SV Erbach plötzlich im Euphoriemodus

Das Kollektiv steht über allem: „Wir haben in Erbach ein neues Verständnis entwickelt, bei dem das Kollektiv die Hauptrolle spielt und jeder eigene Befindlichkeiten zurückstellen soll. Außerdem gilt: Wer nicht trainiert oder sich nicht benimmt, der spielt nicht. Doch in dieser Hinsicht brauchte ich noch nicht einzugreifen, weil sich die Jungs voll auf das Projekt eingelassen haben und ein sehr soziales Verhalten an den Tag legen“, erläutert der 33-jährige die Grundlagen seiner Philosophie. Hinzu komme ein großer Kader, „in dem wir oft qualitativ eins zu eins wechseln können“. Und schließlich habe die Erfolgsserie bis hinauf auf Rang zwei, der in dieser Runde zum direkten Sprung in die Kreisoberliga berechtigt, dazu beigetragen, dass das Wir-Gefühl jegliche Egoismen eingedämmt habe. Mit dem weiteren Effekt, dass jeder gehalten ist, sich über die Trainingsteilnahme für Einsätze zu empfehlen.

Bruns hat mit der Kaderzusammenstellung im Sommer offenbar genau den richtigen Mix gefunden und dabei auch darauf geachtet, dass es im Menschlichen passt. Als Jugendspieler, Aktiver in der SVE-Ersten und ehemaliges Vorstandsmitglied weiß er nur allzu gut um die Verhältnisse in seinem Stammverein Bescheid. Gleichzeitig bringt Bruns – ungeachtet seiner erst 33 Jahre – reichhaltige Erfahrungen mit. Als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und U 17-Cheftrainer bei Kickers Offenbach war ihm 2016 neben dem Gewinn des Hessenpokals und der Hessenmeisterschaft auch der Aufstieg in die B-Junioren Bundesliga gelungen. 2017 schloss er sich dem SC Teutonia Watzenborn/Steinberg (heute FC Gießen) an. In Doppelfunktion als Leiter Kommunikation und Trainer der zweiten Mannschaft, die er von der Gruppen- in die Verbandsliga führte. Vor der Rückkehr nach Erbach fungierte der Projektmanager einer Wiesbadener Werbeagentur mit Erfolg als Interimscoach des Mainzer B-Ligisten SV Bretzenheim – und brachte von dort einige Spieler mit in den Rheingau.

Kevin Faist und Christopher Junglas passen prima ins Gefüge: Der ausgewogene Kader um die Torjäger Pasqual Frankholz (23 Treffer) und Luka Vrbanjac (16) erfährt nun eine weitere Aufwertung. Kevin Faist (SG Walluf) stößt als spielender Co-Trainer dazu, außerdem Christopher Junglas von der Spvgg. Eltville. „Jeder Neue birgt vielleicht die Gefahr, das Kollektiv zu gefährden. Doch ich kenne beide. Sie passen zu uns und werden uns weiterbringen“, sagt Bruns, der auch 2020/21 Regie führen wird.

Gunst der Stunde nutzen und unter den ersten drei bleiben: Um gleichzeitig zuversichtlich auf die verbleibenden elf Erbacher Punktspiele zu blicken: „Eigentlich sollte es eine Übergangssaison werden. Doch jetzt ist die Ausgangssituation gegeben, unter den ersten drei oder am besten unter den ersten zwei zu landen. Wir können den Rest der Runde auf jeden Fall selbstbewusst angehen.“ Wobei Platz drei noch die Teilnahme an Relegationsspielen gewährleisten würde.

„Wenn wir nicht aufsteigen sollten, geht die Welt auch nicht unter“, bekräftigt Bruns, der auf ein starkes Defensiv-Fundament mit Shawn Frankholz (früher Schmidt) als schnellem, abgeklärtem Spieler in zentraler Abwehrposition setzt und auf gemeinschaftliches, aggressives Anlaufen des Gegners. Erbachs neues Kollektiv setzt alle Vorgaben bestens um, die Kreisoberliga-Rückkehr könnte tatsächlich noch in diesem Jahr Konturen annehmen.