2024-04-25T14:35:39.956Z

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Nicht in jedem Keeper steckt ein Manuel Neuer: Der Weg dahin ist weit – und wenn eine Bogenlampe kommt, wird der Weg zurück ins Tor noch weiter.
Nicht in jedem Keeper steckt ein Manuel Neuer: Der Weg dahin ist weit – und wenn eine Bogenlampe kommt, wird der Weg zurück ins Tor noch weiter.

Dilemma des modernen Keepers

Mitspielen ist gefragt, doch dadurch steigt die Gefahr, aus der Distanz überwunden zu werden

Worms. Irgendwann passiert es jedem Keeper. Dann kommt er, der Ball, der schonungslos aufzeigt, dass das moderne Torwartspiel auch seine Schattenseiten hat. Jene Positionsauslegung, die von der Nummer eins auch erwartet, elfter Feldspieler und eine Art Libero hinter der eigenen Abwehr zu sein. Am vergangenen Samstag erwischte es den Horchheimer Keeper Manuel Müller, als er durch eine Bogenlampen aus über 40 Metern das 1:2 fing. „Wir alle schauen natürlich auch auf einen Manuel Neuer, wie er als Torwart agiert. Und es gehört heute einfach dazu, der Viererkette zu helfen, und auch weit vor dem Tor als Anspielstation zur Verfügung zu stehen“, erklärt Müller.

Wenn dann in der Viererkette oder auch davor ein unerwarteter Ballverlust geschieht, kann auch ein junger Keeper wie der 18-jährige Müller schnell ganz alt aussehen. „Ich habe noch gesehen, dass der Geinsheimer Torschütze kurz aufgeschaut hat und dann sah ich den Ball auch schon kommen“, schildert er die Szene, in der ihm Pascal Nebel die Kugel aus großer Distanz in die Machen legte. „Schon als der Ball über mir war, habe ich erkannt, dass er reingehen wird.“ Eine Chance zur Abwehr hatte Müller nicht mehr.

Doch auch wenn sich ein Torwart in einer solchen Situation natürlich düpiert vorkommt, ist diese Spielweise inzwischen fast alternativlos. Müllers Aufgabe war es zum Beispiel auch, bei den gefährlichen Geinsheimer Schnittstellenpässen zur Stelle zu sein. Und das geht bei einer Mitte der eigenen Hälfte positionierten Viererkette nicht, wenn man als Keeper an der eigenen Torlinie klebt. Übrigens war der Schuss von Nebel in der 75. Minute nicht der erste Versuch dieser Art. Schon beim Anstoß in der ersten Halbzeit versuchten es die Geinsheimer mit einem Fernschuss, der allerdings nicht die gleiche Präzision hatte. Und in der Vorwoche verfolgte Müller eine ähnlich Szene von der Bank aus, sein Teamkollege Lukas Bungert, der in diesem Spiel im Horchheimer Kasten stand, hatte Glück, dass der Ball eines Oppauers an die Latte klatschte.

Die Frage, wie weit sich ein Keeper aus dem eigenen Kasten entfernen darf, wird mit jedem Treffer dieser Art kontrovers diskutiert. Ein Wort mitreden kann dabei auch der Gau-Odernheimer Bezirksliga-Schlussmann Daniel Diel. Der ist in der Liga dafür bekannt, immer sehr hoch zu stehen. Bei der 1:3-Heimniederlage seiner Mannschaft gegen den TSV Zornheim ging ein Versuch, noch aus der eigenen Hälfte gegen den Keeper erfolgreich zu sein, knapp daneben. Doch vor drei Wochen hatte Diel sein Negativerlebnis der besonderen Art. Im Verbandspokalspiel gegen den Landesligisten TuS Rüssingen war es ein gewisser Mario Basler, der den TSV-Kapitän aus sage und schreibe 80 Metern überwand. Ähnlich kurios erwischte es die Regionalliga-Torhüterin der TuS Wörrstadt, Josephine Rothmann, beim ersten Saisonspiel in Dirmingen. Da war es sogar die eigene Mitspielerin, die aus riesiger Distanz in die eigenen Maschen traf. Glücklicherweise traf Loreana Liebetanz danach auch noch auf der richtigen Seite.

Manuel Müller hat am Samstag zum ersten Mal in seiner noch jungen Karriere bei den Aktiven so ein Bogenlampentor bekommen. Ein Grund, sein Spiel nun komplett anders zu gestalten, sieht er nicht: „Wenn ich der Meinung gewesen wäre, das Ding geht zu hundert Prozent auf meine Kappe, müsste ich mir Gedanken machen. Aber ich denke nicht, dass ich mir einen großen Vorwurf machen muss.“ Leben muss er allerdings mit dem Risiko, dass ihm solche Tore bei seiner Spielweise immer wieder drohen. Da ist eben die Gefahr, in die sich ein moderner Torwart begibt.



Aufrufe: 05.9.2016, 21:00 Uhr
Carsten DietelAutor