2024-05-10T08:19:16.237Z

Spielbericht
F: Martinschledde
F: Martinschledde

Wiedenbrück versemmelt zu viele Chancen

Regionalligist SC Wiedenbrück muss sich gegen Alemannia Aachen mit einem 1:1 begnügen. Stürmer Viktor Maier entschuldigt sich beim Team "für die versemmelten Dinger"

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Ohne spielerisch bereits den Durchbruch zu schaffen, stoppte der SC Wiedenbrück den mit drei Pflichtspielniederlagen in Folge gesetzten Negativtrend der letzten Wochen. Mit dem 1:1 gegen Alemannia Aachen holte sich das Team von Björn Mehnert den fünften Punkt im fünften Spiel und behauptete damit den 12. Tabellenplatz in der Fußball-Regionalliga. In einer Partie, deren Zweikampfprägung sich in der Pressekonferenz zwischen den Trainern fortsetzte (siehe Bericht unten), brachte Joy-Slayd Mickels die Gäste vor 910 Zuschauern im Jahnstadion in Führung (58.). Viktor Maier erzielte in der 69. Minute per Foulelfmeter den verdienten Ausgleich.

SC Wiedenbrück - Alemannia Aachen 1:1

Der kirgisische Nationalspieler hätte aber auch zum Matchwinner für die Gastgeber werden können, wenn er nicht die beiden größten Chancen des Spiels vergeben hätte. Erst schoss er den Ball in der 27. Minute nach einem von Aygün Yildirim und Antonyos Celik inszenierten Konter unbedrängt auf Keeper Mark-Jakob Depta zulaufend über das Aachener Tor. „Ich wollte ihn flach ins kurze Eck platzieren, aber im letzten Moment ist der Ball noch leicht aufgesprungen“, so der Erklärungsversuch des 27-Jährigen. In der 71. Minute war es noch schwieriger, das Tor zu verfehlen: Celik hatte ihm den Ball von der linken Grundlinie aus präzise zugepasst, doch Maier schob ihn aus acht Metern am rechten Pfosten vorbei. „Mein linker Fuß ist eigentlich nur zum Stehen da“, lautete der selbstkritische Ärger.

Noch im obligatorischen Mannschaftskreis nach dem Schlusspfiff auf dem Platz entschuldigte sich Maier „für die beiden versemmelten Dinger“ und versprach, in der kommenden Woche „einen auszutun“. Bei einem schlichten Kaffee wird es dabei nicht bleiben: „Angesichts der Qualität dieser Chancen muss ich schon tiefer in die Tasche greifen.“

Insgesamt geht das Unentschieden allerdings in Ordnung. Die Wiedenbrücker waren in der 1. Halbzeit klar aktiver und chancenreicher. Immerhin ließen sie mit guten Kontern, mehrfach von Torhüter Marcel Hölscher eingeleitet, wenigstens Teile eines Offensivkonzepts erkennen. Die Aachener spielten vor der Pause völlig ideenlos und waren auch in den Zweikämpfen unterlegen.

Zum Zeitpunkt des 0:1 war ihre Führung allerdings verdient. Nachdem Mergim Fejzullahu schon kurz vor der Pause mit einem Außenpfostenschuss (39.) und einem 18-Meter-Freistoß (45.) seine Torgefahr angedeutet hatte, ergaben sich in der Anfangsviertelstunde der 2. Halbzeit aus dem gesteigerten Engagement und den gefährlichen Diagonalbällen weitere Möglichkeiten. Die größte vergab Joy-Slayd Mickels in der 47. Minute, als er eine Hereingabe von Fejzullahu aus fünf Metern über das Tor bugsierte. „Da hatten wir keinen richtigen Zugriff mehr“, gestand Björn Mehnert.

Dass sich seine Mannschaft den Zugriff nach dem Rückstand wieder verschaffte, den Ausgleich erzielte (69.), bei der Maier-Chance (71.) sogar den Sieg auf dem Fuß hatte und bis zum Schluss mit höherem Aufwand und etwas substanzieller als der Gegner agierte, nannte der SCW-Coach „eine tolle Reaktion“. Viktor Maier zeigte sich sogar „positiv geschockt davon, wie wir heute zurückgekommen sind.“
Vielleicht bezog sich der Stürmer dabei auch auf die schwache Leistung bei der vor- ausgegangenen 1:4-Schlappe in Bonn. Die hatte deutliche personelle Konsequenzen: Mehnert hatte mit vier Wechseln in der Anfangself reagiert, wobei er den Torhütertausch (Hölscher für Weeke) der festgelegten Hierarchie zuordnete. Ansonsten hatten sich der solide Rechtsverteidiger Jeffrey Volkmer, der kampfstarke „Sechser“ Carsten Strickmann und der agile Linksaußen Antonyos Celik ihre Nominierung in der Trainingswoche verdient. Von denen diesmal nicht berücksichtigten Feldspielern wurde Kresimir Matovina immerhin eingewechselt. Oliver Zech blieb auf der Bank, und David Hüsing musste sich die Partie sogar von der Tribüne aus anschauen.

Schiedsrichter: Lukas Sauer - Zuschauer: 1.000
Tore: 0:1 Joy-Slayd Mickels (58.), 1:1 Viktor Maier (70. Foulelfmeter)

Pressekonferenz mündet in einen unschönen Trainerstreit

Freunde werden sie wohl nicht mehr – die Trainer des SC Wiedenbrück und von Alemannia Aachen. Selbst das kollegiale Verhältnis zwischen Björn Mehnert und Fuat Kilic dürfte nach dem Eklat auf der Pressekonferenz am Samstag schwer gestört bleiben.

Mehnert hatte sich schon während des Spiels über Kilic geärgert, weil der ihm eine Beleidigung unterstellt und deswegen beim Schiedsrichterassistenten Philip Dräger interveniert hatte. Vielleicht auch deswegen nahm er kein Blatt vor den Mund, als er die Aachener Spielweise („Nur mit langen Bällen“) zutreffender Weise als „ideenlos“ bezeichnete und mit „kick and rush“ abqualifizierte. Dazu schwieg Kilic noch, doch als Mehnert auch darauf hinwies, dass der Traditionsklub „mit ganz anderen Möglichkeiten haushalten kann“, platzte dem Alemannia-Trainer der Kragen: „Du machst dich hier langsam lächerlich“, fiel er Mehnert ins Wort. Der wies den zwei Stühle neben ihm sitzenden Kilic auf die Benimmregel hin („Man sollte den anderen ausreden lassen, das hat auch was mit Erziehung zu tun“), was den Aachener vollends in Wallung brachte. „Es ist eine Unverschämtheit, so über den Gegner zu sprechen und ihn schlecht zu machen.“ Ob es gepflegter Fußball gewesen sei, was der SC Wiedenbrück gezeigt habe, wolle er deswegen „mal dahingestellt sein lassen.“

Nach weiteren Ausführungen konnte sich der 44-Jährige, seit Januar 2016 am Tivoli als Trainer tätig, den persönlichen Seitenhieb auf den vom Oberligisten Rhynern nach Wiedenbrück gekommenen Neuling Björn Mehnert nicht verkneifen: „Mein Kollege ist gut beraten, sich in dieser Liga erstmal einzufinden, bevor er über Dinge redet, von denen er keine Kenntnis hat.“

Der 41-jährige Mehnert („Ich bin alt genug und habe viel erlebt“), der später erklärte, sehr wohl den aktuellen Aachener Etat und die Dimension der Spielergehälter zu kennen, wollte die Diskussion beenden, indem er sagte: „Ich habe eloquente Berater – danke für den Tipp, nehme ich auf.“ Ob Kilic die letzten Worte noch mitbekam, ist ungewiss, denn der Aachener Coach war aufgestanden und hatte die Pressekonferenz verlassen, wo- bei ein ihm folgender Begleiter die Tür zukrachte.

Angesichts dieses Disputs verwunderte es fast, dass sich zuvor beide Trainer über die sportliche Bewertung des Spiels sogar im Wortlaut einig gewesen waren: „Wir können mit dem Punkt leben.“

Aufrufe: 027.8.2017, 22:20 Uhr
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