2024-05-02T16:12:49.858Z

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– Foto: Karl-Heinz Rickelmann

Osnabrücker SC sagt Spiel wegen Corona ab - und verliert die Punkte

Frauen-Regionalliga: Eine Spielwertung, die Fragen offenlässt

Die Vorfreude war riesig beim Aufsteiger auf das Highlight zum Start in die Regionalliga-Saison – dann aber sagten die Fußballfrauen des Osnabrücker SC ihre Partie gegen den Hamburger SV Anfang Oktober lieber kurzfristig ab: Aus Vorsicht, mit Blick auf einen Coronafall in ihren Reihen. Nun ist klar: Die Punkte sind weg. Die kassiert der nicht angereiste Gegner – wobei das Urteil des Verbandsgerichts des Norddeutschen Fußballverbands (Nord FV) zum Fall Fragen offenlässt.

„Wir mussten schon schlucken, als wir das Urteil erhalten haben. Es war unsere bewusste Entscheidung, nicht zu spielen. Wir wollten helfen, die Verbreitung des Virus zu stoppen“, sagt Thomas Kastrup. Der Trainer der OSC-Fußballfrauen hatte am Tag vor der geplanten Austragung der HSV-Partie erfahren, dass seine Physiotherapeutin, die auch als Stand-by-Spielerin aktiv ist, positiv auf Corona getestet worden ist - in Kroatien, wo sich die junge Frau zu jenem Zeitpunkt aufhielt.

Letztmalig Kontakt zur OSC-Elf hatte sie neun Tage zuvor gehabt, Krankheitssymptome bei anderen OSC-Fußballerinnnen waren bis dato nicht aufgetreten. Dennoch bestand ein Restrisiko, von dem Kastrup die Spielleitung und den HSV unterrichtete. Neben Signalen des Verständnisses für die Lage erhielt der OSC-Coach vom NordFV den Hinweis auf die Durchführungsbestimmungen der Regionalliga.

Nach diesen muss, sobald eine Fußballerin in Isolation geht, der Gegner unterrichtet und der Spielleitung die behördliche Anordnung der Quarantäne zugestellt werden. „Beide Mannschaften können sich auf einen Ausweichtermin einigen. Will der Gegner unbedingt spielen, so muss das Spiel stattfinden“, heißt es dort weiter.

Dilemma für den Trainer

Kastrups Dilemma: Er konnte keine Quarantäne-Anweisung vor dem Anstoß weiterleiten. Die war von kroatischen Stellen nicht so schnell zu bekommen. So sagte er Stunden vor dem geplanten Anstoß die Partie ab, um Klarheit zu schaffen.

Ein folgenschwerer Schritt – genau deshalb sprach das Nord FV–Gericht die Punkte nun dem HSV zu und legte dem OSC die Verfahrenskosten (78,75 Euro) auf. Vor der Spielabsage müsse der Gegner entscheiden dürfen, ob er „trotz der Umstände spielen will oder nicht“, heißt es in der Urteilsbegründung – dass der HSV „Verständnis“ signalisiert habe, sei nicht ausreichend. Dazu habe die Quarantäne-Anordnung gefehlt. Bei einem nachträglich eingereichten Dokument dazu aus Kroatien sei offen, ob es sich „unmittelbar auf den Rechtskreis des Beschwerdeführers erstreckt.“

Offenes Grundsatzproblem

Unabhängig von der Auslandsfrage offenbart der Fall ein Grundsatzproblem: Dass ein Dokument, das auch Behörden in Deutschland teils stark verzögert ausstellen, zwingend innerhalb weniger Stunden beim Verband vorliegen muss, um die Absage eines Fußballspiels überhaupt anschieben zu können. Mehrfache Nachfragen bei verschiedenen Stellen des Verbandes dazu beantwortete der Nord FV nach über zehn Wochen mit einer dürren Erklärung, die den Sachverhalt bestätigt und sich auf Formalitäten zurückzieht. Zitat: „Hätte der Nachweis einer behördlich angeordneten Quarantäne vorgelegen, wäre eine Absetzung der Begegnung durch die Spielleitung initialisiert worden.“

Kastrup ist enttäuscht, weil der OSC bestraft worden ist, obwohl man das Beste gewollt habe. „Wir haben im Sinne der Gesundheit aller auf das Saisonhighlight verzichtet“, sagt der Trainer. Die Partie steht mit der Wertung nun als einzige Saisonniederlage in der Tabelle, die OSC-Frauen fallen damit (bei zwei Siegen und einem Remis in den ausgetragenen Partien)auf Rang drei zurück – hinter den HSV. Ob das noch Konsequenzen hat, ist offen: Der Nord FV hat, im Gegensatz zum Niedersächsischen Fußballverband, noch nicht entschieden, ob die wegen Corona festgefahrene Saison abgebrochen wird – oder wie sie gewertet wird.

Aufrufe: 07.4.2021, 09:25 Uhr
Benjamin Kraus / NOZ SportAutor