit der Juniorinnen-Niedersachsenauswahl den deutschen 4:1-Sieg im Finale der Frauen-Europameisterschaft über Norwegen. „Die EM gab nicht nur dem deutschen Frauenfußball, sondern auch dem weiblichen Nachwuchs einen großen Schub“, sagt die Hagenerin. Zehn Jahre später stand Brandebusemeyer selbst im deutschen WM-Kader. Bronze bei Olympia 2000 in Sydney war der größte Triumph der erfolgreichsten Fußballerin dieser Region.
Mit sieben Jahren hatte die Karriere von Brandebusemeyer im Mädchen-Team des Hagener SV begonnen. Ihr nur anfangs etwas skeptischer Vater gehörte dem HSV-Vorstand an. „Damals boten längst nicht so viele Vereine Mädchenfußball wie heute an“, erinnert sich die nun 46-Jährige. Mädchen und Fußball – diese Kombination galt Ende der 1970er-Jahre für viele als verpönt.

„Viele Talente blieben auf der Strecke, weil die Familien ihre Entwicklung nicht gefördert oder gar unterbunden haben“, erinnert sich Brandebusemeyer. Auch ihre Mutter war nicht begeistert, als sich die Tochter über die Bezirks- für die Niedersachsenauswahl empfahl und nun auch Zeit für das NFV-Stützpunktraining in Barsinghausen investierte. Doch die Familie hatte ein Einsehen und unterstützte die Tochter, wo sie nur konnte. Ihr Vater oder ersatzweise ein Cousin oder eine Cousine fuhr sie nach Barsinghausen. In dieser Zeit war auch Uwe Wehrmeyer als Frauen-Trainer der Spvg. Gaste-Hasbergen, der sie als 13-Jährige angehörte, ein starker Förderer.

Ein Jahr später folgte die EM in Deutschland. „Zu Beginn war noch fraglich, ob das Fernsehen überhaupt vom Turnier groß Notiz nimmt“, sagt Brandebusemeyer. „Als Deutschland ins Finale einzog, war noch nicht vorstellbar, ob die Bremer Brücke gut gefüllt sein wird.“ Letztlich wurden viele Interessenten am Stadion abgewiesen – ausverkauft. „Vor Ort beim EM-Sieg dabei gewesen zu sein war ein Riesenspaß und ein großer persönlicher Push.“
Mit 15 Jahren war die Hagenerin zu den Frauen der TSG Burg Gretesch gewechselt, wo sie den Aufstieg von der Landesliga in die Oberliga feierte. Mit 17 schaffte sie den Sprung zum FFC Heike Rheine in die Bundesliga. Dort war Brandebusemeyer vier Jahre lang Stammspielerin im Mittelfeld. Da sie mittlerweile in Köln an der Sporthochschule studierte, war 1996 der Wechsel zum nahe gelegenen Bundesliga-Konkurrenten FFC Brauweiler folgerichtig.



Auch dort setzte sich Brandebusemeyer auf Anhieb durch und feierte im ersten Jahr mit dem Finalsieg im Elfmeterschießen gegen den FC Rumeln-Kaldenhausen die deutsche Meisterschaft. Eine Woche später gab es die Krönung im Berliner Olympiastadion mit dem 3:1 im DFB-Pokal-Endspiel über Rheine. „Vor am Ende 40 000 Zuschauern, die überwiegend wegen des anschließenden Männerfinales zwischen Stuttgart und Cottbus vorzeitig eingetroffen waren, zu siegen war unglaublich – noch schöner als der Meistertitel.“ Damals übrigens noch in Männertrikots. „Das störte mich damals in keiner Weise“, sagt Brandebusemeyer, die mit 15 Jahren ihren ersten DFB-Lehrgang absolvierte und in der deutschen U 16, U 19 und U 21 zahlreiche Junioren-Länderspiele sammelte.

Erst mit der WM 1999 gab es die ersten Frauentrikot-Kollektionen. Eineinhalb Jahre zuvor, genau am 5. Februar 1998, hatte die Hagenerin in Catania beim 1:0 über Italien unter Bundestrainerin Tina Theune-Meyer ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert. „Es gab eine nahezu feste Elf. Es war schwer, dort hineinzukommen. Nadine Angerer und ich haben vielleicht die meisten passiven Länderspiele bei der Nationalmannschaft auf dem Konto“, sagt Brandebusemeyer schmunzelnd mit Blick auf die großen Stars wie Silke Rottenberg, Steffi Jones, Doris Fitschen, Martina Voss, Inka Grings und Birgit Prinz.

Der deutschen Auswahl gehörte sie drei Jahre an. Diese „sehr abwechslungsreiche und aufregende Zeit“ hatte große Höhepunkte: Zunächst die Teilnahme an der WM 1999 in den USA – wenn auch ohne Einsatz –, bei der Deutschland vor den Augen des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton unglücklich im Viertelfinale mit 2:3 gegen den Gastgeber und späteren Weltmeister ausschied. „In den USA war der Stellenwert des Frauenfußballs faszinierend. Nach jedem Spiel standen Massen an Menschen am Mannschaftsbus“, so Brandebusemeyer. Ein Jahr später folgte Bronze bei Olympia, wo sie im letzten Gruppenspiel gegen Schweden (1:0) eingewechselt wurde. Der damalige Bundespräsident Johannes Rau überreichte den Spielerinnen 2001 für die erste olympische Medaille des Frauen-Nationalteams das silberne Lorbeerblatt. Brandebusemeyers Nationalmannschaftskarriere war indes nach acht Länderspielen beendet.

Obwohl sich die ganz großen Erfolge in Brauweiler nicht wiederholten „und es woanders mehr Geld zu verdienen gab – ich habe mir aber immerhin das Studium durch den Fußball finanziert –“, blieb Brandebusemeyer dem FFC Brauweiler siebeneinhalb Jahre treu. Im Winter 2002/2003 folgte der Wechsel als Spielertrainerin zum FSV Frankfurt und im Sommer die Rückkehr nach Brauweiler. Dort endete 2005 als 30-Jährige nach 13 Jahren als Leistungsträgerin mit 230 Bundesliga-Einsätzen und kaum Verletzungen die große Fußballkarriere der Diplom-Sportwissenschaftlerin.

Mit ihrem Mann kehrte sie 2008 nach Hagen zurück, wo sie eine gemeinschaftliche Praxis führen. Mit der Geburt der Tochter war für Brandebusemeyer nach eineinhalb Jahren niedrigklassigerem Fußball in Hagen endgültig Schluss mit der aktiven Zeit. Dem Sport blieb sie als Leiterin der HSV-Ballschule von 2015 bis 2019 verbunden.
Aufrufe: 021.11.2020, 15:00 Uhr
Christian Detloff / NOZ SportAutor