2024-04-29T14:34:45.518Z

Interview
– Foto: Carolin Althammer
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"Ich würde alles dafür tun, um einmal mit Buffon zu trainieren"

Fabio Leopardi hütet den Kasten von Königsbronn/Oberkochen. In einem sehr persönlichen Interview erzählt er von seinen Idolen, seiner Heimat Italien und seinen sportlichen Zielen.

Fabio Leopardi ist mit seinen 25 Jahren schon gut herumgekommen: Bereits in der Saison 2012/13 lief er für den SV Ebnat in der Bezirksliga auf, nach Wechseln zur SG Königsbronn/Oberkochen, dem AC Milan Heidenheim, dem SV Mergelstetten, dem TV Bopfingen und dem SV Neresheim trägt er seit dieser Saison wieder das Trikot von Königsbronn/Oberkochen. Er ist gekommen, um zu bleiben: Wie er im Interview herausstellt, glaubt er fest an das Potenzial seines jungen Teams und will über die Saison hinaus mithelfen, dass sich Spieler und Verein weiterentwickeln.

Gleichermaßen hat er das Ziel, noch einmal in der Bezirksliga aufzulaufen – lassen sich womöglich beide Ziele miteinander verbinden?

Julian Hermann: Lieber Fabio, wie geht es dir?

Fabio Leopardi: Mir geht es gut, danke. Nur das normale Leben und vor allem der Fußball fehlen mir sehr.

Wann hast du zum letzten Mal im Tor gestanden?

Das letzte Mal stand ich am 25. Oktober im Tor beim 3:1-Auswärtssieg gegen den TSV Niederstotzigen.

Haben es Spieler auf anderen Positionen leichter, sich in Form zu halten? Du brauchst ja immer jemanden, der dir Bälle zuspielt oder auf dein Tor schießt.

Also ich denke nicht dass es momentan für Spieler auf anderen Positionen leichter ist, sich fit zu halten als für uns Torhüter, denn die Spieler brauchen den Ball, den Sportplatz und vor allem das Tor genau so wie wir Torhüter.

Wie hältst du dich dann jetzt fit?

Ich halte mich fit indem ich ein- bis zweimal die Woche joggen gehe.

Bist du mit euren Leistungen zu Saisonstart zufrieden?

Mit der Leistung zum Saisonstart bin ich sehr zufrieden. Wir hätten vielleicht noch ein paar Pünktchen mehr auf dem Konto haben können, aber im Großen und Ganzen bin ich stolz auf meine Jungs.

Mit 1,78m gehörst du ja eher zu den kleineren Torhütern. Fehlen dir da wirklich einige Zentimeter oder gleichst du das einfach mit Sprungkraft und Schnelligkeit aus?

Ja, das höre ich oft mit der Größe, aber viele unterschätzen mich da. Natürlich gibt es Gegentore, bei denen ich mich aufgeregt habe und dachte: „Wäre ich ein paar Zentimeter größer, hätte ich ihn vielleicht bekommen.“ Aber die Größe stört mich wirklich gar nicht. Wie du sagst: Ich gleiche es mit Sprungkraft, Schnelligkeit und Erfahrung aus.

Beschreibe doch mal deinen schlimmsten Fehler als Torwart – auch wenn‘ sicher weh tut!

Oh, da fallen mir schon paar Szenen ein (lacht). Aber einer meinen schlimmsten Fehler habe ich sogar diese Saison gegen Türkspor Heidenheim gemacht. Es war in der 2. Halbzeit, ca. in der 60. Minute, und es stand 1:0 für Türkspor. Aber wir waren gut im Spiel dabei, mein rechter Verteidiger spielte mir den Ball zu und ich wollte meinen Innenverteidiger direkt überspielen und das Leder auf den linken Verteidiger rauslegen. Aber hinter dem Innenverteidiger stand ein Gegner, den ich nicht gesehen hatte, und der Ball fiel ihm dann sozusagen in die Füße – er musste ihn dann nur noch ins leere Tor zum 2:0 einschieben.

Das war ein Tiefschlag für das ganze Team und mich. Wir waren nicht mehr mit dem Kopf bei der Sache, dass wir nach Anstoß sofort den Ball verloren und ein paar Sekunden darauf das nächste Tor kassiert haben. Schön war, dass ein paar Jungs nach dem Spiel kamen und sagten, dass ich mir keinen Kopf machen soll und wir als Team gewinnen und verlieren. Das fand ich richtig toll.

Die Katze streckt sich, doch vergeblich: seine "nur" 1,78m Körpergröße kompensiert Leopardi mit Sprungkraft und Schnelligkeit.
Die Katze streckt sich, doch vergeblich: seine "nur" 1,78m Körpergröße kompensiert Leopardi mit Sprungkraft und Schnelligkeit. – Foto: Privat

Es fällt dir gar nicht so schwer, über eigene Fehler zu sprechen…

Es fällt mir nicht schwer über eigene Fehler zu reden, nein, weil niemand perfekt ist. Selbst die Profis machen solche Fehler.

Und nun umgekehrt: Gab es ein Spiel, in dem du deine Mannschaft mit vielen Paraden von einer schlimmen Pleite bewahren konntest?

Da fallen mir zwei schöne Situationen ein. Eine davon war beim TV Bopfingen in der ersten Runde des Pokals. Wir führten mit 1:0 durch einen Treffer von Angelo Colletti. In der Nachspielzeit 90.+3 gab es einen Elfmeter gegen uns, den ich gehalten habe . Das war ein tolles Gefühl als der Schiri dann abgepfiffen hat und dann das ganze Team auf mich zu gesprungen ist.

Und die andere Szene war diese Saison gegen Bissingen. Wir führten mit 1:0 und die Nachspielzeit sollte schon längst vorbei sein. Nach einem Freistoß waren praktisch alle Spieler mitsamt dem gegnerischen Torwart im Strafraum. Der Ball kam, und natürlich musste der gegnerische Torwart an den Ball kommen. Sein Kopfball ging flach ins Eck, doch mit den Fingerspitzen konnte ich den Ball gerade noch halten, während alle schon dachten, er wäre drin. Das war ein toller Augenblick, auch weil mein Kopf schon das Netz berührte. Meine Hände waren aber noch vor der Linie. Der Schiedsrichter pfiff das Spiel ab und die Gegner jubelten, weil sie dachten, der Schiri hat auf Tor entschieden, und meine Jungs bejubelten den Sieg und sprangen auf mich drauf. Das war mega.

Hast du ein Torhüter-Vorbild, an dessen Spielweise oder Auftreten du dich orientierst?

Natürlich. Es gibt für mich nur einen auf dieser Welt, den ich als kleines Kind schon verfolgte und eines Tages wie er sein wollte. Mein größtes Vorbild und Idol ist: Gianluigi Buffon. Für mich immer noch der beste Torwart der Welt . Ich würde alles dafür tun, um mit ihm einmal zu trainieren.

Wer ist denn der aus deiner Sicht beste Torwart in der Kreisliga A3?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich alle Torhüter nicht kenne, weil ich viele Jahre nicht mehr in der A3 gespielt habe und es viele neue Torhüter gibt. Und nach einem Spiel kann man das nicht beurteilen. Ob ich mich selbst zu den Besten zähle, sollen lieber andere beurteilen. Die, die mich kennen, wissen, wie gut ich bin.

Was können denn deutsche Fußballer besser als italienische?

Hm, ganz schwierige Frage. Aber was ich dazu sagen kann, ist, dass Deutsche offensiver spielen, 90 Minuten lang kämpfen, bis der Schiri abpfeift, und das ganze Spiel hoch und runter rennen, wenn es sein muss. Deswegen fallen auch so viele Tore. Das gefällt mir. Der italienische Fußball ist hingegen schon immer defensiv ausgerichtet. In Italien ist der Primus die Defensive, das sogenannte Fundament. Es sind einfach zwei unterschiedliche Arten von Fußball.

Du hast italienische Wurzeln – erzähl doch mal, von wo deine Familie stammt.

Meine Familie kommt aus dem Süden Italiens, aus der schönen Region Apulien. Die Stadt heißt Gallipoli und ist eine Hafenstadt. Gallipoli hat auch eine Altstadt, die auf einer Insel liegt, die nur durch eine Brücke zu erreichen ist. Wir haben in Gallipoli ein Haus gekauft und somit immer die Möglichkeit, dort Urlaub zu machen. Zudem leben meine Oma, Cousins und Onkels alle in der gleichen Stadt und wohnen nur ein paar Minuten zu Fuß entfernt von unserem Haus. Und von der Haustür sind es nur ca. 300 bis 400 Meter zum Strand. Und das Tolle ist die Pizzeria, die zehn Meter von der Haustür entfernt liegt (lacht). Der Chef freut sich immer, wenn ich im Sommer komme.

Wie oft fährst du in einem „normalen“ Jahr nach Italien?

Also in einem normalen Jahr fliege ich einmal runter, auch wenn es nur für eine Woche ist. Letztes Jahr war ich leider nicht, dieses Jahr will ich aber unbedingt mit meiner Freundin zusammen runterfliegen und ihr meine Stadt zeigen. Ich hoffe, dass das klappt.

Zurück zur laufenden Saison: Glaubst du, dass es noch einen fairen Abschluss der Spielzeit geben kann?

Es ist schwer zu sagen, ob es einen fairen Abschluss der Spielzeit geben kann. Ich glaube, ich spreche für jeden Fußballer, wenn ich sage, dass wir alle wieder sonntags auf dem Platz stehen und unser Bestes geben wollen. Nach den neuesten Informationen hoffe ich, dass wir wenigstens die Hinrunde noch zu Ende spielen können. Ein Abbruch der Saison wäre sehr sehr schade.

Fabio Leopardi im Eins gegen Eins – Fußball ist seine große Leidenschaft, nach seiner aktiven Laufbahn will er Trainer werden.
Fabio Leopardi im Eins gegen Eins – Fußball ist seine große Leidenschaft, nach seiner aktiven Laufbahn will er Trainer werden. – Foto: Privat

Spielst du auch noch in der nächsten Saison in Königsbronn?

Ich werde zu einhundert Prozent auch in der neuen Runde für die SGM Oberkochen/Königsbronn spielen. Hier fühle ich mich wie zuhause, die Jungs sind klasse, die Mannschaft ist wie eine kleine Familie für mich, weil wir uns alle schon seit der Jugend kennen und ich auch privat mit vielen Jungs des Teams etwas unternehme.

Welches persönliche Ziel hast du in deiner Karriere? Noch einmal Bezirksliga spielen, oder doch noch einen Sprung höher?

Mein persönliches Ziel ist, eines Tages nochmal in der Bezirksliga zu spielen. Es ist eine sehr spannende und interessante Liga.

Wo siehst du dich in fünf Jahren?

In fünf Jahren bin ich 31, da weiß ich nicht, wo ich mich sehe. Auf jeden Fall werde ich sonntags auf dem Platz stehen, das ist sicher. Vielleicht auch als Co-Spieler-Trainer, denn: Eines Tages möchte ich Trainer sein und irgendwann, wenn alles wieder normal ist, den Trainerschein machen.

Ihr habt eine junge Truppe – Was sind eure Ziele für die nächste Saison?

Ja, wir sind eine junge Truppe, aber mit viel Potenzial. Ich persönlich denke schon, dass wir den Ehrgeiz und die Qualität haben, unter die besten vier Teams zu kommen. Aber wir brauchen Zeit und lassen alles auf uns zu kommen. Unser Ziel ist einfach, von Spiel zu Spiel besser zu werden, unsere Fehler zu erkennen und diese zu vermeiden.

Gibt es einen Spieler, mit dem du es am meisten vermisst, zusammenzuspielen?

Oh ja, da gibt es schon einen: Angelo Colletti. Zwar stehen wir privat täglich in Kontakt, aber unsere Gespräche und unsere Albernheiten auf den Platz, beim Training oder nach dem Spiel vermisse ich sehr. Wir haben uns immer geholfen und gegenseitig motiviert. Manchmal haben wir uns auch gegenseitig geärgert, was sehr witzig war. Wir waren sogar immer eine halbe Stunde vor dem Training auf dem Platz und haben Lattenschießen oder Freistöße geübt. Die Abstimmung zwischen uns während eines Spiels war ebenfalls sehr gut, da ich hinten die Sicherheit im Spiel gegeben habe und er vorne Tore am Fließband geschossen hat. Zudem habe ich ihm selbst vier oder fünf Tore vorbereitet. Ich hoffe, wir spielen eines Tages wieder zusammen.

Aufrufe: 014.2.2021, 08:30 Uhr
JHermannAutor