2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
Erdal Kilicaslan (li.) hat nach seinem kurzen Intermezzo beim SV Türkgücü-Ataspor mit dem Fußball abgeschlossen. Foto: Sven Leifer
Erdal Kilicaslan (li.) hat nach seinem kurzen Intermezzo beim SV Türkgücü-Ataspor mit dem Fußball abgeschlossen. Foto: Sven Leifer

Kilicaslan rechnet ab: "Bin schwer enttäuscht von Türkgücü"

Ex-Profi im Interview

Er war einer der Stars der Landesliga Südost. Nach zwölf Profijahren in der Türkei kehrte Erdal Kilicaslan in diesem Sommer zurück nach München. Der Stürmer wollte den SV Türkgücü-Ataspor zum Aufstieg schießen. Doch im November folgte das Aus.

Ihr Rücktritt kam überraschend. Was waren die Gründe?

Mir ist wichtig, dass die Öffentlichkeit weiß, dass es nicht stimmt, was der Verein sagt. Wir haben uns nicht im Guten getrennt. Andreas Pummer und Kadir Alkan wussten mich nicht zu schätzen. Ich finde es respektlos, einen ehemaligen Profi auf der Auswechselbank zu lassen, ohne mit ihm zu sprechen. So geht man nicht mit einem Führungsspieler um.

Sie sprechen Ihr letztes Spiel an, als Sie erst in der 80. Minute eingewechselt worden sind. Sie waren unter der Woche verletzt. Da ist es doch normal, dass ein Trainer auf andere Spieler setzt?

Ich habe mich um einen Termin bei Müller-Wohlfahrt gekümmert, um mich für das Spiel fit spritzen zu lassen. Ich hätte mich auch eine Woche ausruhen können. Aber ich wollte unbedingt spielen. Wenn ein Verein einen Profi in der Mannschaft hat, sollte der Trainer ihn beruhigen und ihm erklären, warum er nicht spielt. Hinzu kommt, dass mir vor dem Spiel gesagt worden ist, dass ich der Mannschaft mit meinem Verhalten die Meisterschaft kosten kann und einige Spieler in der Mannschaft ein Problem mit mir haben.

War ihr Abschied eine Trotzreaktion?

Auf keinen Fall. Ich bin der Meinung, dass sich der Verein mir gegenüber nicht korrekt verhalten hat. Ich war immer offen und ehrlich. Das hätte ich mir auch von den Verantwortlichen erhofft. Dass ich gegen Geretsried nicht von Anfang an spiele, habe ich nicht vom Trainer, sondern von einem Mitspieler erfahren. Natürlich war ich deshalb nach dem Spiel getroffen. Ich wollte nach Abpfiff das Gespräch mit dem Präsidenten suchen, weil ich mich nicht mehr wohl gefühlt habe. Er hatte leider keine Zeit. Deshalb habe ich eine Mail geschrieben und mich abgemeldet. Vom Verein hat sich danach niemand mehr gemeldet. Und ich wurde im Oktober nicht mehr bezahlt. Das zeigt mir, dass ich alles richtig gemacht habe.

Welche Rolle wollten Sie im Verein spielen?

Ich bin als Führungsspieler gekommen und wollte ein Vorbild sein. Ich habe mich nie für etwas Besseres gehalten. Ich habe den Amateurfußball angenommen. Deshalb kann ich es nicht nachvollziehen, wenn jemand aus der Mannschaft mit mir ein Problem gehabt haben soll. Ich habe mich auch nach meinem Abschied mit einem Teil der Mannschaft getroffen. Sie wollten, dass ich wieder zurückkomme. Ich hätte dem Verein auch gerne bei den Transfers geholfen. Ich kenne viele Spieler, die aktuell noch in der Türkei spielen und bereit gewesen wären, für Türkgücü zu spielen. Aber das hat sich jetzt erledigt.

Einen Weg zurück gab es nicht?

Auf keinen Fall. Der Satz, dass ich der Mannschaft die Meisterschaft kosten kann, hat mich schwer getroffen. Ich habe nichts falsch gemacht und mich immer wie ein Profi verhalten. Aber wenn es schlecht läuft, braucht man eben einen Sündenbock. Ich hatte sehr viel Spaß und wünsche der Mannschaft nur das Beste. Der Präsident tut alles dafür, dass es den Spielern gut geht. Aber die sportliche Führung von Kadir Alkan macht die Mannschaft nicht glücklich, sondern kaputt. Ich hoffe, dass Türkgücü-Ataspor aufsteigt. Aber das geht nur, wenn nicht immer rotiert wird. Wenn man um die Meisterschaft spielt, braucht eine Mannschaft einen festen Kern. Wenn die Startelf ständig geändert wird, verlieren die Spieler ihr Selbstvertrauen.

War Ihr Engagement im Amateurfußball ein Fehler?

Im Nachhinein ja. Ich habe mich weder undiszipliniert verhalten, noch habe ich einen Vertragsbruch begangen. Ich bin nicht wegen des Geldes gekommen oder weil ich keinen anderen Verein gefunden habe. Nach meinem Karriereende wollte ich noch für Türkgücü kicken, um der Mannschaft zu helfen. Ich habe einen besonderen Bezug zu diesem Verein. Mein Vater war Kapitän der Mannschaft, als der Verein noch die dritte Kraft im Münchner Fußball war. Schade, dass meine Karriere so zu Ende gegangen ist. Für mich hat sich das Fußballspielen jetzt erledigt.

Wie geht es jetzt bei Ihnen weiter?

Das weiß ich noch nicht. Es kamen Angebote von anderen Vereinen. Aber ich werde auf keinen Fall mehr spielen. Es ist schon eine komische Situation, aufzustehen und zum Fitness statt zum Fußball zu gehen. Aber damit habe ich mich im Sommer schon abgefunden, als ich meine Profi-Karriere beendet habe.

Erdal Kilicaslan geht jetzt zum Fitness anstatt zum Fußball. Foto: Privat

Aufrufe: 030.11.2017, 10:46 Uhr
Christoph Seidl - Fussball VorortAutor