2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
Alexander Schmidt (links, hier im Gespräch mit Markus Smarzoch) ist während der Spiele viel an der Seitenlinie unterwegs.  Foto: Nickl
Alexander Schmidt (links, hier im Gespräch mit Markus Smarzoch) ist während der Spiele viel an der Seitenlinie unterwegs. Foto: Nickl

Jahn: Schmidt wehrt sich gegen Kritiker

Lässt der Coach des Fußball-Drittligisten zu hart trainieren? Rotiert er zu viel? Im FuPa/MZ-Interview bezieht der Fußballlehrer Stellung

Im FuPa/MZ-Interview bezieht der Fußballlehrer Stellung.

Herr Schmidt, im Fußball-Geschäft sitzen Trainer auf einem Schleuderstuhl. Sind Sie selbst überrascht, dass Sie immer noch Coach des SSV Jahn sind?

Alexander Schmidt: Überrascht will ich das nicht nennen. Und ich bete jetzt auch nicht jeden Tag drei Vater unser zum Dank, dass ich noch hier bin. Aber es ist sicher nicht überall so, dass wie hier beim Jahn trotz der extrem kritischen Tabellensituation die Ruhe bewahrt wird. Die Verantwortlichen haben das eben genau analysiert und sind zum Schluss gekommen, dass es noch andere Faktoren gibt. Und deswegen gab es keinen Alibi-Rauswurf des Trainers.

Welche andere Faktoren denn?

Es war einfach so, dass ich durch Verletzungen oder Spieler, die nicht in Form waren, wenig Handlungsmöglichkeiten hatte. Das darf auch kein grundsätzliches Alibi für mich sein. Aber was soll ich machen, wenn etwa unsere gesamte Angriffsphilosophie auf den Romas Dressler ausgerichtet ist, der aber fast die ganze Zeit ausfällt? Da kann der Romas auch nichts dafür, aber es ist für mich als Trainer eben schwierig.

Wenn ein Klub unten steht, steht meist der Trainer in der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, das Team ständig umzubauen.

Was heißt hier ständig umbauen? Es gibt eine Statistik, dass wir einen Stamm von zehn bis zwölf Spielern haben, die in fast jeder Partie dabei waren. Dass ich den Aias Aosman mal von der Mitte nach links verschiebe, kann aus taktischen Gründen einfach notwendig sein. Und wenn ich einen so flexiblen Spieler wie Gino Windmüller habe, dann kann ich ihn eben vorne und hinten einsetzen. Das hat der Trainer vergangene Saison auch gemacht. Was ist denn die Alternative? Soll ich die Augen zumachen, mich zurücklehnen und jede Woche dasselbe Team bringen. Wir haben mit Umstellungen auch schon Partien gedreht, das darf man dabei nicht vergessen.

Kritiker werfen Ihnen zudem vor, dass Sie mit der Mannschaft zu hart trainiert haben und dass die deswegen bei den Ligaspielen platt war.

Das stimmt doch nicht. Wir haben Blutwerte gemessen, da war alles okay. Zudem rede ich viel mit den Spielern, auch ganz offen. Da gab es keinen, der gesagt hätte, dass es zu viel war.

Sie sind während des Spiels sehr engagiert und geben viele Kommandos. Mancher meint, dass Sie die Spieler dadurch mit Informationen überfrachten.

So viele Informationen, wie mancher vielleicht glaubt, sind das gar nicht. Wenn mir etwas auffällt, dann muss ich das dem Spieler auch mitteilen. Es liegt doch letztlich vieles am Tabellenstand. Wenn du unten stehst, ist alles schlecht, auch wie der Trainer an der Seitenlinie rumturnt. Wenn du oben stehst, nennt man das dann ganz positiv einen lebendigen Typen. Wenn du gewinnst, kannst du auch nur Purzelbäume trainieren lassen, das wird dann als genial betrachtet. Grundsätzlich glaube ich aber schon, dass es den Fans lieber ist, wenn ein Trainer emotional ist. Und letztlich bin ich als Mensch eben so, da will ich mich auch nicht verbiegen lassen.

Zuletzt, gegen Mainz II, schien es so, als dass der Jahn vor allem darauf bedacht war, hinten dichtzumachen. Gegen wen will der Jahn überhaupt noch Tore schießen, wenn nicht gegen die direkten Konkurrenten im Abstiegskampf?

Dass wir hinten gut stehen, war nur eine Vorgabe von vielen. Aber die war auch wichtig. Mal ehrlich: Bisher hatte man bei uns in dieser Saison eigentlich immer so ein komisches Gefühl, dass wir jederzeit ein Gegentor kriegen können. Nun sind wir in der Abwehr auf einem guten Weg, weil wir erfahrene Spieler dazu bekommen haben. Natürlich wollten wir auch in Mainz schnell nach vorne umschalten. Das hat leider nicht gut geklappt. Aber wir wollen uns gegen keinen Gegner nur hinten reinstellen. In dieser Liga kann jeder jeden schlagen.

Hatten Sie bei den vier Neuzugängen zuletzt ein Wörtchen mitzureden?

Natürlich. Das haben wir gemeinsam entschieden.

Sind drei neue Innenverteidiger nicht etwas viel auf einmal, zumal Sebastian Nachreiner in der Winterpause ja zurückkehren soll?

Nein, meiner Meinung nach nicht, zumal Lukas Sinkiewicz ja auch auf der Sechs und Gregory Lorenzi außen spielen kann. Vor allem aber konnten wir nicht bis zur Winterpause warten. Wenn wir bis dahin nicht noch richtig punkten, stehen wir nämlich mit einem Bein in der Regionalliga.

Kommt noch ein Stürmer?

Ja, da müssen wir unbedingt etwas tun, weil wir vorne zu dünn besetzt sind. Den richtigen zu finden, ist aber durchaus schwierig, da wir ja keinen Ergänzungsspieler suchen, sondern jemanden für die Startelf.

Wie viele Punkte braucht der Jahn zum Klassenerhalt?

Da könnte ich jetzt irgendeine eine Zahl nennen, das will ich aber gar nicht, weil es uns nicht weiterbringt. Wir dürfen nur auf das nächste Spiel schauen, denn wir haben nur noch Endspiele. Und das sage ich nicht nur so dahin, das ist so.

Der SSV Jahn hält die Klasse, weil...

...wir alle an einem Strang ziehen.

Aufrufe: 029.10.2014, 18:29 Uhr
Jürgen ScharfAutor