2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Folgt im Sommer die nächste Party? Der SV Bad Heilbrunn steht vor dem dritten Aufstieg in Folge. „Was wir erleben, ist nur möglich, weil bei meinen Spielern alles andere hinten ansteht“, sagt Trainer Walter Lang. Ewald Scheitterer
Folgt im Sommer die nächste Party? Der SV Bad Heilbrunn steht vor dem dritten Aufstieg in Folge. „Was wir erleben, ist nur möglich, weil bei meinen Spielern alles andere hinten ansteht“, sagt Trainer Walter Lang. Ewald Scheitterer

Heilbrunn vor drittem Aufstieg in Folge - Spielergehälter? „Das ist utopisch“

SV Bad Heilbrunn - Walter Lang, Maxi und Bene Specker über das Wunder

Nach zwei Aufstiegen in Folge steht der SV Bad Heilbrunn sechs Spieltage vor Saisonende vor dem Sprung in die Landesliga. Im Vorort-Interview äußern sich Trainer Walter Lang und die Specker-Brüder Maxi und Benedikt zum Erfolg der Heilbrunner.

Das Wunder des SV Bad Heilbrunn begann mit einem Hilfeschrei. Robert Rieker suchte einen Feuerwehrmann, der seinen Verein vor dem Abstieg retten sollte. Tabellenletzter der Kreisklasse, zwei Punkte aus den ersten sieben Spielen, kaum Spieler im Training – das waren die bitteren Fakten, als Walter Lang den Freundschaftsdienst antrat. Für eine Saison wollte er seinem Freund Robert helfen.

Doch aus dem Aushilfsjob entstand ein Fußballmärchen. Der SV Bad Heilbrunn hat den Durchmarsch von der Kreisklasse in die Bezirksliga gepackt. Mit elf Punkten Vorsprung steht der Verein vor dem Aufstieg in die Landesliga. Und das ohne Neuzugänge vor Saisonbeginn. Geld bekommt keiner. Alle Spieler sind aus der Gemeinde im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Sie sind Freunde seit dem Kindergarten, haben zusammen die Schulbank gedrückt und in ihrem Leben nur ein Trikot getragen. Walter Lang und die Brüder Maximilian und Benedikt Specker versuchen, das Wunder zu erklären.

Vor vier Jahren habt Ihr gegen den A-Klasse-Abstieg gekämpft. Jetzt steht die gleiche Mannschaft vor dem Aufstieg in die Landesliga. Wie ist das möglich?

Maxi Specker: Es ist sensationell, was bei uns abgeht. Ich kann das kaum in Worte fassen. Auf dem Platz sind uns andere Teams überlegen. Bei uns geht es aber um mehr, als nur um Fußball. Der Verein ist unser Leben. Wir sind Freunde seit dem Kindergarten. Das ist eine andere Ebene. Bei uns schmeißen alle ihren Körper am Sechzehner in den Schuss. Auch wenn der Gegner zum zehnten Mal anläuft. Für seinen Freund zu kämpfen, ist etwas anders, als für den Mitspieler alles zu geben.
Benedikt Specker: Meine Mitspieler und dieser Verein bedeuten mir alles. Was in den vergangenen Jahren passiert ist, werde ich mein Leben lang nicht vergessen.

Lang: „Die Spieler leben für den Fußball“

Herr Lang, warum haben Sie trotz Nachtschichten bei der Polizei die Mannschaft übernommen?

Walter Lang: Manche unterstellen mir ja, dass der Erfolg aufgrund der guten Jugend absehbar war. Aber das ist Schmarrn. Der Charakter einer Mannschaft ist entscheidend. Ein alter Kollege bei der Polizei hat viele Spieler bereits in der Jugend trainiert und zu mir gesagt: Walter, das sind anständige Jungs. Das musst du machen.

Wie konnten Sie nur mit einheimischen Spielern durchmarschieren?

Lang: Die Spieler leben für den Fußball. Das ist nicht nur dahingesagt, sondern heute sehr selten. Diese Spielgemeinschaften gab es zu meiner Zeit nicht. Heute bekommen vier Vereine gerade mal so eine A-Jugend zusammen und müssen die Mannschaft während der Saison trotzdem abmelden. Bei meinen Spielern bleibt vieles im Leben auf der Strecke. Aber der Sport gibt ihnen alles zurück.

Ist der Erfolg nur möglich, wenn selbst in der Kreisklasse der Fußball an erster Stelle steht?

Lang: Als ich noch gespielt habe, war es völlig normal, dass man für ein Spiel vom Gardasee-Urlaub zurück gefahren ist. Auch wenn die Freundin das nicht toll fand. Heute wollen sich junge Spieler nicht mehr plagen. Die wollen lieber richtig feiern, auch wenn am nächsten Tag ein Spiel ansteht. Das ist für mich immer noch unvorstellbar. Aber so ist die Zeit. Was wir derzeit in Bad Heilbrunn erleben, ist nur möglich, weil bei meinen Spielern alles andere hinten ansteht. Aber was sie jetzt erleben, werden sie fürs Leben mitnehmen.

Benedikt Specker: „Wenn keiner geht, bleiben alle“


Torjubel: Torschütze Maxi Schnitzlbaumer, Maxi Specker (8), Thomas Schmöller (13) Foto: esc
Torjubel: Torschütze Maxi Schnitzlbaumer, Maxi Specker (8), Thomas Schmöller (13) Foto: esc
Torjubel: Torschütze Maxi Schnitzlbaumer, Maxi Specker(8), Thomas Schmöller (13) Foto: esc

Geht Ihr nicht feiern?

Benedikt Specker (lacht): So würde ich das nicht sagen. Wenn wir auswärts spielen, sitzen wir oft länger zusammen, als die Heimmannschaft. Das Bier nach dem Training mit meinen Freunden ist mir sehr wichtig. Viele studieren jetzt in München oder arbeiten. Aber fürs Training kommt jeder nach Bad Heilbrunn.

Neben Euch stehen mit den Schnitzlbaumers drei weitere Brüder auf dem Platz. Ein weiterer Grund für den Erfolg?

Maxi Specker: Es gibt nichts Geileres im Leben. Bei uns ist früher schon der Ball im Garten zu den Nachbarn rübergeflogen. Jetzt stehen wir gemeinsam auf dem Feld. Wichtiger als die besten Freunde ist nur noch der Bruder.

Warum ist keiner von euch zu einem großen Amateurverein gewechselt?

Benedikt Specker: Das stand nie zur Debatte. Wir haben schon immer zusammen Fußball gespielt. Wenn keiner geht, bleiben alle.

Spielergehälter in der Landesliga? „Das wird nie passieren“

Was würde Ihnen der Landesliga-Aufstieg bedeuten, Herr Lang?

Lang: Natürlich freut mich der Erfolg. Ich denke aber nicht an mich. Ganz ehrlich. Der Verein feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Jubiläum. Es sind noch Fans am Leben, die den Verein groß gemacht haben. Und wir haben viele, die sich Woche für Woche den Arsch aufreißen. Auf mich kommen Rentner mit Tränen in den Augen zu, die mir sagen, wie viel ihnen das bedeutet. Von diesen Menschen lebt ein Verein. Das war auch schon beim Lenggrieser SC so. Mehr kann die Mannschaft den Fans und Ehrenamtlichen nicht schenken. Und für sie als Fußballer gibt es nichts Größeres. Der dritte Aufstieg in Folge wäre einfach der Wahnsinn.

Bekommen die Spieler in der Landesliga Geld?

Lang: Das wird nie passieren. Das wäre utopisch. Unser Vorstand Robert Rieker hat immer schon gesagt: Das fängt er gar nicht erst an. Das ist der Anfang vom Ende. Wir haben bei genug Vereinen im Umkreis gesehen, dass Geld nicht der richtige Weg ist.

Braucht Ihr im Aufstiegsfall Neuzugänge, um in der Landesliga bestehen zu können?

Maxi Specker: Nein. Darüber haben wir schon oft diskutiert. Ein Externer würde einem Einheimischen den Platz wegnehmen. In den vergangenen vier Jahren sind zwei Spieler dazugekommen. Und die kennen wir seit der 5. Klasse.


Das Interview führte Christoph Seidl

Aufrufe: 010.4.2019, 10:06 Uhr
Tölzer Kurier / Christoph SeidlAutor