2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Philipp Pentke Foto: Nickl
Philipp Pentke Foto: Nickl

Die drei im Kasten des SSV Jahn

Philipp Pentke, Andre Weis und Bastian Lerch kämpfen um den Platz im Tor des Zweitligisten – und dafür trainieren sie hart.

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Es regnet in Strömen, an diesem Freitagvormittag. Der Rasen ist völlig durchnässt. Es gibt wohl Schöneres, als bei einem solchen Wetter hundertmal über den aufgeweichten Boden zu schlittern. Die drei jungen Männer, die auf dem Trainingsplatz des SSV Jahn Regensburg ihre Übungen absolvieren, haben aber keine andere Wahl. Kristian Barbuscak hat schließlich wieder ein straffes Programm vorbereitet. Gerade lässt er seine Schützlinge durch Stangen dribbeln, und wenn sie die letzte umkurvt haben, setzt er einen Torschuss ab, dem hinterhergehechtet wird. Mit den Feldspielern ihres Teams, die einige Meter entfernt Kombinationsübungen machen, werden sie erst kurz vor Mittag, beim Abschlussspiel des Trainings, Kontakt haben. „Ein Trainer hat mal gesagt, die Torhüter haben eine ganz andere Sportart“, erzählt Barbuscak später, um mit einem Lächeln anzufügen: „Und das ist auch so.“

Philipp Pentke, Andre Weis und Bastian Lerch. Das sind die drei Torleute im Profi-Kader des Regensburger Fußball-Zweitligisten. Kristian Barbuscak ist ihr persönlicher Trainer. Mit Pentke arbeitet er seit zwei Jahren zusammen, mit Lerch seit einem und mit Weis seit ein paar Wochen. Mehrere Male in der Woche stehen sie gemeinsam zu viert auf dem Trainingsplatz. Barbuscak bringt immer wieder neue Übungen mit. Für seine Trainingsarbeit hole er sich ganz bewusst auch Impulse von anderen Sportarten, erzählt der 40-jährige Slowake. Yoga oder Eishockey beispielsweise. Oder sogar Ballett: „Da kann man viel über Balance lernen.“ Ein Thema, das für einen Torwart sehr wichtig ist.


Auf den Gegner abgestimmt

Torwarttraining: In grauer Urzeit wurden da ein paar Bälle am Strafraum aufgelegt, der Keeper in den Kasten geschickt und dann wurde draufgehalten, bis der Typ im Tor alle war. Mittlerweile sieht das etwas anders aus. Barbuscak hat sich gerade mit einem Berg Fußbällen postiert. Zehn Meter vor ihm steht Bastian Lerch. Barbuscak spielt ihm einen Ball nach dem anderen scharf zu. Lerch passt diesen abwechselnd zu Pentke und Weis, die leicht versetzt neben Barbuscak stehen. Torleute müssen im Fußball immer besser mitspielen können. Dies fließt natürlich in die Trainingsarbeit ein. Wie Barbuscak mit seinen Jungs überhaupt sehr organisiert vorgeht.

Bei Video-Analysen studiere er gemeinsam mit seinem Trio den nächsten Gegner und stelle ihnen die Besonderheiten vor, erzählt er. „Und dann richten wir die Trainingswoche unter anderem danach aus.“ Wenn ein Gegner etwa viel mit Flanken arbeite, werde das simuliert. Und das natürlich mit allen drei Keepern, auch wenn nur einer am Spieltag im Tor stehen kann.

Beim Jahn ist das derzeit Philipp Pentke. Er ist die Nummer eins. Daran lässt Cheftrainer Achim Beierlorzer, der bei der Aufstellung das letzte Wort hat, keinen Zweifel. Pentke erledige seinen Job „sehr zu unserer Zufriedenheit“, sagt Beierlorzer. Der 32-Jährige, der seit zwei Jahren beim SSV Jahn spielt, hat damit das kleine Kunststück geschafft, mit seiner Mannschaft von der vierten bis in die zweite Liga aufzusteigen – und immer Stammkeeper zu bleiben.


Andre Weis kam neu hinzu

Im internen Kampf um den Platz im Tor hat Pentke seit dieser Saison allerdings einen neuen Konkurrenten. Anfang August wurde Andre Weis verpflichtet. Der 27-Jährige spielte bereits in Ingolstadt, beim FSV Frankfurt und beim 1. FC Kaiserslautern, der ihn nun für eine Saison nach Regensburg ausgeliehen hat.

Weis hat bereits etliche Spiele in der 2. Liga hinter sich und dürfte ein starker Konkurrent für Pentke sein. Ist er bei den langfristigen Planungen von Beierlorzer also mehr als eine Nummer zwei? „Dieses Mehr wird sich zeigen“, sagt der Trainer. Momentan sei es aufgrund der starken Leistungen Pentkes klar geregelt, dass dieser aufläuft. Dass Weis mit einem dauerhaften Platz auf der Bank nicht zufrieden sein wird, ist Beierlorzer bewusst: „Das setze ich auch voraus, dass ein Spieler spielen will. Andre ist aber zugleich ein fairer Sportsmann, der die Leistung von Philipp anerkennt.“

In der Tat: „Man muss die Entscheidung respektieren, Philipp macht es ja auch gut“, sagt Weis selbst. Ihm seien von den Klubverantwortlichen auch keine falschen Versprechungen gemacht worden, erzählt er. Bei den Vertragsgesprächen sei es etwa kein Thema gewesen, wer Nummer eins und wer Nummer zwei ist. Dass Pentke vorerst die Nase vorn haben dürfte, habe er auch so gewusst: „Es ist ja auch normal, dass ein Torwart, wenn er zweimal mit der Mannschaft aufgestiegen ist, die Nummer eins ist.“

Sein Ehrgeiz sei davon allerdings unberührt und unverändert groß: „Wir sind alle Fußballer, damit wir spielen. Ich trainiere jeden Tag dafür, dass ich dann da bin, wenn die Chance kommt.“

Vergangene Saison war noch Bastian Lerch die Nummer zwei. Der gebürtige Regensburger spielte bereits in der Jugend für den Jahn. Nach mehreren Jahren bei der SpVgg Greuther Fürth kehrte er 2016 nach Regensburg zurück. In der dritten Liga stand er stets im Kader, war der Mann, der für den Fall der Fälle bereit sein musste. Nun ist das anders. Lerch ist nach der Verpflichtung von Weis die Nummer drei. „Das war ganz klar so kommuniziert. Er hat gewusst, dass wir einen dritten Bundesliga-tauglichen Torwart holen werden. Er hat sich entschieden, das anzunehmen und er ist auch sehr ehrgeizig“, erzählt Beierlorzer. Der Chefcoach glaubt, dass der Youngster – Lerch ist mit 21 Jahren für einen Torwart quasi noch blutjung – an dieser Konstellation wachsen könne: „Der Basti muss alles mitnehmen, was er von zwei solch erfahrenen Torhütern lernen kann.“

Lerch selbst sagt, dass er die Entscheidung respektiere: „Man muss das sportlich annehmen.“ Er lässt aber keinen Zweifel daran, dass er darum kämpfen wird, in der Rangliste aufzurücken: „Es ist keine zufriedenstellende Situation für mich, weil man als Fußballer immer spielen oder zumindest dabei sein will.“ Er gebe nun eben im Training Gas, „damit sich das über kurz oder lang ändert“.

Für Barbuscak ist es eine spannende Aufgabe, drei Torhüter, die in verschiedenen Stadien ihrer Karriere stehen, zu betreuen. Zwar wird immer gemeinsam trainiert, er arbeite mit seinen Jungs dennoch stets auch individuell. Wenn er bei einem die Bälle bei einer Übung bewusst schärfer oder gezielter auf eine Seite schieße als beim anderen, ist dies für Außenstehende oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen, wie er weiß. Für ihn sei es aber immens wichtig, den Torwart, mit dem er arbeitet, zu analysieren und auf dessen Besonderheiten einzugehen.


Dass Weis und Lerch die Entscheidungen zu ihren derzeitigen Plätzen in der Torhüter-Rangliste beim Jahn respektieren, ist für Barbuscak ein wichtiger Punkt. Es müsse immer Konkurrenzkampf geben, das sei im Profi-Sport so, darüber dürfe ein respektvoller Umgang miteinander aber nicht vergessen werden. Gerade bei den Torhütern einer Mannschaft, die sich alle um einen Platz streiten, sei dies wichtig. Das Team im Team beim SSV Jahn macht deswegen immer wieder eigene, gemeinsame Aktionen. Ein- bis zweimal im Monat, erzählt Barbuscak, treffe er sich mit Pentke, Weis und Lerch und mache etwas, das mit Fußball überhaupt nichts zu tun hat: ein Ausflug auf die Go-Kart-Bahn, gemeinsames Kochen oder Segelfliegen. Aus diesen Aktionen nehme jeder etwas mit, erzählt er. Jeder lerne etwas über den anderen. Dicke Freundschaften entstehen unter Torhütern, die im Berufsleben Konkurrenten sind, nur in seltenen Fällen. Das weiß Barbuscak ganz genau. Gegenseitiger Respekt sei aber unerlässlich – und den will er mit den gemeinsamen Aktionen fördern.

Auf dem Trainingsplatz wird nun aufgeräumt. Es gießt immer noch wie aus Kübeln. Die drei Torhüter des Jahn sammeln die Bälle auf. Und da gibt es keine Nummer eins, zwei oder drei. Alle drei schwärmen aus und holen aus allen Ecken des Trainingsplatzes ihre Spielgeräte zusammen. Am Ende stopfen sie sie in einen riesigen Beutel. Schon bald werden sie sie wieder rausholen – spätestens beim nächsten Training mit Kristian Barbuscak.

Aufrufe: 02.9.2017, 08:00 Uhr
Jürgen ScharfAutor