2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Aufstiegsheld: Beim Last-Minute-Aufstieg der Lilien in Bielefeld im Mai 2014 feiern die Innenverteidiger Benjamin Gorka (links) und Aytac Sulu Seite an Seite.	 Archivfoto: Herbert Krämer
Aufstiegsheld: Beim Last-Minute-Aufstieg der Lilien in Bielefeld im Mai 2014 feiern die Innenverteidiger Benjamin Gorka (links) und Aytac Sulu Seite an Seite. Archivfoto: Herbert Krämer

"Kopf und Herz müssen Ja sagen"

Profis: Ehemaliger Lilien-Spieler ist derzeit noch vereinslos / „Ich nehme nicht einfach irgendwas an“

Die Schlagzeilen der Fußballwelt werden derzeit von schwindelerregenden Millionensummen bestimmt, für die Fußballprofis weltweit wechseln. Doch es gibt auch eine Kehrseite dieses glamourösen Geschäfts. Dabei steht nicht nur die Frage im Raum, wohin das Überbieten bei Ablösen noch führen soll. Es geht auch um die Zukunft der Spieler, die von diesem Kuchen nichts abbekommen, weil sie bisher keine Millionen auf ihrem Konto verbuchen konnten.

Derzeit gibt es laut dem Fußballportal „transfermarkt.de“ rund 200 vereinslose deutsche Profifußballer. Eine genaue Zahl lässt sich laut Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Spielergewerkschaft Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV), schwer ermitteln. „Dies liegt auch daran, dass nicht wenige vereinslose Spieler den Fußballsport in den Regional- und Oberligen nur nebenberuflich ausüben.“

127 Spiele in den ersten drei Ligen

Einer dieser vertragsfreien Spieler ist der ehemalige Publikumsliebling des SV Darmstadt 98, Benjamin Gorka. Nach fünf Jahren im Trikot der Lilien wurde der Vertrag des 1,95 Meter großen Innenverteidigers am Ende der zurückliegenden Saison nicht verlängert. War er in den ersten drei Jahren noch einer der Leistungsträger, die maßgeblichen Anteil am Aufstiegsmärchen der Lilien hatten, wurden die Einsätze im Fußball-Oberhaus für den kopfballstarken Abwehrspieler überschaubar. Trotzdem überzeugte er mit tadelloser Arbeitsmoral und stellte sich in den Dienst der Mannschaft. Mit 127 Spielen in den ersten drei Ligen verfügt er über viel Erfahrung. Doch auch er zählt zu jenen Spielern, die im Laufe der Karriere finanziell nicht nur auf Rosen gebettet waren.

So stand der 33 Jahre alte Ludwigshafener in diesem Sommer vor der entscheidenden Frage: Was kommt danach? Gibt es weiterhin Jubelgesänge zu hören oder kommen Existenzsorgen auf? „Man macht sich Gedanken, ganz klar. Ich habe es mir nach fünf erfolgreichen Jahren in Darmstadt nicht derart schwer vorgestellt, einen passenden Verein zu finden. Aber man darf den Kopf nicht in den Sand stecken und sollte weiterhin das Positive sehen. Wohin mein Weg führen wird, ist derzeit noch völlig offen“, gibt Gorka zu.

Nicht unwichtig ist, ob man zu Beginn der Transferperiode das Risiko eingeht, sich dem erstbesten Angebot unter Wert hinzugeben oder im schlechtesten Falle so lange auf ein besseres wartet, bis es zu spät ist und die Vereine ihre Kader besetzt haben. „Für mich war klar, dass ich nicht einfach irgendwas annehme, nur um überhaupt etwas zu machen. Zumal ich mit Schnellschüssen schon schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ich möchte mich mit einer neuen Herausforderung identifizieren, Kopf und Herz müssen Ja sagen. Das Gesamtpaket muss stimmen, sonst habe ich Zeit verloren“, befindet Benjamin Gorka.

Viele Fußballspieler erkennen zu spät die Bedeutung der Karriereplanung nach der aktiven Laufbahn. „Wir als Spielergewerkschaft wollen die Jungs frühzeitig auf die berufliche Karriere nach der Karriere vorbereiten und ihnen umfassende juristische Unterstützung geben, zum Beispiel wenn es um Bezug von Arbeitslosengeld oder die Prüfung von Arbeitsverträgen geht“, erklärt Baranowsky. Soll heißen: Es muss ein Plan B her.

Ein Thema auch für Benjamin Gorka: „Ich schließe im Februar 2018 mein Fernstudium im Bereich Sportmanagement ab. Von daher arbeite auch ich an einem Plan B. Allerdings braucht es Zeit, um sich außerhalb des Fußballs etwas aufzubauen. Das geht nicht von heute auf morgen. Ich erfahre momentan aber viel Unterstützung von unterschiedlichen Seiten, auch aus meinem Darmstädter Umfeld. Das motiviert und zeigt, auf wen man sich verlassen kann.“

Keine passende Stelle bei Darmstadt 98

Noch fühle er sich jedoch fit und gesund. „Von daher ist für mich Plan A, nochmal als aktiver Spieler einen Verein zu finden. Es wäre aufgrund meines Studiums toll, wenn ich einen Verein finden würde, der mir über die aktive Karriere hinaus eine Chance anbietet.“ So, wie es zuletzt beim SV 98 angedacht war, schließlich aber daran scheiterte, dass im Verein keine passende Stelle zu besetzen war.

Eine Hoffnung bleibt allen vertragsfreien Spielern, auch Gorka: Nach Beendigung des Sommer-Transferfensters am 31. August dürfen sie weiterhin verpflichtet werden. Doch für viele wäre es nur ein Verschieben der eigentlichen Frage. Was kommt danach?

Aufrufe: 025.8.2017, 17:33 Uhr
Heiko WeissingerAutor